Angesichts erneut drohender Beitragssatzsteigerungen zum Jahreswechsel – der Zusatzbeitrag könnte dann trotz eines Darlehens des Bundes an die Kassen die Drei-Prozent-Grenze überschreiten – fordert der GKV-Spitzenverband in einem an das Bundesgesundheitsministerium gerichteten Schreiben die strikte Anbindung der Ausgabenzuwächse an die Grundlohnentwicklung. Das wäre eine vollständige Abkehr von dem 2009 vollzogenen Paradigmenwechsel von der einnahmenorientierte zur morbiditätsorientierten Ausgabenpolitik – und damit die Rückkehr zur langen Phase der Budgetierung der ärztlichen Honorare, wie sie der damalige Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer 1993 eingeführt hatte. Betroffen wären insbesondere die extrabudgetäre Vergütung – etwa ein Drittel des gesamten Honorarvolumens –, die Entbudgetierungen der Honorare von Haus- und Kinderärzten, aber auch sich aus strategischen Gründen dynamisch entwickelnden Leistungsbereiche wie die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung, mit der im ambulanten Sektor hochkomplexe innovative Medizin in neuen Organisationsformen umgesetzt wird.
Ärzteverbände reagierten daher unisono ablehnend auf den Vorstoß des GKV-Spitzenverbandes. Ein solcher Paradigmenwechsel gehe zu Lasten der Versicherten, so der KBV-Vorstands. Die Kassen kündigten mit ihren Vorschlägen die Grundlage einer partnerschaftlichen gemeinsamen Selbstverwaltung auf. Dem neuen Vorstandsvorsitzenden des GKV-Verbandes, Oliver Blatt, warf die KBV eine Kehrtwende vor: Denn noch zum Start in sein neues Amt habe dieser erklärt, keine Nullrunde bei den Ärzten fahren zu wollen.
Der Grundsatz der einnahmenorientierten Ausgabenpolitik lässt sich, wie die Erfahrungen mit der Seehofer-Gesetzgebung belegen, einzig bei den Vertragsärzten aufgrund der besonderen Abrechnungsbedingungen realisieren. Für die Arzneimittelversorgung – dem zweitgrößten Ausgabenblock der GKV – hat er nicht funktioniert. Völlig unklar ist, wie eine Ausgabenbudgetierung zusammen mit einer Strukturreform der Krankenhausversorgung und einem strategisch notwendigen Ausbau der ambulanten Versorgung kombiniert werden könnte.
In einem Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestages hat der Bundesrechnungshof Finanz- und Sozialpolitiker der Koalition aufgefordert, zügiger und ambitionierter Strukturreformen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung umzusetzen. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Plan, nach dem die Reformen frühestens 2028 wirksam würden, sei angesichts der kritischen Finanzlage der GKVB nicht angemessen. Inzwischen hat das Bundesgesundheitsministerium reagiert und versucht, den Zeitplan zu beschleunigen: So soll die für die GKV geplante Reformkommission bereits bis Ende 2025 berufen sein, Vorschläge sollen 2026 in Gesetze einfließen, sodass Reformen bereits 2027 wirksam werden könnten.
Kritisch sehen die Rechnungsprüfer auch die für 2025 beschlossenen und für 2026 geplanten Kredite des Bundes von je 2,3 Milliarden Euro an die GKV. Damit löse der Bund ein aktuelles Finanzierungsproblem zu Lasten der Zukunft und verschiebe Lösungen auf künftige Legislaturperioden.
Nach Daten des Statistischen Bundesamt versorgt ein Hausarzt im Durchschnitt 1264 Einwohner. Dabei ist die Versorgungsquote in den letzten Jahren nahezu unverändert geblieben. Gleichwohl könnten die Praxen im Zeitverlauf intensiver in Anspruch genommen worden sein – aufgrund steigenden Durchschnittsalters und wachsender Morbidität. Ein Primärversorgungssystem mit erweiterten Zuständigkeiten für Hausärzte könnte diese vor zusätzliche Herausforderungen stellen.
Die Versorgungsdichte weist starke regionale Unterschiede auf: Sie ist am niedrigsten in Brandenburg, wo ein Arzt 1436 Einwohner versorgt, am höchsten in Bayern (1114) und Hamburg (1118).
Sorge bereitet das hohe Durchschnittsalter der Hausärzte: 27.000 oder knapp 41 Prozent waren im vergangenen Jahr 60 Jahre und älter, 18,5 Prozent sogar über 65. Nur 5100 Hausärzte (7,7 Prozent) sind jünger als 40 Jahre. Besonders hoch ist der Anteil älterer Hausärzte in Rheinland-Pfalz (48 Prozent) und im Saarland (45,4 Prozent über 60).
Nach Daten des Robert Koch-Instituts und nach Auswertungen von Abwasseranalysen ist aktuell die Zahl der Corona-Infektionen leicht gestiegen, erreicht allerdings nicht das Vorjahresniveau. Mit einer weiteren Zunahme rechnen Experten in der bevorstehenden Herbstsaison. Unter den verschiedenen Varianten ist inzwischen die neue XFG-Variante, auch Stratus genannt, dominant. Dazu hat Biontech einen angepassten Impfstoff entwickelt, Comirnaty LP.8.1, der ab dem 15. September in den Apotheken verfügbar sein wird und dann auch an Ärzte geliefert werden kann. Bestellungen können schon jetzt aufgegeben werden.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt diese Impfung für Personen über 60 sowie für Patienten, die an schweren Grunderkrankungen leiden.
Unter allen Berufen hält sich das Ansehen von Ärzten in der Bevölkerung auf Spitzenniveau: 82 Prozent der Bürger bescheinigen ihnen aktuell ein hohes Ansehen (2020: 27 Prozent). Unverändert auf dem Spitzenplatz landen Feuerwehrleute (92 Prozent) und Krankenpflegekräfte (89 Prozent). Eine dramatische Verschlechterung in den vergangenen fünf Jahren müssen Journalisten und Politiker zur Kenntnis nehmen: Ihre Ansehenswerte schrumpften von 42 auf 29 sowie von 24 auf 11 Prozent.