Es gibt mal wieder Ärger mit Krankenkassenregress-Forderungen. Das Corpus Delicti: Die sogenannten . Sie stammen ja ursprünglich aus der Diabetes-Therapie. Dort werden die besagten Medikamente schon lange sehr erfolgreich zur Diabetesbehandlung eingesetzt, natürlich hauptsächlich bei übergewichtigen Patienten. Und die meisten an Diabetes Erkrankten sind eben übergewichtig.
Inzwischen haben die Wirkstoffe die Zulassung zur Behandlung von bekommen – auch für Nicht-Diabetiker. Aber diese Patientengruppe muss diese Spritzen privat bezahlen. So ist der Stand: Für Diabetiker ist das Kassenleistung, für Adipositas-Patienten nicht. Eigentlich nicht logisch. Deutschland ist immerhin das erste Land, das Adipositas als chronische Erkrankung anerkannt hat. Dennoch wird die Behandlung von Adipositas weiterhin als Lifestyle-Behandlung bewertet – ähnlich wie Rauchentwöhnung und Behandlung von Potenzstörungen. Doch wir wissen alle: Adipositas birgt viele Risiken für Folgeerkrankungen, unter anderem ein exorbitant erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, sogar . Mein Appell ist: Die Präparate sofort zulasten der Kassen zuzulassen. Unvorstellbar, was diese Ausgabe für Geld sparen könnte! Wie viel seltener die Betroffenen allein zum Orthopäden müssten!
Die Menschen sind nicht selbst schuld daran, dass sie dick sind. Und auch der , der verantwortlich für seine Erkrankung ist, wird selbstverständlich so gut wie möglich behandelt. Aber gut. Wir haben jetzt diese Phase, in der dieses zweigleisige System gilt. Nun sind die Spritzen nicht gerade preiswert, das ist auch vollkommen in Ordnung, die machen ja einen guten Job. Sie kosten je nach Dosierung etwa 250 bis 400 Euro im Monat.
Und jetzt beginnen die Kassen, uns Hausärzten bitterböse Briefe zu schicken, weil wir angeblich Herrn X oder Frau Y eines der beiden Präparate verordnet haben, obwohl sie keine Diabetiker seien. Deswegen sollen die Kosten von rund 1200 Euro pro Quartal an die Kassen zurückerstattet werden. Das sind Drohbriefe, mit denen die Kassen versuchen, Kosten zu reduzieren. Es wird einfach behauptet: Dieser oder jener Patient habe gar keinen – und wir hätten geschummelt oder eine Gefälligkeitsdiagnose gestellt.
Gerade letzte Woche bekam ich einen solchen Brief für eine Patientin, die ich seit 2021 wegen Diabetes behandle – zuerst mit Metformin plus GLP1-Agonisten. Und weil sie neuerdings kein Metformin mehr bekommt, weil sie es nicht vertragen hat, konstruiert die Kasse, sie hätte gar keinen Diabetes.
Die Behauptung, dass ein Patient, den ich wegen Diabetes behandle, keinen Diabetes habe, ist eine unverfrorene Unterstellung, die mich wirklich fassungslos macht. Ich habe mit Ärzten gesprochen, und es zeigt sich: Das ist jetzt Standard. Kassen gucken, wo sie sparen können und versuchen, Ärzte einzuschüchtern. Eine Patientin, die bei der AOK arbeitet, bestätigt, dass diese Überprüfungen auf Rechtmäßigkeit der Verordnung von GLP-1-Agonisten jetzt grundsätzlich laufen, um zu sehen, ob wir getrickst haben. Das ist wirklich eine böswillige Unterstellung und ich bin stinksauer.
Das ist doch verkehrte Welt! Wenn Übergewichtige sich das Medikament nun selbst kaufen, ist das übrigens ein Dienst an der Gemeinschaft. Damit verhindert man nämlich die Entstehung von Diabetes, weil sie Gewicht verlieren. Das wäre tatsächlich eine erhebliche Kosteneinsparung. Eigentlich ist das eine Supertherapie, die man – überspitzt gesagt – ins Trinkwasser tun sollte. Mit den Spritzen nehmen Patienten bis zu 25 Prozent ihres Körpergewichtes ab. Das ist unglaublich viel. Damit wird sehr vielen weiteren Erkrankungen vorgebeugt. Somit ist die Jagd auf die eventuell nicht ganz korrekte Verschreibung der Medikamente ohnehin kontraproduktiv.
Im Übrigen sind auch gewisse Fehlerquellen im Vorzimmer nicht auszuschließen. Wir müssen die Präparate eben bei dem einen als Privatrezept und bei einem anderen als Kassenrezept ausstellen. Ein Präparat hat sogar zwei verschiedene Namen für die Behandlung von Adipositas und für die Behandlung von Diabetes – obwohl es exakt dasselbe Medikament ist. Ist nun eins der Präparate gerade nicht lieferbar, kann es passieren, dass der Apotheker denselben Wirkstoff mit dem anderen Namen herausgibt. Schon haben wir das Kuddelmuddel. Und der Arzt hat unbemerkt ein Diabetes-Präparat für einen Übergewichtigen auf Kassenrezept verschrieben.
Viele Kollegen werden sich jetzt sagen: Dann verordne ich das lieber meinen Diabetikern nicht mehr, sonst muss ich Einzelfall-Regresse fürchten und andauernd Briefe schreiben.
Ich habe inzwischen drei Regressforderungen. Und ich habe sofort Briefe zurück geschrieben. Ich habe einen Musterbrief entwickelt, in den ich nur noch die einzelnen konkreten Fälle einfügen muss. Das reduziert den Aufwand. Darin steht, dass ich leitliniengerecht vorgegangen bin, es besteht ein Diabetes und Übergewicht. Die Behandlung ist in der Firstline empfohlen, um die Entstehung von zu verhindern. Damit bin ich auf der sicheren Seite. Ich habe die Diagnosen, die Laborwerte selbstverständlich dokumentiert. Ich empfehle jedem Kollegen, das genauso zu tun. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass besonders junge Kollegen Angst vor dem Procedere haben. Denn die 1200 Euro Regress werden von ihrem Honorarkonto einfach erstmal einbehalten. Wenn deswegen die Verordnung eines sehr wichtigen Präparates eingestellt würde, wäre das wirklich sehr bedauerlich. Deswegen möchte ich Mut machen, sich zu wehren und auf diese Schreiben sofort und ganz entschieden zu reagieren.