- Gromus A. Verhütung beim Mann – aktueller Stand. Der niedergelassene Arzt. . Veröffentlicht Juli 2025. Zugriff am 9. Juli 2025.
Hormonelle Verhütung bei Frauen wird zunehmend kritisch betrachtet – etwa hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen. Gleichzeitig wächst bei Männern wie Frauen der Wunsch nach geteilter Verantwortung. Internationale Organisationen wie die UN-Bevölkerungskonferenzen betonen die Bedeutung männlicher Beteiligung an reproduktiver Gesundheit. Dabei rückt in den Vordergrund, dass Männer nicht nur von modernen Verhütungsmethoden profitieren, sondern auch bereit sein sollten, eigene Maßnahmen – etwa medikamentöser Art – mitzutragen.
Eine Verhütungsmethode für den Mann muss hohen Ansprüchen genügen: Sie soll sicher, reversibel und gut verträglich sein – ohne , Erektion oder Ejakulation zu beeinträchtigen. Die Wirkung sollte rasch einsetzen und nach dem Absetzen muss sich die Fruchtbarkeit vollständig erholen.
Um diesen Anforderungen zu entsprechen, setzt die Entwicklung männlicher Verhütungsmethoden direkt bei der Spermienbildung an. Ziel ist es, mittels hormoneller Maßnahmen die Spermatogenese so weit zu unterdrücken, dass im Ejakulat keine Spermien mehr vorhanden sind.
Dies gelingt durch die Gabe von , teils kombiniert mit einem Gestagen. Dadurch wird die hormonelle Achse zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Hoden unterbrochen.
Ob eine Testosteron-Monotherapie ausreicht oder ob zusätzlich ein Gestagen nötig ist, hängt von der ethnischen Herkunft ab: Bei asiatischen Männern genügt meist Testosteron allein, bei westlichen Männern ist zusätzlich ein Gestagen erforderlich – ein Effekt, der auf Unterschiede in der hormonellen Regulation zurückgeführt wird.
Da oral verabreichtes Testosteron seine Wirkung weitgehend verliert, erfolgt die Gabe parenteral – etwa per Injektion, subkutanem Implantat oder als transdermales Gel.
Wie effektiv ist dieser Ansatz? Eine chinesische Studie mit über 1.000 Paaren ergab für Testosteronundecanoat als Monotherapie einen Pearl-Index von 1,1 – vergleichbar mit der Antibabypille. Auch eine multizentrische WHO-Studie zeigte eine hohe Wirksamkeit: Eine Kombination aus 1.000 mg Testosteronundecanoat und 200 mg Norethisteronenanthat, alle acht Wochen intramuskulär verabreicht, erreichte sogar bessere Ergebnisse als eine orale Kontrazeption bei Frauen.
Auch die Reversibilität wurde in Studien bestätigt: Etwa 90 % der Männer erreichen innerhalb eines Jahres nach Therapieende eine vollständige Erholung der Spermatogenese. In Einzelfällen kann dies – insbesondere nach längerer Anwendung – bis zu zwei Jahre dauern.
Ein zentrales Hindernis bleibt das Nebenwirkungsprofil. In der WHO-Studie traten bei 10–15 % der Teilnehmer Symptome eines Hypogonadismus auf – etwa depressive Verstimmungen, moderate Gewichtszunahme und Libidoverlust. Obwohl diese Beschwerden medizinisch als moderat eingestuft wurden und im Vergleich zu weiblicher Kontrazeption teils als akzeptabel gelten, wurde die Studie vorzeitig beendet. Das führte zu einer Debatte über unterschiedliche Maßstäbe in der Bewertung männlicher und weiblicher Nebenwirkungen.
Die Forschung verlagerte sich daraufhin auf verträglichere Darreichungsformen. Ein aktueller Ansatz ist ein täglich anzuwendendes transdermales Gel bestehend aus Testosteron und dem synthetischen Gestagen Nestorone. Die Wirksamkeit ist hoch, die Nebenwirkungsrate gering – allerdings setzt die Anwendung eine hohe Therapietreue voraus.
Parallel dazu werden neue Wirkstoffe entwickelt. Als vielversprechend gelten die vollsynthetischen Steroide Dimethandrolonundecanoat (DMAU) und 11β-methyl-19-nortestosterone dodecylcarbonate (11β-MNTDC), die sowohl androgen als auch gestagen wirken. Erste klinische Studien zeigen eine gute Verträglichkeit – und: Die Substanzen sind oral einnehmbar.
Obwohl das gesellschaftliche Interesse groß ist, liegt noch kein marktreifes Präparat vor. Der Rückzug großer Pharmaunternehmen, regulatorische Hürden und offene Fragen zur Langzeitsicherheit verzögern die Entwicklung.
Doch die Forschung bleibt aktiv – getragen vor allem von öffentlichen und gemeinnützigen Institutionen. Wann eine Zulassung gelingt, ist offen. Aber angesichts wachsender Bereitschaft von Männern, mitzutragen, bleibt das Thema aktuell.