Klare Verhältnisse schaffen, um besser zu schlafen

Erst kürzlich wurde ein wissenschaftlicher Artikel publiziert, der sich mit der Schlafqualität von Patientinnen und Patienten vor und nach ihrer Katarakt-Operation auseinandergesetzt hat. Wie wichtig die Schlafqualität des Menschen ist, merken vielleicht auch einige von uns unter den aktuellen Bedingungen am eigenen Leib.

Erst kürzlich wurde ein wissenschaftlicher Artikel publiziert, der sich mit der Schlafqualität von Patientinnen und Patienten vor und nach ihrer Katarakt-Operation auseinandergesetzt hat. Wie wichtig die Schlafqualität des Menschen ist, merken vielleicht auch einige von uns unter den aktuellen Bedingungen am eigenen Leib. Interessant ist, dass sich im Fall der vorliegenden wissenschaftlichen Studie Augenärztinnen und Augenärzte Gedanken über den Schlaf ihrer Patientinnen und Patienten gemacht haben. Sie haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Operation des grauen Stars die Schlafqualität verbessern könnte. Sie sind die Ersten, die diese Hypothese prüfen. Eines ist klar. Gelingt die Operation, so schlafen auf jeden Fall beide Seiten besser. Aber Spaß beiseite: Die operative Entfernung der getrübten Linse führt dazu, dass mehr Licht an die Retina gelangt. Auch die Farb- und Kontrastwahrnehmung ändert sich ja bekanntlich nach einer Katarakt-Operation.1

Der Allrounder Melatonin

Die Melatoninsekretion kann mit einer Depression, einem Diabetes mellitus, einer kognitiven Beeinträchtigung oder auch mit der Entwicklung von Brustkrebs assoziiert sein. 2016 publizierte die Forschungsgruppe um Isak Sundberg eine Studie, die sich mit dem Einfluss von Melatonin auf die Gemütslage befasst hat. Gegen den Winterblues -einer saisonal abhängigen Form der Depression- hilft ja erfahrungsgemäß die Lichtexposition. Die Forschungsgruppe fand heraus, dass eine Reduktion der Melatoninsekretion mit der schweren Form der Depression bei jungen Erwachsenen assoziiert sein kann.2 In einer anderen Studie, die sich mit Melatonin beschäftigt hat, wurde dieses Neurohormon als adjuvante präventive Therapie bei Patientinnen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko eingesetzt. Melatonin hat sowohl antiöstrogene als auch antioxidative Eigenschaften. Frauen, die vermehrt in Nachtschichten arbeiten, haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko, da durch das künstliche Licht während der Nacht die Melatoninsekretion reduziert werden kann. Auch Adipositas stellt einen Risikofaktor für Brustkrebs dar. Hier kann die Melatoningabe die Körperfettmasse reduzieren, die Adiponektinsekretion fördern und die erhöhte Aromatase-Expression hemmen. Es wirkt sogar den onkogenen Effekten einer erhöhten Leptinkonzentration entgegen.3

Melatonin schützt die Retina

Am Auge kann Melatonin ebenfalls seine protektiven Eigenschaften entfalten. Eine Studie aus dem Jahr 2017 hat den Einfluss von Melatonin auf die diabetische Retinopathie untersucht. Entzündungsprozesse und oxidativer Stress spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der diabetischen Retinopathie. Melatonin verfügt ja -wie wir wissen- über antioxidative und antiinflammatorische Eigenschaften. Kann die Gabe von Melatonin einen langfristigen retinalen Schaden verhindern? Die Forschungsgruppe wollte dieser Sache auf den Grund gehen und untersuchte die protektiven Eigenschaften von Melatonin im Streptozotocin-Diabetes-Rattenmodell. Die Versuchstiere erhielten für insgesamt 12 Wochen täglich intraperitoneal Melatonin. Und siehe da, die Hypothese bestätigte sich. Die Melatoningabe führte zu einer Reduktion inflammatorischer Botenstoffe und stimulierte gleichzeitig noch die Glutamatcysteinligasen-Expression. Durch diesen entscheidenden Schritt konnte nun das Antioxidans Glutathion wieder in größeren Mengen produziert werden. Im Rahmen der diabetischen Retinopathie kam es zuvor zu einem Glutathionmangel. Auch das Elektroretinogramm bewies den positiven Effekt der Melatoningabe. Eine Reduktion der Amplitude der a- und der b-Welle – zu der es unter den diabetischen Bedingungen gekommen wäre- konnte so verhindert werden.4

Die Katarakt-Operation beeinflusst die Melatoninsekretion

Kommen wir nun zu dem Effekt der Katarakt-Operation auf die Schlafqualität der Patientinnen und Patienten. Insgesamt nahmen 169 Personen mit einem Lebensalter von über 60 Jahren an der randomisierten Studie teil. Die Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer wurden in 2 Behandlungsgruppen und 2 Kontrollgruppen unterteilt. Die Behandlungsgruppen 1 und 2 erhielten eine zeitnahe Katarakt-Operation. Die Kontrollgruppen 3 und 4 wurden verzögert operiert. Die Gruppe 1 und die Gruppe 3 unterschieden sich von der Gruppe 2 und der Gruppe 4 durch die Linsenwahl: Die Gruppe 1 und 3 erhielten eine klare Kunstlinse und die Gruppe 2 und 4 eine gelbe Kunstlinse. Die Melatoninsekretion der Patientinnen und Patienten der Behandlungsgruppen 1 und 2 wurde 3 Monate nach erfolgter Katarakt-Operation im Urin gemessen. Bei den Patientinnen und Patienten der Kontrollgruppe wurde die Melatoninsekretion vor der verzögerten Operation gemessen. Die Melatoninsekretion der Behandlungsgruppen unterschied sich signifikant von der Melatoninsekretion der Kontrollgruppen. Die Linsenwahl hingegen scheint keinen signifikanten Effekt auf die Melatoninsekretion zu haben.

Nächstes Mal befassen wir uns mit der Chloroquin-Makulopathie und den Risiken einer künstlichen Beatmung für die Augen.4

Referenzen:
1. Nishi T. et al. (2020). Effects of Cataract Surgery on Melatonin Secretion in Adults 60 Years and Older A Randomized Clinical Trial. JAMA Ophthalmol. Published online March 5, 2020.
2. Sundberg I. et al. (2016). Salivary Melatonin in Relation to Depressive Symptom Severity in Young Adults. PLoS One. 2016; 11(4): e0152814. 
3. González-González A. et al. (2018). Melatonin: A Molecule for Reducing Breast Cancer Risk. Molecules. 2018 Feb; 23(2): 336. 
4. Jiang T. et al. (2016). Protective Effects of Melatonin on Retinal Inflammation and Oxidative Stress in Experimental Diabetic Retinopathy. Oxid Med Cell Longev. 2016;2016:3528274.