Kasuistik: Unerwartete Tumorreduktion nach PARP-Inhibition

Nach Versagen der Drittlinie erhielt eine 61-jährige Patientin mit metastasiertem duktalen Adenokarzinom des Pankreas eine off-label-Monotherapie mit Olaparib. Es kam bei teilweisem Ansprechen zur vollständigen radiografischen Reduktion der Lungenmetastasen.

Das sollten Sie aus dieser Kasuistik mitnehmen

Pankreaskarzinom und PARP-Inhibitoren

PARP-Inhibitoren haben sich in den vergangenen Jahren als wirksame Medikamente insbesondere bei BRCA-mutierten Mamma- und Ovarialkarzinomen etabliert. Beim duktalen Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse wurde darüber hinaus vor Kurzem der PARP-Inhibitor Olaparib für die Erhaltungstherapie bei nachgewiesener BRCA-Keimbahnmutation zugelassen.

Diese Zulassung ist jedoch daran geknüpft, dass die betroffenen Patienten nach einer platinbasierten Erstlinien-Chemotherapie eine Krankheitskontrolle erreicht haben. Für diese Art der PAPR-basierten Erhaltungstherapie wurde zudem in Studien ein signifikanter Nutzen für das progressionsfreie Überleben nachgewiesen.

Andererseits gibt es bisher nach dem Fortschreiten der Erkrankung nur wenige Belege für die Anwendung von Olaparib als Monotherapie beim BRCA-mutierten duktalen Adenokarzinom des Pankreas.

Der Fall: Patientin mit BRCA2-Keimbahnmutation

Eine 61-jährige Patientin mit einer BRCA2-Keimbahnmutation wurde wegen eines metastasierten duktalen Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse behandelt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung in der Klinik litt die Frau bereits an Lungen- und Lebermetastasen. Die vorausgegangene Anamnese hatte zudem ergeben, dass die Patientin schon vor Jahren ein fortgeschrittenes Mammakarzinom mit anschließendem Lokalrezidiv überlebt hatte.

In der gegenwärtigen Situation des Pankreaskarzinoms hatte sie zuvor bereits Standardtherapien in drei Behandlungslinien erhalten. Nach dem Versagen der dritten Behandlungslinie begannen ihre behandelnden Ärzte eine weitere Behandlungslinie mit einer Off-Label-Verschreibung von Olaparib.

Bereits nach zwei Zyklen Olaparib zeigte sich im CT-Scan ein teilweises Ansprechen mit vollständiger radiografischer Rückbildung der Lungenmetastasen. Das Ansprechen und der klinische Nutzen für die Patientin konnten auch nach vier weiteren Zyklen aufrechterhalten werden. Das radiologische und klinische Ansprechen setzte sich über 6 Monate fort.

Olaparib-Monotherapie beim BRCA-positiven Pankreaskarzinom?

Das duktale Adenokarzinom des Pankreas (pancreatic ductal adenocarcinoma; PDAC) ist eine aggressive Erkrankung mit sehr schlechter Prognose. Das 5-Jahres-Gesamtüberleben (OS) beträgt weniger als 10%.  Seit mehr als 50 Jahren ist diese Situation zudem unverändert.

Allerdings zeigt dieser vorliegende Fall, dass Olaparib in Monotherapie eine Option nach Versagen der Standardtherapie bei BRCA-mutiertem Pankreaskarzinom sein könnte – jedoch Vorsicht: Es handelt sich hierbei um einen Off-Label-Einsatz dieses PARP-Inhibitors beim fortgeschrittenen Pankreaskarzinom.

Darüber hinaus unterstreicht dieser Praxisfall, wie wichtig es sein kann, nach einem Versagen der Standardtherapien auch eine Therapie mit PARP-Inhibitoren zu erwägen. Ausschlaggebend für die Therapieentscheidung mit einem PARP-Inhibitor wie Olaparib ist dabei das Ergebnis eines BRCA-Tests, insbesondere bei Patienten mit einer möglichen individuellen und/oder familiären Krebs-Vorgeschichte.

Quelle:
Prete AA et al., Curr Oncol 2022; 29: 544–550.