Riesenzellarteriitis: Ersetzt die Sonografie bald die Biopsie?

Der Ultraschall gewinnt als diagnostische Methode bei rheumatischen Erkrankungen wie der Riesenzellarteriitis an Bedeutung. Er kann Verdickungen der Intima-Media detailliert darstellen und mit hoher Sensitivität eine Vaskulitis diagnostizieren.

Update zur Rolle des Ultraschalls bei der Arteriitis temporalis

Der Ultraschall gewinnt als diagnostische Methode bei rheumatischen Erkrankungen wie der Riesenzellarteriitis an Bedeutung. Er kann Verdickungen der Intima-Media detailliert darstellen und mit hoher Sensitivität eine Vaskulitis diagnostizieren. Anders als die Biopsie der Temporalarterie ist er nicht-invasiv, günstiger als ein MRT und vielerorts leichter verfügbar.

Die wichtigsten Punkte zu dieser Materie hat der Forscher Valentin Schäfer kürzlich in einem Übersichtstext zusammengefasst. Für seine Arbeit rund um das Thema Ultraschall von Gelenken und größeren Gefäßen bei Rheumaerkrankungen erhielt er zudem den Rudolf-Schoen-Preis 2020 der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie.

Häufig betroffen: Augen

Die Riesenzellarteriitis, auch Arteriitis cranialis oder Arteriitis temporalis genannt, zählt in die Gruppe der granulomatösen Vaskulitiden großer Gefäße und ist die häufigste Gefäßentzündung hierzulande.

In der Regel befällt sie die Arterien und Abgänge der Arteria carotis externa. Die Augengefäße sind dabei in 40% der Fälle beteiligt. Aorta, Aortenbogen sowie die Arterien der oberen und unteren Extremitäten sind ebenfalls bei 40% der Betroffenen involviert.

Frühe Diagnose entscheidend

Die Riesenzellarteriitis muss schnellstmöglich diagnostiziert werden, um rechtzeitig eine Therapie einzuleiten und das Auftreten von Komplikationen wie eine Erblindung zu vermeiden. Neben typischer Klinik und erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit gilt die Biopsie als Goldstandard bei der Diagnosestellung der Vaskulitis und ist fester Bestandteil der Diagnosekriterien.

Inzwischen nimmt jedoch der Ultraschall zunehmend eine wichtigere Rolle ein, zumal er mit hoher Sensitivität eine Entzündung der Temporalarterie nachweisen kann. So kann bei eindeutigem Befund und passender Klinik bereits heute auf die invasive Biopsie verzichtet werden, die 20 mm (!) der Temporalarterie erfassen muss und bei extrakranieller Erkrankung oft unauffällig ist. 

Typische Befunde im Ultraschall

Bei Verdacht auf eine Riesenzellarteriitis sollten die Temporalarterie und die Arteria axillaris beurteilt werden. Je nach Klinik und Befunden kommen Carotis und die Gesichtsgefäße hinzu. Die Sensitivität des Tests steigt mit der Anzahl untersuchter Gefäße.

Bei der Sonografie werden unter anderem Intima-Media-Dicke und Flussgeschwindigkeiten im Gefäß gemessen. Als normal gelten beispielsweise bei 70-jährigen Patienten Intima-Media-Werte von 0,2 mm für Temporalarterie und 0,6 mm für die Arteria axillaris. Die Grenze zum Pathologischen liegt bei 0,4 mm bzw. 1,0 mm.

Bei einer Temporalarteriitis zeigt der Ultraschall zudem ein typisches „Halo“-Zeichen, eine homogene, hypoechogene Wandverdickung des betroffenen Gefäßes. Klassischerweise bleibt die verdickte Wand unter Kompression gut erkennbar (Kompressions-Zeichen).

Rolle von MRT, PET-CT und CT

Während die Sonografie bei der Temporalarteriitis an Bedeutung zunimmt, bleibt bei der zweiten granulomatösen Entzündung der großen Gefäße, der Takayasu-Arteriitis, der Kernspinn die diagnostische Methode der Wahl.

Auch PET-CT und CT haben bei beiden Vaskulitiden bei besonderen Fragestellungen weiterhin ihre Bedeutung. Sie können die Aorta und ihre Äste gut darstellen. Andere neue Verfahren umfassen das PET-MRT und den Kontrast-verstärkenden Ultraschall.

Ausblick: Verlaufsparameter für Krankheit und Therapieerfolg

Der Ultraschall verspricht bei der Diagnose der Riesenzellarteriitis einen großen Nutzen und kann bei entsprechender Schulung der Untersucher flächendeckend gut eingesetzt werden. Abzuwarten bleibt, ob er auch als ein Parameter für Krankheitsverlauf und Therapieerfolg zukünftig genutzt werden könnte. Studien hierzu laufen aktuell.

Quellen:
1. Schäfer VS, Jin L, Schmidt WA. Imaging for Diagnosis, Monitoring, and Outcome Prediction of Large Vessel Vasculitides. Curr Rheumatol Rep. 2020 Sep 21;22(11):76. doi: 10.1007/s11926-020-00955-y. PMID: 32959107.
2. https://dgrh.de/Start/DGRh/Presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen/2020/Pressemitteilung-Nr.-14-2020.html
3. Herold, Innere Medizin 2019