Wochenrückblick: Demografischer Wandel und Gesundheitsreformen

Deutschland altert rasant. Gleichzeitig stehen große Reformen in Pflege, Notfallversorgung und Arzneimittelpolitik an.

Demografische Entwicklung: Herausforderungen für Jahrzehnte

Die Tatsache ist seit den 1980er Jahren bekannt: Deutschland wird unweigerlich altern und hätte sich längst darauf einstellen müssen. Aber nun bestätigt die aktuelle am Donnerstag vom Statistischen Bundesamt vorgestellte 16. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung: In den nächsten zehn Jahren steht Deutschland vor der heißen Phase einer dramatischen Alterung. Die wichtigsten Daten:

Bund-Länder-Plan für einen „Zukunftspakt Pflege“

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Pflegereform“ hat sich am Donnerstag in Berlin auf Handlungsoptionen verständigt, die laut der ebenfalls beschlossenen Roadmap in den ersten Monaten 2026 mit den betroffenen Organisationen mit Blick auf die Praxis beraten werden sollen, die das Bundesgesundheitsministerium verpflichten, einen abgestimmten Vorschlag zur künftigen Finanzierung der Pflege vorzulegen und die in ein Gesetz zur grundlegenden Reform von Finanzierung und Leistungsstruktur der Pflege bis Ende 2026 münden sollen. 

Als Handlungsoptionen hat die Arbeitsgruppe identifiziert:

Notfallversorgung: Reform dringend, Pläne aber noch korrekturbedürftig

Grundsätzlich halten alle Organisationen die Reform der Notfallversorgung und dabei auch eine Neuordnung des Rettungsdienstes für dringend notwendig. Dieser dritte Reformversuch müsse nach vielen Jahren nun gelingen, forderte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, bei der Verbändeanhörung zum vorliegenden Referentenentwurf. Die wesentlichen Korrekturwünsche:

AOK plädiert für eine Revision des AMNOG und der Preisregularien

Der AOK-Bundesverband fordert zur Stabilisierung der Arzneimittelausgaben, gestützt auf den Daten und Analysen des am Dienstag veröffentlichten „Arzneimittel-Kompass 2025“ seines Wissenschaftlichen Instituts, kurzfristig eine Erhöhung der Herstellerrabatte für patentgeschützte Arzneimittel auf 16 Prozent und mittelfristig eine grundlegende Überarbeitung der 2011 wirksam gewordenen Erstattungsregelungen für neue Wirkstoffe nach dem AMNOG. 

Zur Begründung wird angeführt, dass das Wachstum der Arzneimittelausgaben seit 2011 von 125 Prozent ganz wesentlich von neuen Wirkstoffen beeinflusst ist. So lag der Umsatzanteil patentgeschützter Arzneimittel 2024 bei 54 Prozent der gesamten Arzneimittelausgaben von knapp 60 Milliarden Euro, der Anteil verordneter Tagesdosen jedoch nur bei sieben Prozent. Grund sei, dass es zunehmend zu einer Entkoppelung zwischen Preis und Zusatznutzen komme und dass Hersteller Umgehungsstrategien entwickelt hätten. 

Eine der Umgehungsstrategien sei die „Orphanisierung“ beim Markteintritt, um sich das Orphan-Privileg zunutze zu machen, wonach der Zusatznutzen bei einem anerkannten Orphan Drug bis zu einem Umsatz von 30 Millionen Euro als belegt gilt. Als Indiz dafür sieht das AOK-Institut die Tatsache, dass von den 42 Neueinführungen im vergangenen Jahr 24 Orphan Drugs waren. 

Als Reformoptionen werden vorgeschlagen:

Europäische Union: Umfassende Reform der Arzneimittel-Gesetzgebung

Nach dem Abschluss des Trilogs zwischen dem EU-Parlament, dem Ministerrat und der Kommission wird die gesamte EU voraussichtlich im nächsten Jahr neue Rahmenbedingungen für die Zulassung und Vermarktung von Arzneimitteln bekommen. Wesentliche Ziele der Reform waren es, zum einen den Zugang und die Verfügbarkeit von Arzneimittelinnovationen, die in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten extrem unterschiedlich ist (Deutschland schneidet hier bei weitem am besten ab), zu verbessern und zum anderen die Entwicklung von neuen antibiotischen Wirkstoffen vor dem Hintergrund weltweit zunehmender Antibiotika-Resistenzen zu fördern. Die Maßnahmen im Einzelnen: