Endokrine Orbitopathie: neues IGF-1R-Medikament überzeugt durch Wirksamkeit und Sicherheit
Grund zur Hoffnung bei M. Basedow: Ein vielversprechendes Medikament konnte in der aktuell noch laufenden Studie durch positive Ergebnisse überzeugen.
Behandlung der endokrinen Orbitopathie: Was ist der aktuelle Stand?
Die Leitlinie Nr. 28 von BVA und DOG gibt folgende Empfehlung zur Behandlung der endokrinen Orbitopathie: Im Falle einer endokrinen Orbitopathie mit beeinträchtigendem Exophthalmus kann in der aktiven entzündlichen Phase eine systemische Glukokortikoidtherapie, eine retrobulbäre Bestrahlung oder die Kombination der beiden genannten Behandlungsverfahren erfolgen. Das Ziel hierbei ist die belastende und sogar visusbedrohende Symptomatik zu lindern. Liegt eine steroidrefraktäre, akute Bedrohung der Sehkraft vor, so wird eine die chirurgische Orbitadekompression empfohlen.1
Erhebliche Nebenwirkungen der Glukokortikoidtherapie können zum Therapieabbruch führen
In einem aus dem Sommer 2022 stammendem Review wurden aktuelle und zukünftige Behandlungsoptionen bei TED (Thyroid Eye Disease) /endokriner Orbitopathie vorgestellt.1,4 Die Behandlung der akuten TED mittels oralen und intravenösen Glukokortikoiden wird bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode kann von Patient zu Patient variieren. Die Ergebnisse können lediglich temporär und die Nebenwirkungen erheblich sein.
Aufgrund dieser Gegebenheit ist die Entwicklung neuer Therapeutika unabdingbar. Hier kommt die Immunmodulation ins Spiel. Immunmodulatorische monoklonale Antikörper stellen eine weitere medikamentöse Therapieoption dar. Hierzu zählen unter anderem Tocilizumab und Rituximab. Diese beiden Substanzen haben sich bei der Inaktivierung von TED als wirksam erwiesen. Neu hinzugekommen ist der IGF-1R-Hemmer (Insulin-like Growth Factor 1 Receptor) Teprotumumab. Dieser humane monoklonale Antikörper hat bei einem Patienten mit aktiver TED zu einer signifikanten Verbesserung der Symptomatik geführt. Bei den Patienten kam es zu einer Reduktion des Exophthalmus, der Diplopie sowie des klinischen Aktivitätsscores.4
Mehrere neue TED-Therapiekandidaten befinden sich aktuell noch in der präklinischen und klinischen Erprobungsphase:
- Medikamente zur Hemmung des TSH-Rezeptors (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
- lokale Therapien gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor
- RVT-1401
- subkutan und oral verabreichte IGF-1R-Medikamente
- modifizierte TSH-Rezeptorpeptide zur Desensibilisierung des TSH-Rezeptors4
Neus IGF-1R-Medikament VRD-001 befindet sich auf dem Vormarsch
VRD-001 zählt zu den subkutan und oral verabreichten IGF-1R-Medikamenten. Die Veröffentlichung der ersten Daten aus der aktuell noch laufenden Phase 1/2-Studie sprechen für dieses neue IGF-1R-Medikament. Bereits mit der niedrigen Dosierung von 3 mg/kg (nach zwei Infusionen) konnte eine signifikante und schnelle Verbesserung der TED-Symptomatik beobachtet werden. Mehr als die Hälfte der TED-Patienten (67 %) mit Exophthalmus sprachen auf die Behandlung an (≥2 mm Reduktion des Exophthalmus versus Baseline-Befund). Bei 67 % der TED-Patienten konnte ein Clinical Activity Score (CAS) von 0 oder 1 erreicht werden. Eine vollständige Reduktion der Diplopie war bei 20 % der TED-Patienten möglich. Ein weiterer relevanter Pluspunkt ist das günstige Sicherheitsprofil des noch in der Erprobung befindlichen IGF-1R-Medikaments VRDN-001.3
Fazit zur Behandlung der Endokrinen Orbitopathie:
- Die Behandlung dieser extrathyreoidalen Symptomatik am Auge gestaltet sich oft schwierig.
- Erhebliche Nebenwirkungen der Glukokortikoidtherapie können zum Therapieabbruch führen.
- In der aktiven entzündlichen Phase kann eine systemische Glukokortikoidtherapie und/oder eine retrobulbäre Bestrahlung erfolgen.
- Liegt eine steroidrefraktäre, akute Bedrohung der Sehkraft vor, so wird eine chirurgische Orbitadekompression empfohlen.
- Immunmodulatorische monoklonale Antikörper stellen eine weitere medikamentöse Therapieoption dar.
- Mehrere neue TED-Therapiekandidaten befinden sich aktuell noch in der präklinischen und klinischen Erprobungsphase.
Fazit der Phase 1/2-Studie mit VRDN-001 (niedrig dosierte Kohorte)
- Signifikante und schnelle Verbesserung der Anzeichen und Symptome von TED nach zwei Infusionen von 3 mg/kg.
- 67 % der TED-Patienten mit Exophthalmus sprachen auf die Behandlung mit 3 mg/kg VRDN-001 an (≥2 mm Reduktion des Exophthalmus versus Baseline-Befund).
- Bei 67 % der TED-Patienten konnte ein Clinical Activity Score (CAS) von 0 oder 1 erreicht werden.
- Bei 20 % der TED-Patienten zeigte sich eine vollständige Reduktion der Diplopie.
- In der Studie konnte ein günstiges Sicherheitsprofil für VRDN-001 beobachtet werden.3
1. https://augeninfo.de/leit/leit28.htm
2. Küchlin S. et al. (2021). Orbitadekompression bei endokriner Orbitopathie – Erfahrungen und Ergebnisse [Orbital decompression in Graves' orbitopathy-Experiences and results]. Ophthalmologe. 2021 Apr;118(4):345-355. German.
3. https://investors.viridiantherapeutics.com/news-releases/news-release-details/viridian-announces-positive-data-ongoing-phase-12-trial-0
4. Barbesino G, Salvi M, Freitag SK. Future Projections in Thyroid Eye Disease. J Clin Endocrinol Metab. 2022 Aug 8;107(Suppl_1):S47-S56.
5. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05176639
6. Eckstein A. et al. (2020). Update endokrine Orbitopathie. Augenheilkunde up2date 2020; 10(02): 127-143