Die Krankenkassen erhalten in diesem Jahr keine zusätzlichen Bundesmittel über die bereits geplanten Darlehen hinaus. Dadurch entsteht eine Finanzlücke von rund vier Milliarden Euro. Der GKV-Spitzenverband warnt, dass dies zu weiteren Beitragssatzerhöhungen führen könnte. Nach den Beratungen des Kabinetts zu den Bundeshaushalten 2025 und 2026, die in der vergangenen Woche abgeschlossen wurden, ist auch für das nächste Jahr keine nachhaltige Hilfe zu erwarten: Der Zuschuss an den Gesundheitsfonds bleibt – wie seit Jahren – bei 14,5 Milliarden Euro stabil, geplant ist lediglich ein Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro an den Fonds. Für die ebenfalls unter Finanzdruck stehenden Pflegekassen ist für dieses Jahr ein Darlehen von 500 Millionen Euro, im nächsten Jahr eines von 1,5 Milliarden Euro geplant.
Angesichts dieser Ausgangslage gerät Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zunehmend unter Druck. Unmissverständlich lehnte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei der Vorstellung der beiden Etats Forderungen nach zusätzlichen Finanzmitteln für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ab und mahnte zügige strukturelle Reformen zur Stabilisierung an. Eine nach dem Koalitionsvertrag vorgesehene Kommission, die für die Pflegeversicherung Lösungskonzepte erarbeiten soll, ist inzwischen gebildet, für die gesetzliche steht dies noch aus. Laut Koalitionsvertrag sollten diese Kommissionen erst im Frühjahr 2027 Vorschläge vorlegen. Würde dem gefolgt, würden entsprechende Sparinstrumente frühestens 2028 wirksam werden.
Nahezu alle KVen haben in den letzten Wochen eine Impfvereinbarung für den viervalenten Meningokokken-B-Impfstoff 4CMenB in dem 2020 von der EU zugelassenen 2+1-Impfschema für Säuglinge abgeschlossen. Grundlage dafür ist eine entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission von 2024, die der Gemeinsame Bundesausschuss in die Schutzimpfungsrichtlinie übernommen hatte. Dr. Stefanie Frick, Head of Healthcare Relations des Herstellers GlaxoSmithKline, erklärt, dass damit nun in 15 von 17 KVen sichergestellt ist: Der Impfstoff kann als Sprechstundenbedarf bezogen und die über den EBM abgerechnet werden. Eine Ausnahme bildet Mecklenburg-Vorpommern, wo die Abrechnung weiterhin über ein Privatrezept und die GOÄ erfolgt, die Kosten dafür aber von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Als besonders vorbildlich wertet Frick Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, wonach die Vertragspartner vereinbart haben, dass bereits mit Inkrafttreten und Veröffentlichung der Schutzimpfungsrichtlinie eine Impfung als Kassenleistung zur Verfügung steht, ohne dass dazu bereits eine Impfvereinbarung getroffen sein muss. Die Honorarmodalitäten werden dann im Nachhinein vereinbart. Der erleichterte Zugang zur Impfleistung hat die Impfraten zwischen Januar 2024 und Mai 2025 deutlich erhöht und in vielen Regionen verdoppelt. Spitzenreiter sind die KVen Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen, die Impfraten zwischen 83 und 94 Prozent erzielen. Schlusslicht ist Berlin, das aktuell erst 49 Prozent erreicht.
Meningokokken-B-Infektionen sind zwar eine relativ unwahrscheinliche, aber sehr schwerwiegende Erkrankung. Nach einem Rückgang der Infektionszahlen während der Corona-Pandemie steigt die Fallzahl jedoch wieder deutlich über das Vorpandemie-Niveau hinaus: auf 344 Fälle im vergangenen Jahr und auf 214 Fälle bis zum 31. Juli dieses Jahres. Etwa jede zehnte Erkrankung verläuft tödlich. Jedes fünfte Kind ist von schwerwiegenden Folgen wie Erblindung, Hörverlust oder Amputationen betroffen.
Im Durchschnitt ist die Hauptstadt mit Hausärzten zwar gut versorgt, die Praxen verteilen sich laut einer Antwort des Gesundheitssenats auf eine parlamentarische Anfrage der Linken aber sehr ungleichmäßig über die Stadt. Während im wohlhabenderen Westen und Südwesten Versorgungsgrade von über 100 Prozent registriert werden (Charlottenburg-Wilmersdorf 121 Prozent), sinken die Versorgungsgrade im Osten der Stadt: in Marzahn-Hellersdorf binnen fünf Jahren von 90 auf 80,5 Prozent. Einen ähnlichen Trend gibt es bei Kinderärzten: Hier sank der Versorgungsgrade von 100 auf 90 Prozent, in Treptow-Köpenick im Südosten sogar auf weniger als 80 Prozent. Ganz Berlin ist ein einziger Planungsbezirk, eine kleinteilige Bedarfsplanung wurde bereits vor rund 30 Jahren aufgegeben. In der Folge verlegten Ärzte ihre Praxen vor allem in südwestliche Stadtteile. Am ausgeprägtesten war die Umsiedlung bei Psychotherapeuten.
Mit gleich zwei Maßnahmen gefährdet US-Präsident Donald Trump internationale Arbeitsteilung und Lieferketten bei der Versorgung mit Arzneimitteln. Ein Element davon ist der am Sonntag vor einer Woche mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgehandelte allgemeine Importzoll von 15 Prozent, der auch – von wenigen, noch nicht näher bekannten Ausnahmen abgesehen – für Arzneimittel gelten soll. Bislang sind Arzneimittel generell von Zöllen ausgenommen. Verbände der pharmazeutischen Industrie sprechen von möglichen Milliardenverlusten. Ursächlich dafür ist die extrem hohe internationale Arbeitsteilung in der gesamten Wertschöpfungskette bei der Herstellung von Arzneimitteln, die dazu führt, dass ein sowie die dafür benötigten Grund- und Hilfsstoffe während des Produktionsprozesses mehrfach die Ländergrenzen quert. Künftig wären bei jeder Grenzüberschreitung von der EU in die USA ein Zoll von 15 Prozent auf den jeweiligen Warenwert zu entrichten. Welches Ausmaß das erreichen könnte, lässt sich an Außenhandelszahlen ablesen: So lag der Exportwert der aus Deutschland in die USA gelieferten Arzneimittel 2023 laut BPI-Pharmadaten bei 23,3 Milliarden Euro. Müsste darauf Zoll gezahlt werden, würde dies zu Zahlungen an die US-Staatskasse von 3,5 Milliarden Euro führen. Ob die Industrie diese Kostenerhöhungen an die Versicherungen überwälzen kann, ist jedoch fraglich.
Denn Trump verfolgt zugleich die Implementation eines neuen Preismodells: Das Most Favoured-Nation-Modell (MFN). Dies macht die niedrigsten international verfügbaren Preise in Industrienationen zum neuen Preisanker für die Arzneimittelpreise in den USA. Bereits Vorgängerregierungen hatten mit diesem Modell geliebäugelt. Hintergrund ist, dass das Preisniveau auf dem weltweit größten Arzneimittelmarkt (Volumen 2024: 570 Milliarden Euro) weit über dem anderer Industrienationen liegt, US-amerikanische Versicherungen und staatliche Gesundheitsprogramme wie Medicaid demzufolge wesentlich höhere Anteile für Forschungs- und Entwicklungsarbeit tragen. Deutsche Pharma-Verbände warnen allerdings vor dem neuen Modell der Preisreferenzierung: Dies könne dazu führen, dass Hersteller die Lieferung ihrer Arzneimittel in ärmere Industrieländer mit niedrigem Preisniveau stoppen könnten, um zu verhindern, dass deren Preise zum Anker von US-Preisen werden.