Auch nach leichten Corona-Verläufen steigt Risiko für Typ-2-Diabetes

Bereits bei mildem Verlauf einer COVID-19-Erkrankung könnte die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes erhöht sein. Darauf deutet eine repräsentative Stichprobe aus Hausarztpraxen in Deutschland.

Vergleich mit Patienten anderer Atemweginfektionen

Bleibt das Risiko für einen Typ-2-Diabetes auch längere Zeit nach der Corona-Infektion bestehen? Dieser Fragestellung gingen Prof. Dr. Wolfgang Rathmann und sein Team vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf nach, werteten dazu die Datenbank "Disease Analyzer" aus. In dieser repräsentativen Stichprobe wurden bis Januar 2021 35.865 an COVID-19 erkrankte und hausärztlich behandelte Patientinnen und Patienten erfasst. Als Vergleichsgruppe diente die gleiche Anzahl von Erkrankten, die aufgrund von anderen akuten oberen Atemwegsinfektionen (AURI) in Hausarzt-Praxen vorstellig waren. 

Mittels Propensity Score Matching wurde sichergestellt, dass die Ergebnisse nicht durch Faktoren wie Geschlecht, Alter, Krankenversicherungsschutz, Indexmonat und Komorbidität (Adipositas, Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Herzinfarkt, Schlaganfall) beeinflusst waren. Das mittlere Alter der Kohorten lag bei 42,6 Jahren, 45,6% waren Frauen. 

Gefährdung bei anderen Atemwegsinfektionen deutlich geringer

In den ersten 365 Tagen erkrankten 189 COVID-19-Infizierte neu an einem Typ-2-Diabetes, in der Kontrollgruppe waren es nur 175. Dies entspricht einer Inzidenz von 15,8 versus 12,3 Neuerkrankungen auf 1.000 Personen pro Jahr. Die relative Inzidenzrate lag somit bei 1,28, was bei einem 95%-Konfidenzintervall von 1,05 bis 1,57 signifikant war. Dies bedeutet, dass das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes nach einer milden, vom Hausarzt versorgten COVID-19-Erkrankung um 28% höher war, als nach einer anderen oberen Atemwegsinfektion. Wurden nur die Patienten berücksichtigt, bei denen die Diagnose des Typ-2-Diabetes auch mit der Verschreibung blutzuckersenkender Medikamente verknüpft war, blieb das Risiko um 26% höher. Berücksichtigte man in der Kontrollgruppe nur Personen mit einem dokumentierten negativen Coronatest sieben Tage vor und nach dem Indexbesuch beim Hausarzt, kamen die Autoren auf ein 51% höheres Risiko. Die Inzidenzrate war in dieser Untersuchung nur für Typ-2-Diabetes erhöht – nicht aber für andere Diabetesformen oder unspezifische Störungen des Glukosestoffwechsels.

Post-COVID-Diabetes möglicherweise reversibel

Als Limitation geben die Autoren fehlende Daten zu Hospitalisierungen an, da Eintragungen in das Register nur von den behandelnden Hausärzten vorgenommen werden können. Zudem könnten theoretisch Fälle von unentdecktem Typ-2-Diabetes oder außerhalb der Hausarztpraxis diagnostizierte SARS-CoV-2-Infektionen nicht berücksichtigt worden sein. Darüber hinaus sind auch nach dieser Studie noch einige Fragen offen. So bleibt unklar, ob ein möglicherweise schon vorbestehender Typ-2-Diabetes durch die mit COVID-19 verbundene immunologische Aktivierung oder eine Stress-Hyperglykämie schneller manifest wurde. Auch die Frage, ob der Post-COVID-Diabetes nach vollständiger Erholung möglicherweise reversibel ist, bleibt offen. In jedem Fall sollte aber auch nach milden Verlaufsformen von COVID-19 der Glukosestoffwechsel engmaschig überwacht werden, rät das Autorenteam. 

Quelle:
Wolfgang Rathmann et al: Incidence of newly diagnosed diabetes after Covid-19. Diabetologia (2022).