COVID: Deutlich mehr Todesfälle unter Brensocatib als unter Placebo
Brensocatib, ein experimenteller Dipeptidylpeptidase-1-Antagonist, wurde im Rahmen der doppelblinden 'STOP-COVID19'-Studie untersucht, die von Juni 2020 bis Januar 2021 in 14 Krankenhäusern in Großbritannien durchgeführt wurde. 406 mit COVID-19 hospitalisierte Erwachsene (Ø 62 Jahre) mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf wurden innerhalb von 96 Stunden nach Krankenhauseinweisung zu einmal täglich 25 mg Brensocatib oder Placebo oral für 28 Tage randomisiert.
Der klinische Zustand der Behandelten in der Brensocatib-Gruppe war im Vergleich zur Placebogruppe an Tag 29 schlechter (OR 0,72). In der Brensocatib-Gruppe kam es signifikant häufiger zu Todesfällen (15 vs. 11%; HR 1,41) sowie zu neuer Beatmungspflichtigkeit (IRR 1,68). Die Analyse war um Faktoren wie Alter, Geschlecht und die Tatsache bereinigt worden, dass Vorerkrankungen nicht gleich verteilt waren (in der Studiengruppe war COPD etwas häufiger, in der Placebogruppe dafür Hypertonus und Diabetes und dessen Folgeerkrankungen).1,2
Antibiotika bei schwerer RSV-Bronchiolitis: mehr Schaden als Nutzen
Rezidivierendes Giemen und Asthma treten nach schwerer RSV-Bronchiolitis häufiger auf. Steroide und Montelukast blieben in früheren Studien zur Prophylaxe dieser Spätfolge weitgehend erfolglos. Als weiterer Kandidat wurde zuletzt das Antibiotikum Azithromycin untersucht, von dem sich eine Forschergruppe um Prof. Avraham Beigelman (Schneider Children’s Medical Center of Israel) einen Benefit erhofft hatte, aufgrund der Annahme, dass es die Inflammation in den Atemwegen abschwäche. Zweihundert bis dahin gesunde, 1–18 Monate alte Kinder, die aufgrund einer schweren akuten RSV-Bronchiolitis hospitalisiert waren, wurden prospektiv in eine doppelblinde, placebokontrollierte Studie eingeschlossen und zu oralem Azithromycin (10 mg/kg täglich für 7 Tage, gefolgt von 5 mg/kg täglich für 7 Tage) oder Placebo randomisiert. Die Randomisierung erfolgte stratifiziert nach kürzlich zurückliegenden Antibiotikaeinnahmen.
Die 14-tägige Azithromycin-Therapie führte nicht zu einer Verringerung des Auftretens von wiederkehrenden asthmatischen Beschwerden in den folgenden 2 bis 4 Jahren, die Placebogruppe schnitt sogar besser ab: in der Azithromycin-Gruppe entwickelten 47% solche Beschwerden, in der Placebogruppe 36%. Unter denjenigen, die bei Studieneinschluss bereits eine andere Antibiotikabehandlung erhalten hatten, bestand kein Unterschied zwischen Azithromycin und Placebo. Die Einnahme jedweden Antibiotikums erhöhte per se das Asthmarisiko im Vergleich zu Placebo (HR 1,65; 95% KI 1,00–2,72; p = 0,048). Des Weiteren gab es ein potenzielles Signal bei antibiotika-naiven Kindern, dass Azithromycin das Risiko erhöhte (HR 1,79; 95% KI 1,03–3,1).
Angesichts der Risiken für die Entwicklung von Asthma, die nicht nur von dieser, sondern auch von früheren Arbeiten mit der Einnahme von Antibiotika in Verbindung gebracht wurden, plädiert Beigelmann: "Lassen Sie die Kinder in Ruhe! [...] Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Azithromycin und wahrscheinlich auch alle anderen Antibiotika bei schwerer RSV-Bronchiolitis in jungen Lebensjahren vermieden werden sollten. In unserem nächsten Projekt werden wir untersuchen, ob die schädliche Wirkung der Antibiotika mit deren Effekten auf das Darmmikrobiom zusammenhängen." Die Empfehlung steht zudem im Einklang mit den nationalen Bronchiolitis-Leitlinien, in denen von einem Antibiotika-Einsatz bei akuter Bronchiolitis wegen mangelnder Wirkung auf die akute Erkrankung abgeraten wird.3,4
COPD: Steroidtherapie auch bei Exazerbationen nach Eosinophilenzahl titrieren
Nachdem Vorarbeiten darauf hindeuten, dass die Eosinophilen-Zahl ein Prädiktor für das Ansprechen auf Steroide ist, verglich die multizentrische, doppelblinde, randomisierte placebokontrollierte Studie STARR2 den Therapieerfolg einer von der Eosinophilenzahl geleiteten Verordnung von oralem Prednisolon mit der Standardversorgung (n = 203). Diejenigen in der experimentellen Kohorte erhielten Placebo, wenn ihre per Point-of-Care-Test bestimmte Eosinophilenzahl unter 2% lag, und Prednisolon, wenn die Eosinophilenzahl ≥2% war. Diese Vorgehensweise zeigte sich in präspezifizierten Analysen als nicht unterlegen und es kam nicht signifikant häufiger zu einem Therapieversagen (34% vs. 27% unter Standardversorgung, p = 0,34). Auch bezüglich der FEV1-Werte, CAT- und VAS-Symptom-Scores bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.
"Dieser neue Ansatz sollte in die Leitlinien aufgenommen werden, denn er erlaubt eine präzisere Behandlung und kann unerwünschte Ereignisse bei unseren Patienten reduzieren." resümierte Prof. Mona Bafadhel (King’s College London).5
Auch die Rolle der Antibiotika bei mittelschweren akuten Exazerbationen wurde beim Kongress debattiert. Dr. Gernot Rohde (Universitätsklinikum Frankfurt) rekapitulierte, dass die meisten Patienten bei Einlieferung in Notaufnahmen bereits hausärztlich mit einem Antibiotikum anbehandelt sind, obwohl oft Virusinfektionen ursächlich sind. Er zitierte die 'AERIS'-Studie, die bei nur 38% der Arztbesuche wegen COPD-Exazerbationen per PCR-Test eine bakterielle Infektion fand. Die von ihm präsentierten Resultate der 'ABACOPD'-Studie legen nahe, dass eine antibiotische Behandlung bei mittelschweren Exazerbationen in den GOLD-Stadien 1/2 unnötig ist, aber dass sie in den GOLD-Stadien 3/4 nicht unterlassen werden darf.6
- DPP-1 Blocker a Bust in Severe COVID. https://www.medpagetoday.com/meetingcoverage/ers/100599 (2022).
- Keir, H. R. et al. Dipeptidyl peptidase-1 inhibition in patients hospitalised with COVID-19: a multicentre, double-blind, randomised, parallel-group, placebo-controlled trial. The Lancet Respiratory Medicine 0, (2022).
- Beigelman, A. et al. Azithromycin to Prevent Recurrent Wheeze Following Severe Respiratory Syncytial Virus Bronchiolitis. NEJM Evidence 1, EVIDoa2100069 (2022).
- Beigelman, P. A. Antibiotics are harmful in severe RSV bronchiolitis. https://conferences.medicom-publishers.com/specialisation/respiratory/ers-international-congress-2022/antibiotics-are-harmful-in-severe-rsv-bronchiolitis/ (2022).
- Bafadhel, P. M. STARR2: A new approach for treating COPD exacerbations. https://conferences.medicom-publishers.com/specialisation/respiratory/ers-international-congress-2022/starr2-a-new-approach-for-treating-copd-exacerbations/ (2022).
- Are Antibiotics Needed for Moderate Acute Exacerbations of COPD? https://www.medpagetoday.com/meetingcoverage/ers/100562 (2022).
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