Eine fundamentale Studie zu präventiven Augentropfen gegen die trockene AMD

Fast 30% der 75-Jährigen leiden an einer Makuladegeneration. Bisher gibt es keine heilende Therapie für diese visusbedrohende Erkrankung. An der Universität Gent in Belgien hat eine Forschungsgruppe eine rekombinante Enzymlösung entwickelt, die eines Tages eine Prävention ermöglichen könnten.

Fast 30% der 75-Jährigen leiden an einer Makuladegeneration. Bisher gibt es keine heilende Therapie für diese visusbedrohende Erkrankung. Mit zunehmendem Alter können glykosylierte Proteine unterhalb der Retina akkumulieren. Dort können sie lokale Entzündungsreaktionen auslösen und so vaskuläre und neuronale Strukturen schädigen. Die betroffenen Patientinnen und Patienten nehmen dies zunächst als unbewegliche schwarze Punkte im Bereich ihres zentralen Gesichtsfeldes und in Form der Metamorphopsie wahr. Das Fortschreiten dieses pathologischen Prozesses kann schlussendlich in einem Verlust der zentralen Sehkraft resultieren. An der Universität Gent in Belgien hat eine Forschungsgruppe eine rekombinante Enzymlösung entwickelt, die eines Tages eine Prävention der Makuladegeneration ermöglichen könnten.1

Was es mit der Fruktosamin-3-Kinase und den subretinalen Glykosylierungsendprodukte auf sich hat

Unterschiedlichen wissenschaftlichen Quellen zufolge sind Glykosylierungsendprodukte wesentlich in die Pathogenese der altersbedingten Makuladegeneration involviert. Diese Glykosylierungsendprodukte konnten in der Bruch-Membran, in Drusen und im retinalen Pigmentepithel nachgewiesen werden.2-5 Die Forschungsgruppe aus Gent hat die Hypothese aufgestellt, dass das Enzym Fruktosamin-3-Kinase diese subretinalen Glykosylierungsendprodukte abbauen kann. Mittels Autofluoreszenzaufnahmen konnte der Effekt der Fruktosamin-3-Kinase-Gabe veranschaulicht werden. Untersucht wurde das Ganze an postmortal entnommener menschlicher Retina und Schweineretina. An der letzteren wurden Glykosylierungsendprodukte durch Glykolaldehyd induziert. In der Therapiegruppe wurde die Retina der postmortal entnommenen Augen in einer Fruktosamin-3-Kinase-Lösung inkubiert. Die Retinae der Augen der Kontrollgruppe wurden unter denselben Bedingungen in PBS inkubiert. Zusätzlich wurden der Effekt der Fruktosamin-3-Kinase bei Mäusen mit und ohne Zigarettenrauchexposition untersucht.1

Unterschiedliche Inkubationszeiten bei unterschiedlichen Spezies

Die menschlichen Augen stammten von Patientinnen und Patienten mit einer AMD Stadium I-III. Nach Enukleation wurden die Augen für insgesamt 24 h bei 37°C in einer Fruktosamin-3-Kinase-Lösung inkubiert. Im murinen Versuchsmodell erhielt das jeweilige rechte Auge des Versuchstieres eine Fruktosamin-3-Kinase-haltige intravitreale Injektion. Das jeweilige linke Auge des Versuchstieres erhielt eine PBS-Injektion. Verglichen wurden die Augen der Mäuse mit einer 6-monatigen Zigarettenrauch-Exposition mit den Augen der Mäuse ohne Noxeneinfluss. Die Schweineaugen wurden nach Entnahme erst in einer Glykolaldehyd-Lösung für 3 Stunden bei 37°C inkubiert, um anschließend unter denselben Bedingungen mit einer Fruktosamin-3-Kinase-Lösung behandelt zu werden.1

Die Fruktosamin-3-Kinase bietet vielversprechende Möglichkeiten für die  Prävention der altersbedingten Makuladegeneration

Im Schweinretina-Modell hat das Enzym Fruktosamin-3-Kinase zu einer 41%-igen Reduktion der in den Autofluoreszenzaufnahmen messbaren Glykosylierungsendprodukte geführt. An der menschlichen Retina konnte eine 24%-ige Abnahme der Glykosylierungsendprodukt-bedingten Autofluoreszenz beobachtet werden. Auch im murinen Versuchsmodell zeigte sich in der Therapiegruppe mit Fruktosamin-3-Kinase eine geringere Menge an subretinal gelegenem drusenoidem Material.1

Fruktosamin-3-Kinase verändert Drusen auf spektraler Ebene

Die Nahinfrarot-Spektroskopie ist eine Methode zur kompositorischen, sensorischen und funktionalen Analyse organischer Molekülverbindungen. Mit dieser physikalischen Methode wurden die Drusen und das drusenoide Material in den unterschiedlichen Versuchsgruppen genauer unter die Lupe genommen. Es zeigten sich spektrale Unterschiede in der Beschaffenheit der Drusen und des drusenoiden Materials zwischen der Therapie- und der Kontrollgruppe.1,6

Die Prävention einer Erkrankung ist natürlich um Welten besser als die symptomatische Therapie. Die Ergebnisse dieser experimentellen Studie lassen uns darauf hoffen, dass es uns zukünftig möglich sein wird, die altersbedingte Makuladegeneration präventiv zu behandeln. Wir warten gespannt auf weitere Studienergebnisse dieser Forschungsgruppe aus Gent.

Referenzen:
1. De Bruyne S. et al. (2020). Fructosamine-3-Kinase as a Potential Treatment Option for Age-Related Macular Degeneration. J Clin Med. 2020 Sep 4;9(9):E2869.

2. Schutt F. et al. (2003). Proteins modified by malondialdehyde, 4-hydroxynonenal, or advanced glycation end products in lipofuscin of human retinal pigment epithelium. Investig. Ophthalmol. Vis. Sci. 2003, 44, 3663–3668.
3. Ishibashi T. et al. (1998). Advanced glycation end products in age-related macular degeneration. Arch. Ophthalmol. 1998, 116, 1629–1632.
4. Glenn J.V. et al. (2007). Confocal Raman microscopy can quantify advanced glycation end product (AGE) modifications in Bruch’s membrane leading to accurate, nondestructive prediction of ocular aging. FASEB J. 2007, 21, 3542–3552.
5. Glenn J.V. et al. (2009). Advanced glycation end product (AGE) accumulation on Bruch’s membrane: Links to age-related RPE dysfunction. Investig. Ophthalmol. Vis. Sci. 2009, 50, 441–451.
6. Beć, K. B. et al. (2020). Near-Infrared Spectroscopy in Bio-Applications. Molecules (Basel, Switzerland), 25(12), 2948.