Sinusitis als Vorbote: Warum Nasennebenhöhlenentzündungen das Rheuma-Risiko um 40% steigern können

Was hat eine entzündliche Erkrankung der Atemwege mit Rheuma zu tun? Möglicherweise haben beide denselben Ursprung.

Obere Atemwege und Rheuma – was bisher bekannt ist:

In der bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie wurden aus einer Datenbank des US-Bundesstaates Minnesota 1.729 Patienten mit rheumatischen Erkrankungen eingeschlossen und mit 5.187 gematchten Kontrollen verglichen. Primärer Endpunkt war das Vorliegen einer Sinusitis (unterteilt in akut und chronisch) mindestens ein Jahr vor der Erstdiagnose einer rheumatischen Erkrankung. Weiterhin wollten die Forscher herausfinden, in welchem zeitlichen Abstand voneinander beide Erkrankungen auftraten (> 1 bis 5 Jahre, 5 bis 10 Jahre und > 10 Jahre).

Rheuma-Risiko steigt nach Sinusitis um 40 % 

Insgesamt war das Risiko einer rheumatischen Erkrankung nach einer früheren Sinusitis im Vergleich zu den zuvor gesunden Kontrollgruppen um 40 % erhöht (OR 1,4, 95 % KI 1,2 bis 1,7). Am stärksten war dieser Zusammenhang bei systemischen Formen von Rheuma wie Antiphospholipid-Syndrom (OR 7,0, 95 % KI 1,8 bis 27) und Sjögren-Syndrom (OR 2,4, 95 % KI 1,1 bis 5,3). Das Risiko für eine (seronegative) rheumatoide Arthritis war speziell nach einer akuten Sinusitis um das 1,8-fache erhöht.

Dabei spielte auch der Zeitpunkt der Sinusitis eine Rolle. Am häufigsten wurde sie mit einer späteren rheumatischen Erkrankung in Verbindung gebracht, wenn sie 5 bis 10 Jahre davor diagnostiziert worden war (OR 1,7, 95 % KI 1,3 bis 2,3). Bei > 1 bis 5 Jahren war der Zusammenhang weniger ausgeprägt und bei > 10 Jahren statistisch nicht signifikant. Besonders deutlich erhöht war das Risiko im Zeitraum zwischen 5 und 10 Jahren wiederum beim Sjögren-Syndrom sowie bei der Polymyalgia rheumatica.

Laut den Studienautoren decke sich dieser zeitliche Ablauf mit dem Auftreten von Autoantikörpern bei Rheuma, die in einem ähnlichen Zeitraum, bereits 3 bis 8 Jahre vor Ausbruch der Erkrankung, nachweisbar seien.

Schließlich machten die amerikanischen Forscher noch eine weitere Beobachtung: Das Rheuma-Risiko korrelierte mit der Anzahl der Sinusitis-Codes. Personen mit sieben oder mehr Codes hatten das höchste Risiko für eine rheumatische Erkrankung. Daraus folgerten sie eine Dosis-Wirkungs-Beziehung, das heißt, je ausgeprägter die Sinusitis, umso wahrscheinlicher ist eine spätere rheumatische Erkrankung. 

Gemeinsame Pathogenese?

Laut den Studienautoren könnte es eine pathophysiologische Erklärung für den beobachteten Zusammenhang geben. Ihre Hypothesen:

  1. Sinusitis und Rheuma liegt ein gemeinsamer Immundefekt zugrunde, der sowohl zu einer Infektion der Schleimhäute als auch zu Autoimmunmechanismen prädisponiert.
  2. Eine Sinusitis stellt eine frühe Manifestation einer rheumatischen Erkrankung dar.
  3. Pathogene Organismen wie z. B. Staphylokokken sind ursächlich für beide Erkrankungen.

Noch bleiben diese Erklärungen spekulativ. Sollte sich der Zusammenhang jedoch weiter erhärten und tatsächlich ein gemeinsamer Pathomechanismus gefunden werden, könnte das weitreichende Folgen haben, so die Vision der Forscher: Wenn eine Sinusitis adäquat behandelt oder besser noch verhindert werden würde, könnte dadurch auch die Inzidenz rheumatischer Erkrankungen sinken.

Quelle:
  1. Kronzer VL et al. Association between sinusitis and incident rheumatic diseases: a populationbased study. RMD Open 2024;10:e003622. doi:10.1136/ rmdopen-2023-003622.