Ein neuer Biomarker verbessert die Qualitätsprüfung kultivierter humaner Hornhautendothelzellen vor ihrer Injektion in das menschliche Auge

Der heutige Beitrag befasst sich mit der Rolle von Biomarkern in der Augenheilkunde. Biomarker sind bestimmte messbare Parameter, die als Indikatoren normaler und pathologischer biologischer Prozesse sowie zur Beurteilung einer Therapie herangezogen werden können.

Der heutige Beitrag befasst sich mit der Rolle von Biomarkern in der Augenheilkunde. Biomarker sind bestimmte messbare Parameter, die als Indikatoren normaler und pathologischer biologischer Prozesse sowie zur Beurteilung einer Therapie herangezogen werden können. 

Abhängig vom jeweiligen Biomarker, kann dieser eine diagnostische und auch prognostische Bedeutung besitzen.1,2 Im Beitrag vom 13.05.2019 haben wir verschiedene ophthalmologische Biomarker zur Früherkennung neurodegenerativer Erkrankungen kennengelernt. Diesen Sommer wurde ein interessanter wissenschaftlicher Artikel veröffentlicht, der einen innovativen physikalischen Biomarker in die Augenchirurgie einführt. Die Funktion des neuen Biomarkers ist die Qualitätsbeurteilung kultivierter humaner Hornhautendothelzellen vor ihrem Transfer in das menschliche Auge. Mit Hilfe dieses Biomarkers soll in Zukunft eine Aussage über den Langzeiterfolg des Transfers der kultivierten humanen Endothelzellen erfolgen können. Mehr dazu im folgenden Text.3

Das Alter bedroht die klare Sicht

Die korneale Transparenz ist eine entscheidende Voraussetzung für eine klare Sicht. Korneale Endothelzellen sorgen durch ihre Pumpfunktion dafür, dass das Hornhautstroma frei von überschüssiger Flüssigkeit bleibt. Mit zunehmendem Lebensalter sinkt die Hornhautendothelzelldichte. Erkrankungen, wie die Fuchs-Endotheldystrophie beschleunigen diesen Prozess. Leider kann sich das Hornhautendothel in vivo kaum ausreichend regenerieren, um diesem Verlust entgegenzuwirken.4 Bei einer Abnahme der Hornhautendothelzelldichte unter die kritische Grenze von 400 Zellen/mm2 droht die visuseinschränkende Hornhautdekompensation. Die Hornhauttransplantation stellt in solchen Fällen die bisher einzige Therapieoption dar. Der Einsatz dieser Therapiemodalität ist durch die limitierte Anzahl an Hornhauttransplantaten begrenzt. Aktuell werden rund 8.000 Hornhauttransplantationen pro Jahr in Deutschland durchgeführt. In 6.500 Fällen stammen die Spenderhornhäute aus Deutschland. Durch den demographischen Wandel steigt der Bedarf an Hornhautransplantaten immer weiter an.5

Alternative Therapieansätze bei zunehmender Organknappheit

Eine Alternative zur Hornhauttransplantation ist aktuell Thema verschiedener Forschungsarbeiten. Die Kultivierung von humanen Hornhautendothelzellen könnte zukünftig der Organknappheit entgegenwirken. Der ROCK-Inhibitor findet seit 2009 Anwendung bei der Unterstützung der in vitro Proliferation humaner Hornhautendothelzellen. Diese Entdeckung war ein Meilenstein bei der künstlichen Erzeugung von humanen Hornhautendothelzellen.3

Wie gelangen die kultivierten humanen Hornhautendothelzellen an ihren Bestimmungsort?

Durch eine intraokuläre Injektion können die kultivierten humanen Hornhautendothelzellen ihren Zielort in der Vorderkammer des Auges erreichen und dort ihr regeneratives Werk vollbringen. Vorher muss natürlich dafür gesorgt werden, dass das Wirtsauge über eine endothelzellfreie Hornhaut verfügt. Die funktionsgeminderten Hornhautendothelzellen sowie abnorme Matrixbestandteile müssen vor dem Transfer der kultivierten humanen Hornhautendothelzellen von der Descemet-Membran entfernt werden. Degenerierte Wirtshornhautendothelzellen können mit einer speziellen Silikonnadel von der Descemet-Membran entfernt werden. Anschließend kann die Suspension mit den kultivierten Hornhautendothelzellen (300 µl) intraokulär injiziert werden.3

Minimalinvasive Regenerationstherapien der Zukunft

Die intraokuläre Injektion kultivierter humaner Hornhautendothelzellen ist ein minimalinvasives Verfahren. Es ist durchaus schonender für die betroffene Patientin/ den betroffenen Patienten als die bisher angewandten operativen Verfahren. Seit 2013 wurde die Hornhautregeneration mittels intraokulärer Injektion kultivierter humaner Hornhautendothelzellen in über 50 verschiedenen klinischen Fallstudien untersucht. Das Ergebnis der Prozedur war eine Rückgewinnung der Hornhauttransparenz, eine Abnahme der Hornhautdicke sowie natürlich eine Verbesserung der Sehkraft.3

Die Durchflusszytometrie reicht zur Qualitätsbeurteilung nicht mehr aus

Aktuell erweist sich die Qualitätsbeurteilung der zu transplantierenden kultivierten humanen Hornhautendothelzellen als ein wichtiger Problemfaktor.3 Bisher wurde die Qualität der für eine Transplantation bestimmten kultivierten humanen Hornhautendothelzellen mittels Durchflusszytometrie beurteilt. Ein Forschungsteam der Universität Kyoto hat sich darüber Gedanken gemacht, wie sie das Outcome der Transplantation von kultivierten humanen Hornhautendothelzellen sicherer gestalten können. Sie haben einen Biomarker entdeckt, der die qualitative Bewertung von Hornhautzellen möglich machen soll und so den Langzeiterfolg einer Hornhauttransplantation vorhersagen kann.3

Mehr dazu nächstes Mal.

Referenzen:
1. https://www.fda.gov/files/BIOMARKER-TERMINOLOGY--SPEAKING-THE-SAME-LANGUAGE.pdf
2. Strimbu K. et al. (2010). What are Biomarkers? Curr Opin HIV AIDS. 2010 Nov; 5(6): 463–466.  Nat Biomed Eng. 2019 Jul 22.
3. Yamamoto A. et al. (2019). A physical biomarker of the quality of cultured corneal endothelial cells and of the long-term prognosis of corneal restoration in patients. Nature Biomedical Engineering.
4. Hofmann T. et al. (2015). Ist die Abnahme der Hornhaut-Endothelzellzahl mit dem Alter wirklich linear? Klin Monatsbl Augenheilkd 2015; 232(4): 375-37. Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York.
5. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/102836/In-Deutschland-fehlen-Hornhautspender-fuer-Transplantationen