IG Med: Vereinte Kräfte für ein funktionierendes Gesundheitswesen

Die Interessengemeinschaft Medizin vereint Ärzte, Apotheker und weitere Gesundheitsberufe gegen die Zersplitterung im System und entwickelt einen "Plan B" für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung.

Interessengemeinschaft Medizin – ein Thema mit Variationen

Kritische Ärzte haben die Interessengemeinschaft Medizin schon 2018 gegründet – jetzt stellen wir fest, dass es nicht ausreicht, wenn sich allein die Ärzte organisieren. Es braucht eine Organisation, die Apotheker, Physiotherapeuten, Zahnärzte, Ärzte, alle Gesundheitsberufe unter einem Dach vereint, damit wir gemeinsam die Probleme im Gesundheitswesen angehen können.

Wenn zum Beispiel die Krankenkassen feststellen, dass nicht wirtschaftlich verordnet wurde, dann gibt es für den Niedergelassenen einen Regress. Dasselbe passiert bei den Physiotherapeuten, und bei den Apotheken heißt das dann Nullretaxe. Letzteres geschieht schon bei einem formalen Fehler wie etwa der fehlenden Arztnummer auf dem Rezept. Alles Variationen desselben Themas.

Es geht uns also nicht nur um ärztliche Interessen. Wir sehen, dass alle Berufe im Gesundheitswesen ähnliche Probleme haben. Aber Krankenkassen und Politik versuchen, uns gegeneinander auszuspielen. Seit Jahren bekommt jede Gruppe mal ein Zückerchen, zum Beispiel mal Hausärzte und mal Fachärzte. Mal werden die einen etwas besser gestellt, mal die anderen. Aber eigentlich werden so keine Probleme gelöst.

Engpässe werden hin- und hergeschoben

Das ist kein böser Wille. Wir haben eben eine bestimmte Menge Geldes, und die Krankenkassen wollen dafür möglichst viele Leistungen für ihre Versicherten haben. Und so werden die Engpässe hin- und hergeschoben und die medizinischen Berufsgruppen gegeneinander in die Kampfarena geführt. Das kann auf Dauer nicht funktionieren. Das Geld reicht einfach nicht für alle Versprechen, die von der Politik im Rahmen von Wahlgeschenken gemacht werden.

Leistungen werden knapper, und es wird immer wieder nach Schuldigen gesucht. Also entweder die Fachärzte, weil sie nicht genug Termine hergeben oder die Hausärzte kümmern sich angeblich nicht genug um ihre Patienten. Dieses alte Spiel müssen wir gemeinsam aufbrechen.

Es gibt seit langem die Berufsverbände: Den Hartmannbund, den Spitzenverband der Fachärzte, den Hausärzteverband. Sie versuchen, sich gegenüber der Politik zu positionieren – und gehen dabei in gewisser Weise auch gegeneinander vor. Jeder versucht natürlich, für seine Mitglieder das Beste herauszuholen – und gräbt damit den anderen ein bisschen das Geschäft ab. Doch damit schwächen wir, die wir im Gesundheitswesen im Sinne unserer Patienten zusammenwirken, uns gegenseitig.

Es geht nur solidarisch zusammen

Wenn jetzt ein Primärarztsystem kommt, müssen die Hausärzte möglichst schnell Facharzttermine organisieren. Also müssen sie gut mit den Fachärzten zusammenarbeiten. Und für die Fachärzte muss zugleich klar sein, dass sie ihr Geld für diese Termine bekommen. Es geht nicht, wenn jeder nur seine Interessen im Kopf hat. Es geht nur zusammen. Das ist genau das, was die IG Med will.

Solide Versorgung für jeden, aber kein Wünsch-Dir-was

Wer hat denn momentan bei den Regulierungen das Sagen? Das ist ganz klar die Gesundheitspolitik. Und statt dieses Klein-Klein immer weiter zu machen, müsste sie die Gesundheitsreform noch einmal wirklich neu denken. Das Prinzip Zitrone, also immer mehr Leistungen aus Ärzten, Apothekern und anderen Gesundheitsberufen herauszupressen, das geht nicht mehr. Es gibt keine weiteren Ressourcen, die herauszupressen sind. Wir sind auch keine Ressourcen, wir sind Menschen. Und wir werden immer weniger, weil sich immer mehr verabschieden – in den Ruhestand, ins Ausland. Anfang der 2000er haben Ärzte mal gestreikt, da wurden Zulassungen von Hausärzten zurückgegeben. Aber es fehlte die Zusammenarbeit mit anderen Betroffenen. 

Unser Plan B – so wollen wir arbeiten

Wir rufen daher für das nächste Jahr zu einem Projekt auf: Der Plan B. Wir gehen davon aus, dass das Gesundheitswesen kaputt geht, wenn wir genauso weitermachen. Also brauchen wir einen Plan B dafür, wie man das Gesundheitswesen wieder auf gesunde Beine stellen kann. Das wird nicht gehen, indem der Patient immer mehr Forderungen stellt. Bestimmte Sachen gehen einfach nicht mehr. Das unendliche Leistungsversprechen ist unerfüllbar. Das muss kommuniziert werden. Es geht um eine solide Versorgung für jeden, aber nicht um ein endloses Wünsch-Dir-was. Viele Patienten erleben gerade weder solide Versorgung, noch grenzenlose Leistungen, die versprochen waren. 

Wer ein MRT vom Schädel und eines von der Wirbelsäule braucht, bekommt das nicht an einem Tag, sonst rentiert sich das für den Radiologen nicht. Auf der anderen Seite soll ich einer Patientin bescheinigen, dass sie im Krankenhaus unbedingt ein Einzelzimmer braucht. Anspruchsdenken ist verbreitet. Patienten wollen die Abnehmspritze, aber nichts über Ernährung und Bewegung hören. Ich möchte mich aber liebend gern um ernsthaft kranke Patienten kümmern. 

Nix tun ist keine Option, sonst kollabiert das System

Die Schraube ist überdreht: Apotheken sterben, Praxen werden nicht nachbesetzt, zeitnahe Facharzttermine gibt es nicht, Hausärzte sind überfüllt, Krankenhäuser überfordert. Wenn wir nicht zusehen wollen, wie das Gesundheitswesen kollabiert, ist nix tun keine Option. Wir haben uns für das kommende Jahr vorgenommen: Ärzte und Apotheker, die etwas ändern wollen, an einen Tisch bringen und einen Plan B entwickeln. Dabei sollen die Rahmenbedingungen formuliert werden, unter denen wir in Zukunft arbeiten wollen und können. Dafür rühren wir überall die Werbetrommel. Über 1000 Kolleginnen und Kollegen sind derzeit schon aktiv mit dabei. Hoffentlich werden wir noch viel mehr.