Die personalisierte Medizin erreicht dank dem medizinischen 3D-Drucker die Augenheilkunde

Man nehme etwas Kollagen, eine Prise Alge und natürlich humane Hornhautstammzellen -et voilá- wir haben unsere Biotinte für den Biodrucker.

Was ist eigentlich Biotinte?

Man nehme etwas Kollagen, eine Prise Alge und natürlich humane Hornhautstammzellen -et voilá- wir haben unsere Biotinte für den Biodrucker. Ganz so leicht ist das natürlich nicht. Doch ein Forschungsteam der Newcastle Universität in Großbritannien hat den Dreh raus. Professor Che Connon und Dr.  Stephen Swioklo haben jahrelang geforscht, um das zunächst futuristisch Erscheinende in unsere Zeit zu holen. Letzten Sommer haben sie ihre wissenschaftliche Studie hierzu veröffentlicht.1

Weltverbesserer mit 3D-Druckern

Eine korneale Erblindung aufgrund von Hornhautverletzungen oder Infektionen ist keine Seltenheit. Aktuell können noch nicht alle betroffenen Patientinnen und Patienten mit einer heilenden Hornhauttransplantation versorgt werden. Einer der Gründe hierfür ist die Organknappheit. Das Forschungsteam hat mithilfe eines medizinischen 3D-Druckers und ihrer Biotinte eine künstliche Hornhaut hergestellt. Diese neue Methode sagt der globalen kornealen Blindheit den Kampf an. Mit dieser innovativen Therapieoption könnte es eines Tages möglich werden, ein passgenaues Hornnauttransplantat mit den korrekten refraktiven Eigenschaften für die einzelne Patientin oder den einzelnen Patienten zu produzieren.1

Vom digitalen Hornhautmodell bis hin zur künstlich erschaffenen Hornhaut

Die Daten für die 3D-Druckvorlage für die Erschaffung einer künstlichen Hornhaut hat das Forschungsteam mit Hilfe einer Scheimpflugkamera erhalten. Hierfür wurde die Hornhaut einer Patientin/eines Patienten abgescannt. Auf diese Weise konnte ein patientenindividuelles digitales Hornhautmodell erstellt werden. Der Druckkopf des medizinischen 3D-Druckers konnte anhand des digitalen Modells durch konzentrische Rotationen unter Einsatz der Biotinte eine künstliche Hornhaut erschaffen. Die Form und Beschaffenheit der künstlich hergestellten Hornhaut sollte dem humanen Original so nah wie möglich sein. Das Forschungsteam entschied sich daher dazu, die künstliche Hornhaut in einer gewölbten Form zu drucken. Diese Entscheidung führte zum erhofften Erfolg: Die in der Biotinte enthaltenen Hornhautstromazellen passten sich optimal der gewölbten Form an. Am 1. und am 7. Tag nach ihrer Anfertigung zeigte die so produzierte Hornhaut hohe Zellviabilität: Am ersten Tag lag die Zellviabilität bei 92% und am 7. Tag bei 83%.1 Bis uns so eine künstlich erschaffene Hornhaut in unserem klinischen Alltag begegnet, kann es noch ein bisschen dauern.  Anders sieht es aus bei der Produktion passgenauer Orbitaimplantate mittels medizinischem 3D-Drucker.

Passgenaue Orbitaimplantate aus Titan dank dem medizinischen 3D-Drucker  

Im September 2017 wurde eine retrospektive Studie publiziert, die sich mit 3D-Drucker-gefertigen Orbitaimplantaten auseinandergesetzt hat. 5 Patientinnen und Patienten, die eine rekonstruktive Operation aufgrund einer Orbitaverletzung oder eines Orbitatumors benötigten, hatten diese Implantate aus Molded Medpor Titan (Stryker, Kalamazoo, MI) oder Titan-Mesh zur Orbitarekonstruktion erhalten. Die hierfür notwendigen Informationen für den 3D-Drucker lieferten die digitale Bildgebung und die medizinischen Daten der Patientin/des Patienten. Die Verarbeitung dieser Daten resultierte in einer personalisierten 3D-Druckvorlage für Orbitaimplantate aus Titan oder Titan-Mesh. Die Implantate wurden vor ihrem Einsatz von den Operateurinnen und Operateuren geprüft. Sie mussten nur ≤ 2 Mal vor ihrem Einsatz angepasst werden. In keinem der 5 Behandlungsfälle musste eine Revision erfolgen.2

Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, in der Science-Fiction tagtäglich nicht nur auf der Kinoleinwand Einzug in unser Leben nimmt. Vielleicht erinnern sich einige von Euch an die "Iron Man"-Filmreihe.3 Iron Man trägt einen maßgeschneiderten Metall-Anzug, der sich perfekt an seinen menschlichen Körper anpasst und ihm Schutz bietet. Na gut, so weit sind wir noch nicht, doch wir können mittlerweile immerhin per 3D-Drucker passgenaue Titan-Orbitaimplantate drucken. So weit entfernt wirkt der Metallanzug von Iron Man gar nicht mehr. Nächstes Mal lernen wir eine Alternative zum Amniontransplantat sowie eine Möglichkeit kennen, per Injektion eines Zellen enthaltenden Algen-Kollagen-Materials Medikamente längerfristig intraokulär zu verabreichen.

Referenzen:
1.) Isaacson A. et. al. (2018). 3D bioprinting of a corneal stroma equivalent. Exp Eye Res. 2018 Aug;173:188-193. doi: 10.1016/j.exer.2018.05.010. Epub 2018 May 30.
2.) Callahan A. B. et al. (2017). Low-Cost 3D Printing Orbital Implant Templates in Secondary Orbital Reconstructions. Ophthalmic Plast Reconstr Surg. 2017 Sep/Oct;33(5):376-380.
3.) https://www.marvel.com/characters/iron-man-tony-stark