Klinikreform erneut zur Diskussion im Bundestag

Die Anpassung der Krankenhausreform durchläuft aktuell den Bundestag. Während die Regierung mehr Flexibilität und regionale Ausnahmen betont, kritisiert die Opposition eine Verwässerung der Qualitätsstandards. Vollständig wirksam wird die Reform erst 2030.

Nachjustierte Reform: Ausnahmen für ländliche Regionen und längere Übergangsfristen

Das Gesetz korrigiert und flexibilisiert die Ende 2024 unter Federführung von Ex-Bundesgesundheitsminister entwickelte und  beschlossene Krankenhausreform in wesentlichen Punkten:

Der Nachjustierungsbedarf, so argumentierte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Tino Sorge, am Donnerstag bei einem Symposion von Bayer und Vivantes in Berlin, habe sich als Kompromiss von reiner Leere und im Föderalismus notwendigen Pragmatismus ergeben. Er erwartet, dass die nach ihrem Inkrafttreten ein weiter lernendes System sei. Unausweichlich seien im Reformprozess Standortschließungen. 

„Dramatische Situation“ der Krankenhäuser

Nach den ersten sechs Monaten im Amt sieht Dr. Janosch Dahmen von Bündnis 90/Die Grünen „massive Versäumnisse“ in der Gesundheitspolitik der Bundesregierung, die zur Verunsicherung bei Bürgern, Patienten und Mitarbeitern im Krankenhaus geführt hätten. 

Versäumnisse und Zögerlichkeit nutze die bislang in der kaum sichtbare AfD, die den Gesundheitsausschuss mit Anträgen flute, in denen bereits vorliegende Konzepte kopiert und mit dem populistischen Narrativ auflade, die demokratischen Parteien seien zu Lösungen nicht fähig oder willens. Dieses Muster sei von anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa bekannt. 

Die Situation der Krankenhäuser sei dramatisch: Trotz eines Umsatzzuwachses in diesem Jahr von rund zehn Milliarden Euro – eine Steigerung, die nicht mehr weiter durchzuhalten sei – seien die meisten Kliniken defizitär. Die von der Bundesregierung vorgesehenen Instrumente seien zur Stabilisierung nicht ausreichend. Kritiker bemängeln, dass die geplante zusätzliche Förderung in Höhe von vier Milliarden Euro aus dem Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaschutz" weder die Strukturen noch die Qualität im Gesundheitswesen verbessere. Zudem stehe diese Maßnahme im Widerspruch zur gleichzeitigen Abschaffung der Meistbegünstigungsklausel bei der Berechnung anerkennungsfähiger Mehrkosten. Durch diese Änderung würden den Kliniken zur Entlastung der nahezu vier Milliarden Euro wieder entzogen – was die zusätzliche Förderung faktisch neutralisiere. „Die jetzige Reform verlängert das Leiden der Krankenhäuser und zementiert die Unsicherheit“, so Dahmen. 

“Ein Kniefall vor den Interessen der Länder”

Am Tag zuvor hatte Professor Armin Grau – auch er wie sein Fraktionskollege Janosch Dahmen – den Regierungsentwurf wegen der Aufweichung der Qualitäts- und Strukturkriterien scharf kritisiert. Absolut unverständlich vor dem Hintergrund der Corona-Epidemie sei beispielsweise die Abschaffung der geplanten Leistungsgruppe für Infektiologie. Der Gesetzentwurf sei „ein Kniefall vor den Interessen der Länder“. 

Völlig andere Reformvorstellungen haben Linke und AfD: Die Linke fordert eine konsequente Abschaffung des Fallzahlbezugs in der Vergütung der Kliniken zugunsten einer Erstattung aller anfallenden Personalkosten auf der Basis eines einheitlichen wissenschaftlich begründeten Konzepts zur bemessung. Die AfD sieht insbesondere die Existenzsicherung kleinerer Krankenhäuser in ländlichen Regionen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und fordert dafür eine Finanzierung aus Steuermitteln, die in der Entwicklungshilfe gespart werden könnten.