Kabinett verabschiedet Klinikreform: Kontroversen über Kassen-Einfluss

Klinikreform-Kompromisse: Mehr Kassenbeteiligung, Länderflexibilität und ungelöste Finanzierungskonflikte setzen Spannungen frei.

Kabinett verabschiedet Klinikreform – etwas mehr Einfluss der Kassen bei Ausnahmen

Ungeachtet der inhaltlichen und zeitlichen Flexibilisierung für die künftige Krankenhausplanung der Länder hält die Bundesregierung an den ursprünglichen Zielen der Klinikreform fest: „Wir wollen eine bessere Bündelung von Leistungen und mehr Qualität in der Versorgung. Komplexe Eingriffe sollen in dafür spezialisierten Kliniken vorgenommen werden“, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken am Mittwoch nach dem Kabinettsbeschluss. Die ursprüngliche Reform habe allerdings den Praxischeck nicht bestanden, für die flächendeckende Versorgung auf dem Land seien Anpassungen notwendig geworden.

So sollen erweiterte Ausnahmen und Kooperationsmöglichkeiten für ländliche Krankenhäuser geschaffen werden. Die Länder können dabei von bundeseinheitlichen Strukturvorgaben abweichen. Neu ist, dass die Landesverbände der Krankenkassen dem zustimmen müssen und dass die Ausnahmen auf drei Jahre befristet sind. Die Länder sind dabei nicht mehr an die ursprünglich vorgesehenen Erreichbarkeitsvorgaben gebunden.

Die Regelungen zur Förderung der Spezialisierung in der Onkochirurgie werden angepasst: Der Gemeinsame Bundesausschuss kann für einzelne Indikationsbereiche eine niedrigere als die bisher vorgesehene Fallzahlgrenze für Krankenhäuser beschließen, die sonst einem partiellen Abrechnungsverbot unterliegen würden, weil sie die erforderliche Fallzahl nicht erreichen. Damit soll verhindert werden, dass möglicherweise sogar zertifizierte Zentren von der Versorgung ausgeschlossen werden.

Hinsichtlich der Finanzierung des Transformationsfonds ist der Bund den Ländern noch ein weiteres Stück entgegengekommen. Neben den bereits vorgesehenen 25 Milliarden Euro, die der Bund aus dem Sondervermögen Infrastruktur übernimmt, wird er zusätzlich für vier Jahre jährlich eine Milliarde Euro zur Entlastung der Länder zur Verfügung stellen. Ferner werden aus dem Transformationsfonds künftig auch Universitätskliniken gefördert, jedoch ausschließlich für krankenhausbezogene Strukturmaßnahmen. 

DKG und Kassen bleiben unzufrieden 

Ungeachtet der Korrekturen und Flexibilisierungen bleibt die Reform in der Kritik. Als „enttäuschend“ und ohne substanzielle Veränderungen, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart gewesen seien, bewertet die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) den vom Kabinett verabschiedeten Regierungsentwurf. Die Bundesländer würden in vielen Regionen nicht mehr in der Lage sein, eine eigenständige und am Bedarf der Bevölkerung ausgerichtete Krankenhausversorgung zu planen. Von eingeforderten Gestaltungsmöglichkeiten der Länder sei nur wenig umgesetzt worden. Die Kompetenz zur Krankenhausplanung übten künftig der Bund und die Krankenkassen aus, deren Zustimmung bei Ausnahmen von Strukturvorgaben erforderlich sei. 

Die Folge, so DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß, sei, dass Kliniken und der Grund- und Regelversorgung, , die ihr Leistungsspektrum einschränken müssten, keinen Ausgleich für den Wegfall von Erlösen erhalten. „Viele Kliniken stehen deshalb vor dem Aus.“ 

Genau das Gegenteil sieht der GKV-Spitzenverband: Mit dem aktuellen Gesetzentwurf würden die Bundesländer, die sich als Folge unzureichender Investitionsbereitschaft als unfähig erwiesen hätten, ihre Planungskompetenz auszuüben, weitreichende Ausnahmeregelungen erhalten. Statt in ganz Deutschland verbindlich geltende Mindeststandards einzuführen, sollen die Länder solche Vorgaben relativ frei unterschreiten können. Es sei allerdings zu begrüßen, dass Ausnahmen von der Erfüllung von Qualitätskriterien auf drei Jahre begrenzt seien und der Zustimmung der Krankenkassen bedürften.

Als völlig unverständlich wertet der GKV-Spitzenverband die geplante Streichung von bundeseinheitlichen Erreichbarkeitsvorgaben für Ausnahmen bei Qualitätskriterien. Die bewährten Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses, etwa für Sicherstellungszuschläge im ländlichen Raum, seien entscheidend, um die Versorgung in der Fläche zu gewährleisten. 

Bundesärztekammer: Risiko für die Weiterbildung

Die Bundesärztekammer bemängelt die immer noch unzureichende Berücksichtigung der ärztlichen Weiterbildung in den künftigen Finanzierungsstrukturen. Die Planung auf der Basis von Leistungsgruppen werde zu einer Zentralisierung weiterbildungsrelevanter Versorgungsinhalte führen. Notwendig seien verstärkte Kooperationen zwischen Kliniken und mit Praxen sowie Medizinischen Versorgungszentren in der ambulanten Medizin – was eine Verbundweiterbildung auch für Facharzt-Disziplinen erfordern würde. Hier gebe es aber arbeitsrechtliche Hürden, die praktikable Lösungen verhinderten.

Überwiegend positiv äußert sich der Verband der Universitätsklinika: Insbesondere die ihre Berücksichtigung bei der Förderung aus dem Transformationsfonds werten sie als Fortschritt im Vergleich zum Referentenentwurf. Insgesamt orientierte sich das Anpassungsgesetz mit den nun beschlossenen Änderungen wieder stärker an den ursprünglichen Reformzielen, bei denen Qualität und Leistungskonzentration im Mittelpunkt stehen müssten.