Wochenrückblick: Praxisgebühr-Comeback, Sparmaßnahmen und Blockaden im Bundesrat

Warken plant Praxisgebühr, Länder blockieren Kostendämpfungspaket, SPD will Facharzt-Honorare kürzen und Kritik an der Notfallreform.

Warken erwägt Neuauflage der Praxisgebühr

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken erwägt zur Kostendämpfung und besseren Steuerung der Patientenversorgung die Neuauflage einer modifizierten Praxisgebühr sowie höhere Zuzahlungen in der Arzneimittelversorgung. Gedacht ist daran, dass Patienten, die ohne Überweisung einen Facharzt in Anspruch nehmen, künftig eine Gebühr abzuverlangen. Diese Regelung soll in das geplante Gesetz für die Etablierung eines Primärversorgungssystems mit verbindlicherer Steuerungswirkung eingebaut werden. Für möglich hält sie auch eine Variante, bei der Patienten, die vor einer Facharzt-Konsultation den Hausarzt kontaktieren, einen Bonus erhalten. Darüber hinaus kündigte sie am Rande des Deutschen Krankenhaustages in Düsseldorf für das kommende Jahr weitreichende Einsparungen zur Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung an. Damit soll der anhaltende Trend zu Beitragssatzerhöhungen gestoppt werden. 

Der Vorstoß Warkens löste bei der SPD-Bundestagsfraktion sogleich den zu erwartenden Reflex aus: Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Dr. Christos Pantazis warnte vor weiteren finanziellen Hürden und bürokratischen Belastungen der Praxen. Steuerung dürfe nicht über den Geldbeutel, sondern müsse durch Strukturen gesichert werden. Auch die KBV und der GKV-Spitzenverband lehnen eine Praxisgebühr ab. 

Länder blockieren Spargesetz und rufen Vermittlungsausschuss an

Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss zu dem "Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege" angerufen. Dieses Gesetzesvorhaben umfasst auch das Kostendämpfungspaket, das die gesetzliche Krankenversicherung entlasten soll. Der Grund dafür ist eine Regelung, die den Krankenhäusern im kommenden Jahr etwa 1,8 Milliarden Euro Erlös entziehen soll. Dies geschieht dadurch, dass die Refinanzierung der Sachkosten in Kliniken auf die tatsächliche Kostenentwicklung beschränkt wird und nicht die Option besteht, den Erlöszuwachs an eine höhere Prognose des Statistischen Bundesamtes zu binden. Diese Sparmaßnahme steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zur geplanten Krankenhausreform, in deren Rahmen den Kliniken Soforttransformationskosten in Höhe von zwei Milliarden Euro zufließen sollen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken verwies in Reaktion auf die Entscheidung des Bundesrates darauf, dass trotz der von der Bundesregierung geplanten Einsparungen der Erlöszuwachs der Krankenhäuser im kommenden Jahr bei acht Milliarden auf dann 120 Milliarden Euro liegen werde. 

Virchowbund: Neuer Ärger beim Facharzt-Honorar

Im Rahmen der Beratungen des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat, der sich nach seiner Anrufung durch die Länder mit dem Sparpaket der Bundesregierung zur Entlastung der Krankenkassen befassen muss, hat die SPD-Arbeitsgruppe Gesundheit den Antrag eingebracht, Kürzungen bei den fachärztlichen Honoraren vorzunehmen. Dabei sollen die mit dem Terminservicegesetz eingeführten extrabudgetären Zuschläge für die Vermittlung von dringenden Behandlungsfällen vom Haus- zum Facharzt abgeschafft werden. Die SPD hintertreibe damit die Ziele der Koalition für eine bessere Patientensteuerung, so der Virchowbund-Vorsitzende Dr. Dirk Heinrich. Nach der Abschaffung der Neupatientenregelung wäre dies der zweite Schritt in eine komplett falsche Richtung.  

Bundesausschuss erweitert Stufensystem für Notfallversorgung

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit Beschluss vom Donnerstag die bislang drei Stufen der Notfallversorgung – Basis, erweitert und umfassend – um eine Stufe „Nicht-Teilnahme“ erweitert. Erfüllen Krankenhäuser die dafür vorgesehenen Mindestvorgaben, können sie zwar an der Notfallversorgung teilnehmen. Krankenhäuser, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, gehören zur Kategorie „Nicht-Teilnahme und müssen mit Abschlägen rechnen. Zu den Mindestvorgaben der neu geschaffenen Stufe zählen entweder das Vorhalten einer Kombination von Fachabteilungen aus den Bereichen Chirurgie und Innere Medizin oder eine spezielle eigenständige Fachabteilung wie beispielsweise Augenheilkunde oder Dermatologie, die im Rahmen ihres Versorgungsauftrags eigenständig Notfälle aus ihrem Fachgebiet versorgen können. Notwendig ist zudem angestelltes und jederzeit vor Ort verfügbares ärztliches und pflegerisches Personal für die Notfallversorgung sowie eine Labor- und Bilddiagnostik.   

Kinderärzte kritisieren inkonsequente Reform der Notfallversorgung 

Der kürzlich vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte und in die Ressortabstimmung gegebene Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung ist aus Sicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte inkonsequent und beseitigt nicht die Ursachen der Überlastung von Notfalleinrichtungen durch Bagatellfälle. Insofern entspricht der Entwurf – trotz einer Überarbeitung des noch von der Ampelkoalition entwickelten Reformkonzepts – nicht den Zielen des Koalitionsvertrags, mit dem eine effektive Patientensteuerung etabliert werden sollte. So bleibe es dabei, dass jeder vermeintliche Notfallpatient berechtigt sei, ohne eine vorherige professionelle Einschätzung von Dringlichkeit und Schwere aufgrund eigener Einschätzung ein Integriertes Notfallzentrum in Anspruch zu nehmen. Es fehle nach wie vor eine verbindliche Zugangssteuerung in Notfalleinrichtungen. Die Leidtragenden seien Menschen in echten Notsituationen. Es sei verantwortungslose Verschwendung, dass auch der eindeutigste Bagatellfall nicht aus den Räumlichkeiten des INZ heraus verwiesen werden kann, so Dr. Michael Hubmann, Präsident des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte. 

Wachsende Risiken durch Antibiotika-Resistenzen – keine ausreichende Forschung

Trotz der Bemühungen um einen rationalen und zielgerichteten Einsatz von Antibiotika nimmt das Problem von Resistenzen auch in Europa zu – und die Entwicklung neuartiger Antibiotika hält mit dem Voranschreiten von Resistenzen nicht Schritt. Anlässlich der Europäischen Antibiotikawoche fordert Pharma Deutschland deshalb bessere Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Innovationen.

Die Daten der neueren Zeit zeigen immer noch einen bedrohlich Trend: Obwohl der Anteil der Methicillin-resistenten Staphylokokkus aureus-Population zwischen 2004 und 2024 europaweit abgenommen hat, verharrt er in südeuropäischen Ländern weiterhin auf einem hohen Niveau. Kritischer noch verlief die Entwicklung der Resistenzen gegen Cephalosporine der dritten Generation bei Klebsiella pneumoniae. Binnen 20 Jahren stiegen die Resistenzen in fast allen europäischen Ländern. Auch der Anteil Carbapenem-resistenter Stämme an invasiven K.pneumoniae-Isolaten stieg weiter und erreichte in Südosteuropa einen nach Ansicht von Experten besorgniserregenden Höchststand.

Angesichts nach wie vor unzureichender Rahmenbedingungen für die Neuentwicklung von Antibiotika und die Vorhaltung von Reserveantibiotika läuft auch Europa Gefahr, in wenigen Jahren nicht mehr ausreichend wirksame antibiotische Arzneimittel zu haben, so Dr. Elmar Kroth von Pharma Deutschland.