In Zeiten der Pandemie mit einem roten Auge davonkommen

Anlässlich der aktuellen Situation füllen sich langsam die Intensivstationen mit COVID-19-infizierten Patientinnen und Patienten. Einige von ihnen werden beatmet werden müssen. Das Wichtigste ist, dass diese Menschen überleben und keine größeren Folgeschäden davontragen. Die Augen dürfen bei der intensivmedizinischen Patientenversorgung nicht zu kurz kommen.

Anlässlich der aktuellen Situation füllen sich langsam die Intensivstationen mit COVID-19-infizierten Patientinnen und Patienten. Einige von ihnen werden beatmet werden müssen. Das Wichtigste ist, dass diese Menschen überleben und keine größeren Folgeschäden davontragen. Die Augen dürfen bei der intensivmedizinischen Patientenversorgung nicht zu kurz kommen. 

Ophthalmologische Komplikationen sind keine Seltenheit. Dies zeigt ein Review aus dem Jahr 2018. So kam es bei 20-42% der intensivmedizinisch betreuten Patientinnen und Patienten zu Hornhautepitheldefekten. Vor allem die Augen von beatmungspflichtigen Personen sind gefährdet durch eine Austrocknung der Augenoberfläche vulnerabler für Infektionen der Hornhaut zu sein. Die daraus resultierenden Hornhautnarben sind meist schwer zu behandeln. Es ist daher wichtig, rechtzeitig die notwendigen präventiven Maßnahmen zu ergreifen, um das Augenlicht dieser Patientinnen und Patienten bewahren zu können.1

Exogene Faktoren beeinflussen die natürlichen Schutzmechanismen des Auges

Welche Gründe gibt es dafür, dass ein Aufenthalt auf der Intensivstation weitreichende Folgen für die optische Achse haben kann? Wird man auf eine Intensivstation eingeliefert, so befindet man sich meist in einem reduzierten Allgemeinzustand. Das Bewusstsein kann beeinträchtigt sein. Hinzukommen exogene Faktoren, die den Lidschlussreflex, die Lidöffnung und die Wahrnehmung von Schmerzreizen reduzieren oder sogar aufheben können. Diese exogenen Faktoren können die natürlichen Schutzmechanismen des Auges während des Aufenthalts auf der Intensivstation negativ beeinflussen. Eine Analgosedierung und eine künstliche Beatmung stellen solche Faktoren dar. Aus einer medikamentös bedingten Erschlaffung des Musculus orbicularis oculi kann ein Lidschlussdefekt resultieren. Der inferiore Anteil der Hornhaut kann hierdurch freigelegt werden und austrocknen. Die Gabe von Muskelrelaxanzien kann dazu führen, dass der Lidschlussreflex beeinträchtigt wird. Es ist auch möglich, dass es zu einer Erosio beim Anlegen der Atemmaske kommt. Ein längerer Aufenthalt auf der Intensivstation kann -wenn nicht rechtzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden- zu einer Expositionskeratopathie und einem Lagophthalmus führen. Was mit einer Benetzungsstörung und kleineren epithelialen Defekten beginnt, kann im schlimmsten Fall über eine mikrobielle Keratitis bis hin zu einer Ulkusbildung und einer Hornhautperforation führen.1

Gefährliche Aerosolbildung bei Überdruckbeatmung

Eine Überdruckbeatmung in Bauchlage erhöht das Risiko für die Entwicklung von Erkrankungen der Augenoberfläche. Oft kommt es auch zu einer so massiven Chemosis, dass die Konjunktiva unter den Augenlidern hervorquillt.  Ein Risikofaktor hierfür ist ein beeinträchtigter venöser Rückfluss während der Überdruckbeatmung. Durch die Chemosis kann ein inferiorer Lidschlussdefekt verstärkt werden. Erschwerend kommt noch hinzu, dass fast 80% der beatmeten Patientinnen und Patienten von mindestens einer abnormalen Bakterienspezies besiedelt werden. Besonders gefürchtet ist eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa. Dieses Bakterium kann über Aerosole an die Hornhaut gelangen und hier enormen Schaden anrichten.1

Der Hornhaut geht der Sauerstoff aus

Bei einer Sedierung kann es auch zu einer degenerativen Schädigung der Hornhaut durch eine Minderversorgung mit Sauerstoff kommen. Durch die fehlende Augen- und Kopfbewegung kommt es zu einer Reduktion der Kammerwasserbewegung und der Zirkulation in der Vorderkammer. Das Bell-Phänomen kann ebenfalls reduziert sein. Wer jetzt glaubt, dass die REM-Phase Abhilfe durch ihre schnellen Augenbewegungen schaffen könnte wird enttäuscht werden, denn selbst diese sind reduziert bei Sedierung.1-3

Es gilt eine Schädigung der Augenoberfläche durch präventive Maßnahmen zu verhindern. Im kommenden Beitrag erfahren wir, welche Folgen eine Chloroquin-Therapie für die Makula haben kann.

Referenzen:
1. Hearne B. J. et al. (2018). Eye care in the intensive care unit. J Intensive Care Soc. 2018 Nov; 19(4): 345–350.
2. Maurice D. et al. (1998). The Von Sallmann Lecture 1996: An Ophthalmological Explanation of REM Sleep. In: Exp. Eye Res. 66 (1998), Nr. 2, S. 139–145.
3. Mercieca F. et al. (1999). Ocular surface disease in intensive care patients. In: Eye (Lond) 13 (1999), Nr. 2, S. 231–236.