Neue S2e-Leitline zur rheumatoiden Arthritis: Was hat sich geändert?

In der Leitlinien Plenarsitzung stand vor allem der S2e-Leitlinien Vortrag im Vordergrund. Professor Dr. med. Christoph Fiehn fasste in der Session die wichtigsten Updates seit der letzten Veröffentlichung zusammen.

Im Fokus stehen Erkrankte im Versorgungsalltag, neue Therapien, Reduktionsschemata bei Glukokortikoiden und Deeskalation.

In der Leitlinien Plenarsitzung auf dem 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie stand vor allem der S2e-Leitlinien Vortrag im Vordergrund. Professor Dr. med. Christoph Fiehn fasste in der Session die wichtigsten Updates seit der letzten Veröffentlichung im Jahr 2012 zusammen. 

Ausarbeitung der Leitlinie

Die neue Leitlinie wurde in eine Konsensgruppe erarbeitet, welche sich auf eine systematische Literaturrecherche stützen konnte. Es wurden insgesamt 13.298 Abstracts in fünf Selektionsschritten gesichtet. Wie in modernen Leitlinien gefordert, ist daher die umfangreiche Evidenz Basis des Konsenses, in den zusätzlich die Erfahrung der teilnehmenden Ärzte und Ärztinnen der Gruppe eingeht. Außerdem wurden die möglichen Interessenkonflikte von DGRh beauftragten Obleuten bewertet, um Neutralität in allen Punkten zu gewährleisten. So wurden Autor_innen bei Interessenskonflikten von der Evaluation bestimmter Therapien ausgeschlossen. Die Leitlinie hat den Anspruch, neben der aktuellen Behandlungsrealität, ebenfalls Impulse für die Therapieentwicklung der Zukunft zu setzten, mit dem Ziel, die Behandlungsrealität für Betroffene zu verbessern und eine adäquate Versorgung zu gewährleisten. Dass aktuell allerdings Versorgungsengpässe bestehen, ist kein Geheimnis.  Durch die Empfehlung engmaschigerer Kontrolltermine versucht man dem nun entgegenzuwirken. 

Therapiestandards im Versorgungsalltag

Eine frühzeitige und gezielte Therapie kann die Zerstörung der Gelenke häufig verhindern. Schon in 2012 forderte die DGRh, die Therapie innerhalb der ersten drei Monate nach dem Einsetzen der Beschwerden zu beginnen. Die Patienten sollten dabei nicht nur entzündungshemmende Mittel wie Kortison erhalten, sondern auch "Disease-modifying anti-rheumatic drugs" (DMARDs), um Gelenke langfristig zu schützen. Das Prinzip "Treat-to-Target", das für eine zielgenaue Behandlung mit DMARDs steht, hat sich seit den letzten Empfehlungen allerdings nicht flächendeckend durchgesetzt. Nach aktuellen Zahlen weist ein Drittel der Personen mit rheumatoider Arthritis nach zwei Jahren noch eine mäßige bis hohe Krankheitsaktivität auf, und jede zweite dieser Personen wird hochdosiert mit Kortison behandelt. Es besteht vor allem das Problem, dass RA-Patient_innen ohne die Beteiligung internistischer Rheumatologie nur geringfügig anti-inflammatorische Therapien verschrieben bekommen. Zwischen fachärztlicher und  hausärztlicher Versorgung besteht eine große Diskrepanz. Aufgrund der immer weiteren Spezialisierung der Fachbereiche und der daraus resultierenden "precision medicine" können Hausärzte und Hausärztinnen eine Therapie gemäß der Leitlinien nicht garantieren. Bei 550.000 Betroffenen, Tendenz steigend, werden mehr Rheumatolog_innen benötigt, um den Erreichungsgrad in der Bevölkerung zu erhöhen. Oft müssten Betroffene nach wie vor mehrere Monate auf einen Termin warten. 

Medikamentöse Therapie

Neu ist auch das strengere Reduktionsschema bei Glukokortikoiden (GC), mit dem Ziel, Kortison im Verlauf der Therapie auszuschleichen. An medikamentösen Alternativen zu Kortison fehlt es nicht. Zu den konventionellen synthetischen DMARD-Medikamenten wie Methotrexat (MTX) und den biologischen DMARD sind in den letzten Jahren zwei gezielte synthetische DMARDs mit den Wirkstoffen Baricitinib und Tofacitinib, hinzugekommen. Bei Patient_innen, die MTX nicht vertragen, könnten zunächst günstige, synthetische DMARDs wie Leflunomid oder Sulfasalazin angewendet werden. Erstmalig wurden die tsDMARDs in den Therapiealgorithmus mit aufgenommen. Verschrieben werden die Jak-Inhibitoren aber aufgrund der hohen Kosten der Therapie noch selten, obwohl sie aufgrund der oralen Einnahme für bestimmte Personengruppen Vorteile gegenüber Biologika bieten. 

Deeskalation, Lebensstil und Biomarker

Einige Rheumapatient_innen werden unter einer optimierten Therapie auf Dauer beschwerdefrei. Die S2e-Leitlinie gibt daher erstmals Empfehlungen zur "Deeskalation". Diese sei nur möglich, wenn nicht mehr mit GC behandelt werde und die Betroffenen seit sechs Monaten beschwerdefrei seien. Erstmalig wird in der Leitlinie auch in separaten Kapiteln auf den Einfluss von Lebensstilmodifikationen (Rauchentwöhnung, Gewichtsabnahme) auf den Erfolg einer DMARD-Therapie, die Dosierung von Glukokortikoiden wie auch das Thema des "shared desicion makings“ zwischen Arzt/Ärztin und Erkrankten eingegangen. Biomarker für bessere und frühzeitigere Prognosen wurden ebenfalls als Punkt neu aufgenommen, allerdings gäbe es hier noch keine definitiven Ergebnisse, so dass noch keine Empfehlungen gegeben werden könnten. 

Quellen:

46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. 29 | Neue Leitlinien in der Rheumatologie. 29.04 | Therapie der RA mit DMARD.  Christoph Fiehn, Baden Baden. 14:45 – 16:15. Donnerstag, 20. September 2018, Mannheim.

Versorgung der rheumatoiden Arthritis – Wie unterschiedlich versorgen Rheumatologen und Hausärzte? Dr. Katinka Albrecht. 14:45 – 15:05. Freitag, 21. September. 2018.

Neue Behandlungs-Leitlinien zur rheumatoiden Arthritis: Was ändert sich dadurch für Patienten? Redemanuskript von Professor Dr. med. Christoph Fiehn. Mittwoch, 5. September 2018, 11:00 – 12:00. Vorabpressekonferenz.