Wunsch-Kaiserin-Schnitt: Ja oder Nein?

Immer mehr Frauen äußern den Wunsch nach einem Kaiserin-Schnitt. Doch wie stehen Geburtshelferinnen zu dieser Entwicklung? Mandy Mangler diskutiert das Für und Wider.

Wunsch-Kaiserin-Schnitt – Für und Wider

Einige Frauen wünschen sich  einen Kaiserinschnitt. Die Frage ist, wie gehen wir Geburtshelferinnen damit um? Wunschkaiserin-Schnitt – Ja oder Nein?

Die Geburt ist ein zentrales Lebensereignis, und es ist gut, wenn wir es als medizinisches Personal und Profis so unterstützen, dass die Schwangeren und Familien danach gestärkt weiterziehen können und im weiteren Verlauf ihres Lebens Kraft aus diesem Ereignis ziehen können. Geburten sind nur teilweise berechenbar. Das wird sich hoffentlich in der Zukunft ändern, wenn wir medizinische Fakten analysieren können, durch Algorithmen unterstützt und dann die Wahrscheinlichkeiten und Verläufe der Geburt vorhersehen können. Im Moment geht das nur bedingt.

Der aktuelle gesellschaftliche Blick auf bewegt sich zwischen einem rosa flauschigen Ereignis oder einem schmerzhaften, blutigen Spektakel.

Beide Perspektiven sind nicht richtig und wir täten gut daran, einen nüchternen Blick auf den Prozess Geburt zu werfen. Die (schönen) Emotionen kommen dann von ganz alleine. Wir können verstehen, dass eine gute und bestärkende Geburt nicht unbedingt bedeutet, dass sie ganz einfach ist: Wehen, man kommt in den Kreißsaal und nach 3 Stunden mit dem Baby wieder raus – das geschieht bei den wenigsten Geburten. Die durchschnittliche Dauer einer ersten Geburt ist 11 Stunden. Das ist gut zu wissen. Es gibt Geburten, die sich über Tage hinziehen. Auch diese können natürlich sehr schön sein.

32 % der Babys, die in Deutschland geboren werden, werden per Kaiserinschnitt geboren.

Warum ich das eigentlich Kaiserin-Schnitt nenne? Weil “Kaiserschnitt” ein historisches Kunstwort ist und nichts mit einem Kaiser zu tun hat. Dann kann es auch getrost Kaiserinschnitt heißen. Wer sich für mehr interessiert und wie dieses Kunstwort entstanden ist, kann das nachlesen in: .

Manchmal sitzen wir dem Irrglauben auf: je schwerer die Geburt, desto mehr Mutter ist man. Aber es gibt keinen Wettbewerb für die schwerste Geburt, man ist keine bessere oder andere Mutter, wenn man eine komplizierte Geburt hat. Im Zweifelsfall ist man eine traumatisierte Mutter, daran arbeiten wir Geburtshelfenden, um das Trauma unter der Geburt so klein wie möglich zu halten.

Studien sagen: je selbstbestimmter man den Prozess Geburt durchläuft und je unterstützter und respektvoller man behandelt wird, desto mehr Kraft wird man aus dem Ereignis ziehen und die Wahrscheinlichkeit für eine Traumatisierung sinkt.

Es ist klar, dass Selbstbestimmung und informierte Entscheidungen dabei eine große Rolle spielen. Hebammen und Frauenärztinnen sind daher essentiell, um vor der Geburt zu beraten und über Physiologie und Risiko zu sprechen.

Geburt hat auch mit Vertrauen zu tun und damit, dass gewisse Abläufe unter Umständen anders sein können, als man sich das vorgestellt hat.

Die Hälfte der Kaiserinschnitte sind sogenannte sekundäre Sectios.

Das bedeutet, dass ein Kaiserinschnitt empfohlen wird, weil eine vaginale Geburt aus irgendeinem Grund ein Risiko bedeuten würde. Nur ein niedriger einstelliger Prozentsatz der Sectios sind sogenannte Wunschkaiserinschnitte. Und das wiederum bedeutet, dass die Schwangere aus einem Grund die Entscheidung für eine primäre geplante Sectio getroffen hat. Häufig geben diese Frauen Angst vor der Geburt an oder vor Schmerzen oder weitere Gründe.

„Darf sie das?“ ist eine oft gestellte Frage. Manche Kliniken weisen Frauen mit ihrem Wunsch nach einer primären Sectio ab. Man kann jedoch auch argumentieren, dass eine ausreichend informierte Frau selbstverständlich selbst entscheiden kann.

Weibliche Selbstbestimmung

Manchen passt das nicht so gut – diese Selbstbestimmung der Frau. Doch ich sehe keine Gründe, die Selbstbestimmung von Frauen zu unterbinden – wenn sie im Rahmen der legalen Möglichkeiten geschieht. Der Grund, den ich für die Abwertung von Selbstbestimmung sehe, ist, dass Selbstbestimmung bei Frauen manchen von uns Angst macht, Angst vor Chaos und dass diese Frauen ja dann, wer weiß, auf noch ganz andere Ideen kommen. Zum Beispiel ganztags arbeiten oder nicht stillen oder freie Wahl von Partnern. Wo kommen wir da hin? Ironie off…

Bleibt noch die Frage nach möglichen gesundheitlichen Belastungen. Die meisten Wunschkaiserinschnitte geschehen in PDA, also Rückenmarks-Betäubung. Es gibt unterschiedliche Studien, und die einheitliche Aussage ist, dass Wunschkaiserinschnitte das Risiko für Komplikationen für die Mutter erhöhen, zum Beispiel als Wundheilungsstörung oder Infektionen. Auch für das Kind gibt es einige Nachteile. Hauptsächlich sagen Studien, dass die Lungenfunktion direkt nach der Geburt länger braucht, um anzuspringen, es also Startschwierigkeiten bezüglich der Atmung geben kann. Außerdem wird ein erhöhtes risiko diskutiert. Insgesamt kann man sagen, dass ein geplanter Kaiserinschnitt weniger Risiken birgt als eine komplizierte vaginale Geburt, besonders für das Kind. Dennoch ist die Empfehlung, die physiologische, vaginale Geburt zu fördern.

Denn sie ist ein sehr fein abgestimmter Prozess, den die Evolution über Millionen von Jahren geschärft hat. Unsere Gehirne sind zwar stetig größer geworden und der aufrechte Gang hat den Prozess Geburt nicht gerade vereinfacht. Dennoch ist evidenzbasiert klar: eine physiologische Geburt ohne Komplikationen ist die beste Variante für Mutter und Kind. Wenn man eine Rangliste erstellen wollte, würde man auf Platz 1 die physiologische, vaginale Geburt ohne schwere Komplikationen stellen. Auf Platz 2 die geplante, primäre Sectio. Pauschalmedizin ist jedoch nicht das Ziel – in Einzelfällen kann es anders sein. Die Geburt ist eben nicht ganz einfach.

In einer zivilisierten Welt soll jede so gebären, wie sie es für passend hält, meint Ihre

Mandy Mangler