Die Medizin als CO2-Schleuder – das muss nicht sein

Der Klimawandel bringt zahlreiche neue medizinische Herausforderungen mit sich. Doch wie kann das Gesundheitssystem selbst die eigenen CO2-Emissionen reduzieren?

Medizin minimiert gesundheitliche Folgen des Klimawandels, trägt aber auch zur Erderwärmung bei 

Medizin und Gesundheitsversorgungsystem müssen in zweierlei Hinsicht mit Blick auf den Klimawandel und Umweltgefährdungen sensibilisiert werden: Sie müssen einerseits vulnerable Gruppen, beispielsweise Patienten in Krankenhäusern und alte Menschen, besser vor den Auswirkungen anhaltender Hitzeperioden schützen, andererseits aber auch den eigenen Mitteleinsatz und ihre Arbeitsweise auf ihren ökologischen Fußabdruck überprüfen. Darin waren sich Experten und Praktiker in ihren Statements vor Journalisten beim Internistenkongress in Wiesbaden am Montag einig.

Auf den Zusammenhang zwischen Hitzeperioden und Nierenerkrankungen machte Professor Jost Galle, Nephrologe am Klinikum Lüdenscheid, aufmerksam: Der Flüssigkeitsbedarf eines Menschen hänge entscheidend von seiner körperlichen Aktivität und der Temperatur ab. Besonders gefährdet seien sehr junge und alte Menschen, bei denen das Durstempfinden und dementsprechend das Trinkverhalten etwa durch hitzebedingten Flüssigkeitsbedarf noch nicht oder nicht mehr ausreichend vorhanden seien. Die Folge sei eine erhöhte Inzidenz Exsikkose-bedingten Nierenversagens. Bereits im Hitzesommer 2003 sei dieser Zusammenhang im französischen Gesundheitswesen eindeutig dokumentiert worden – in Frankreich sind deshalb Vorsorgepläne für Hitzeperioden zum Schutz vulnerabler Gruppen weitaus besser als in Deutschland entwickelt worden. 

Umgekehrt sei aber auch die Medizin Verursacher des Klimawandels. Galle nannte dazu auch sein eigenes Fach: Jede Dialysebehandlung erfordere den Einsatz von 150 Liter Wasser, das auf 37 Grad erwärmt werden muss. Weltweit errechnet sich daraus ein jährlicher dialysebedingter Wasserverbrauch von 156 Millionen Litern, 1,62 Milliarden Kilowattstunden Energieverbrauch und 625.000 Tonnen Plastikmüll.

Der ökologische Fußabdruck der Medizin

Die Kölner Hausärztin Dr. Susanne Balzer benannte globale Daten zur Umweltbelastung durch den Gesundheitssektor: In den USA hat dieser Sektor einen Anteil von 7,6 Prozent an den nationalen Emissionen, in Deutschland sind es 5,2 Prozent, im EU-Durchschnitt 4,7 Prozent. Innerhalb des Gesundheitssektors sind mit 71 Prozent Medizinprodukte die Hauptursache von Treibhausgas-Emissionen.  

Noch seien aber konsequente und systematische Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität nicht sehr verbreitet: Laut TK Report 2024 ermitteln nur 21 Prozent der Krankenhäuser ihre CO2-Emissionen. 

Auch unter ökologischen Aspekten: Choosing Wisely!

Es gebe durchaus positive Ansätze und Handlungsoptionen, um den Klimaschutz zu verbessern.