Dringenden Handlungsbedarf sieht die Sepsis-Stiftung in der Prävention und Behandlung der häufig tödlich verlaufenden schweren Infektion. Entgegen dem internationalen Trend in Industriestaaten ist in Deutschland die Sepsis-Sterberate von 148 im Jahr 1990 auf 163 in 2019 und im Pandemiejahr 2021 auf 243 je 100.000 Einwohner gestiegen. In Norwegen sank die Ziffer zwischen 1990 und 2019 von 177 auf 137, in der Schweiz von 128 auf 116, stieg jedoch in beiden Ländern in 2021 wieder an. Grundlage der Daten ist ein im Lancet erschienener Bericht zur „Globalen, regionalen und nationalen Sepsishäufigkeit und -sterblichkeit (1990 – 2021)“. Mit 211.000 Todesfällen in Deutschland (2021) ist Sepsis eine der häufigsten Todesursachen. Auch bei Neugeborenen ist das Mortalitätsrisiko aufgrund einer Sepsis mit 12/100.000 Geburten international weit überdurchschnittlich hoch. Nach Auffassung der Stiftung Sepsis müsste das Problem in Deutschland entsprechend der seit 2017 von der WHO verabschiedeten und von der Bundesregierung mitgetragenen Sepsis-Resolution konsequent priorisiert werden. Verantwortlich dafür seien Bund, Länder und der Gemeinsame Bundesausschuss.
Die Komplikationsrate nach vollständiger Entfernung der Prostata aufgrund einer Krebserkrankung variiert in deutschen Kliniken extrem. Wie eine Analyse von Abrechnungsdaten durch das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen – ausgewertet wurden 17.600 Fälle zwischen den Jahren 2021 und 2023 – zeigt, kam es im besten Fünftel der 189 Krankenhäuser bei 6,4 Prozent der Eingriffe zu Komplikationen, im schlechtesten Fünftel in 23 Prozent. Erfasst wurden dabei jene Patienten, bei denen innerhalb von 30 Tagen nach der Operation eine Bluttransfusion als Folge starker Blutungen notwendig war. Ferner wurden ungeplante Folgeoperationen im ersten Jahr nach dem ersten Eingriff erfasst. Nach Berechnungen des AOK-Instituts hätten 480 Komplikationen vermieden werden können, wenn die Patienten, die in unterdurchschnittlichen Krankenhäusern operiert worden waren, den Eingriff in den überdurchschnittlichen Kliniken hätten durchführen lassen. Keine Auskunft geben die Abrechnungsdaten über andere wichtige Qualitätsparameter: die Wiedererlangung der Kontinenz und die Erhaltung der Potenz.
Lebendnierenspenden sollen künftig auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren überkreuz möglich sein. Einen entsprechenden Entwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Das Ziel ist, den Kreis der möglichen Organspender und -empfänger zu erweitern und ein nationales Programm für die Überkreuz-Lebendnierenspende zu etablieren. Zudem wird die sogenannte nicht gerichtete anonyme Nierenspende in Deutschland ermöglicht. Der Spender kennt den Empfänger nicht und hat keinen Einfluss darauf, wer die Spende erhält. Die Organisation der Überkreuz-Spende und der anonymen Nierenspende obliegt den Transplantationszentren.
Zum Spenderschutz werden die Regelungen zur Aufklärung entsprechend erweitert, insbesondere wird eine psychosoziale Beratung und Evaluation der Spender eingeführt. Sie müssen während des gesamten Spendeprozesses und nach der Spende individuell betreut werden.
Eine Lebendnierenspende soll, wenn der Spender zu einem späteren Zeitpunkt selbst eine Nierentransplantation benötigt, bei der Vermittlung postmortal gespendeter Nieren angemessen berücksichtigt werden. Näheres soll in Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt werden.
Zur besseren und systematischeren Nutzung von Daten aus gesetzlichen Medizinregistern und Registern der Forschungsinfrastruktur hat das Bundesgesundheitsministerium jetzt den Referentenentwurf für ein Medizinregistergesetz fertiggestellt und in die Ressortabstimmung gegeben. Das Gesetz schafft auch die Grundlagen zur Bildung eines einheitlichen Pseudonyms, das die Verknüpfung von Daten aus einem Medizinregister mit anderen Datenquellen erleichtert. Qualifizierte Medizinregister können zu festgelegten Zwecken miteinander kooperieren und Daten anlassbezogen zusammenführen und gemeinsam nutzen. Insgesamt soll damit die Datenverknüpfung und somit die Aussagekraft von Registerdaten verbessert werden. Zur Umsetzung des Gesetzes wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel ein Zentrum für Medizinregister eingerichtet.
55 Prozent der Bundesbürger halten den Plan der Bundesregierung, ein Primärarztsystem einzuführen, bei dem Hausärzte die fachärztliche Inanspruchnahme steuern, für richtig. Das ergab eine Umfrage des forsa-Instituts im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. 79 Prozent der Befragten, unter den Menschen über 690 sogar 84 Prozent, sagten, ihnen sei ein fester Ansprechpartner wichtig, der sie bei wichtigen gesundheitlichen Problemen berate und durch das System lotst. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, hält das für eine gute Ausgangslage für die angestrebte Reform.
Erhebliche Orientierungslosigkeit und fehlende Steuerung im System zeigen die Umfrageergebnisse für sprechstundenfreie Zeiten und an Wochenenden/Feiertagen. Fast ein Drittel der Befragten gab an, auch bei nicht lebensbedrohlichen Notfällen, etwa ausgeprägtem Fieber, die Notaufnahme eines Krankenhauses oder sogar den Rettungsdienst über die 112 in Anspruch zu nehmen.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will nun in den Novellierungsprozess der Gebührenrennordnung für Ärzte starten. Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt begrüßte die Ankündigung. Nach einem realistischen Zeitplan, wie ihn sich das Ministerium vorstellt, dürfte die Reform erst 2027 – im übernächsten Jahr – für Ärzte, Privatversicherte und Kostenträger wirksam werden. Obwohl der vom Bundesgesundheitsministerium geforderte Konsens zwischen Ärzten, PKV und Beihilfe über alle Details der Reform inzwischen seit geraumer Zeit vorliegt und der Prozess der Konsensbildung über Jahre hinweg zumindest für Experten, auch die des Ministeriums, transparent war, benötigen die Ministerialbeamten nun offenbar noch bis Mitte nächsten Jahres, so Warken, bis dem Bundeskabinett eine beschlussreife Vorlage für eine neue Rechtsverordnung vorliegt. Im Anschluss daran müssen die Bundesländer zustimmen, deren Beihilfe finanziell in besonderer Weise betroffen ist. Eine weitere Voraussetzung für eine rechtssichere Anwendung und einen erfolgreichen Start sind intensive Schulungen der Ärzte, die ebenfalls Zeit erfordern werden.
Von ärztlicher Seite wird die Reform seit mehr als 20 Jahren gefordert. Die letzte Generalüberarbeitung der GOÄ wurde 1982 beschlossen. In den 2000er Jahren blockierte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eine Reform. Ihre Nachfolger waren prinzipiell der Reform gegenüber aufgeschlossen, machten aber einen konsentierten Entwurf von Bundesärztekammer und Kostenträgern zur Voraussetzung. Dieser Prozess dauerte mehr als ein Jahrzehnt und war mehrfach vom Scheitern bedroht.