Wochenrückblick: Ärzteverbände wütend! TK-Sparprogramm zielt auf Honorare und Pharmaindustrie

Die Techniker Krankenkasse will mit einem umstrittenen Zehn-Punkte-Plan die Gesundheitskosten senken – vor allem zu Lasten von Vertragsärzten und Pharmaindustrie.

TK-Sparplan verärgert Vertragsärzte

Ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm mit schnell wirkenden Einsparungen in einem Volumen von acht Milliarden Euro, das die Techniker Krankenkasse am Dienstag vorgelegt hatte, erzürnt die KBV und die Verbände der niedergelassenen Ärzte. Die Hauptlast des Sparplans soll mit rund vier Milliarden Euro allerdings die Pharmaindustrie übernehmen.

Die wichtigsten Punkte:

Länder klagen gegen Mindestmengen – massive Kritik auch von Ärzten

Die Klage von Baden-Württemberg (federführend), Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Mindestmengenregelung für die perinatalmedizinische Versorgung von Frühchen hat erhebliche Bedenken des GKV-Spitzenverbandes, des Aktionsbündnisses Patientensicherheit und bei Perinatalmedizinern ausgelöst.Die drei Länder bewerten die 2020 vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene Erhöhung der Mindestmenge von 14 auf 25 bei Frühchen mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm als unzulässigen Eingriff in die Länderhoheit für die Krankenhausplanung. Diese neue Mindestmenge würde einige Level-1-Perinatalzentren nicht erreichen.

Genau das hat der unparteiische Vorsitzende des GBA, Josef Hecken, prompt zurückgewiesen. Mindestmengen dienten vielmehr der Erfüllung des sozialrechtlichen Qualitätsgebots und der Patientensicherheit. Rückendeckung bekommt Hecken vom GKV-Spitzenverband und vom Aktionsbündnis Patientensicherheit. Es gebe einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge, der Übung und Erfahrung des gesamten Behandlungsteams und der Vermeidung schwerwiegende und lebenslanger Komplikationen. Die äußerst seltenen (0,6 Prozent aller Neugeborenen) seien grundsätzlich planbare Ereignisse, bei denen die Mütter rechtzeitig zu einer geeigneten Klinik gebracht werden können, so Dr. Martin Krasney vom GKV-Spitzenverband. Beispielhaft sei dies von der Arbeitsgemeinschaft Neonatologie in Ulm umgesetzt worden: Danach werden Frühgeborene mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm von den im Verbund teilnehmenden Perinatalzentren nicht mehr selbst versorgt, sondern bereits vor der Geburt nach Ulm überwiesen. Bereits 2023 hätten sieben Professoren und Klinikchefs der größten Perinatalzentren Baden-Württembergs an Landesgesundheitsminister Manfred Lucha appelliert, die neue Mindestmenge umzusetzen und dabei das Ulmer Modell landesweit zu etablieren.   

Die Vorsitzende des Aktionsbündnisses, die Ärztin Dr. Ruth Hecker, stellt fest: „Das interdisziplinäre Zusammenspiel, von der Pflege über Anästhesisten bis zum Chirurgen, ist ein entscheidender Faktor zur Gewährleistung der Patientensicherheit. Je öfter interdisziplinäre Teams bestimmte Eingriffe geplant, durchgeführt und nachbetreut haben, desto größer ist die Routine und damit die Sicherheit. Der Zusammenhang ist eindeutig evidenzbasiert…Diesen Ansatz juristisch aushebeln zu wollen, ist aus Sicht des Aktionsbündnisses ein klarer Angriff auf die Patientensicherheit.“

Nierentransplantation: Überkreuz- und Kettenspenden sollen möglich werden

Mit einer Korrektur des Transplantationsgesetzes, für das das Bundesgesundheitsministerium nun einen Referentenentwurf vorgelegt hat, sollen künftig Überkreuz- und Kettenspenden von lebenden Nierenspendern möglich werden. Nach der bislang geltenden restriktiven Regelung sind Lebendspenden nur bei biologischer Kompatibilität und im engen persönlichen Umfeld erlaubt. Diese im europäischen Vergleich restriktive Gesetzeslage hat zusammen mit dem völlig unzureichenden Spendenaufkommen von Gestorbenen dazu geführt, dass mehr als 10.000 Patienten auf eine Spenderniere mehr als zehn Jahre warten müssen. Die Bundesregierung greift nun weitgehend eine vom Deutschen Ethikrat vorgeschlagene Erweiterung der im Rahmen von Kreuz- und Kettenspenden untereinander nicht bekannter Personen auf. Das wurde von der Bundesärztekammer und Transplantationsmedizinern bei der Verbändeanhörung ausdrücklich begrüßt. 

Wissenschaftlich sind solche Modelle inzwischen gut untersucht. Bahnbrechend zu den Möglichkeiten der Marktgestaltung durch Matching sind die Arbeiten des US-Spieltheoretikers und Nobelpreisträgers Alwin E. Roth, die er in seinem Buch „Wer kriegt was und warum?“ (Siedler-Verlag, 2015) dargelegt hat und dabei auch Matching-Methoden für die Organisation von Nierenspenden bis hin zur bezahlten Organspende untersucht hat.

Keine Hinweise für Terminvergabe gegen Extra-Geld

Die Bundesregierung verfügt über keine Hinweise darüber, dass Arztpraxen für die bevorzugte Vergabe von Terminen von gesetzlich Versicherten Geld verlangen. Man plane aber, mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Aufsichtsbehörden der Länder in einen Austausch zu gehen, heißt es in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage. Die Terminvergabe durch private Anbieter und deren Entwicklung würden aufmerksam beobachtet.  Es sei festgestellt worden, dass von diesen Organisationen Kassenversicherten Termine für selbstzahlende Personen angeboten werden. In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte Primärarztsystem auch mit dem Ziel einer schnelleren Terminvergabe und kürzerer Wartezeit bei einer Überweisung durch den Hausarzt.

Prävention: Koalition „ohne Gestaltungswille“

Eine „ernüchternde Bilanz“ nach den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung hat die Deutsche Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK) zur Präventionspolitik gezogen. Es mangelt „weiterhin an politischem Gestaltungswillen“. DANK-Sprecherin Barbara Bitzer verweist in diesem Zusammenhang auf besorgniserregende Entwicklungen:

Statt auf diese Entwicklungen mit einer konsequenten Verhältnisprävention zu reagieren, bleibt es unverändert bei einer „bunten Projektitis, immer neuen Modellvorhaben, Appellen an die Freiwilligkeit und mehr Aufklärung“ – eine dringend notwendige Kurskorrektur bleibe jedoch aus, so Bitzer. Die zentralen Forderungen von DANK: