Das Immunsystem im Schlaf stärken

Ausreichend Schlaf ist für unser Immunsystem und die Abwehr von Krankheitserregern wichtig ‒ das wird allgemein angenommen und erscheint intuitiv richtig. Wie genau Schlaf jedoch bestimmte Immunfunktionen beeinflusst, ist noch nicht wissenschaftlich geklärt - bis jetzt.

Schlafentzug macht Immunzellen ebenfalls müde

Ausreichend Schlaf ist für unser Immunsystem und die Abwehr von Krankheitserregern wichtig ‒ das wird allgemein angenommen und erscheint intuitiv richtig. Wie genau Schlaf jedoch bestimmte Immunfunktionen beeinflusst, ist noch nicht wissenschaftlich geklärt - bis jetzt.

WissenschaftlerInnen haben nun nämlich in einer Studie einen neuen Mechanismus nachgewiesen, über den Schlaf das Immunsystem fördert. Das Team vom Tübinger Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie sowie der Lübecker Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie konnte an ProbandInnen zeigen, dass bereits nach drei Stunden ohne Schlaf die Funktion der T-Zellen beeinträchtigt war.

Die WissenschaftlerInnen führten mit ProbandInnen ein 24-stündiges Experiment durch: Eine Gruppe konnte nachts für acht Stunden schlafen, eine zweite Gruppe blieb über den gesamten Zeitraum wach. Während des Experiments wurde den TeilnehmerInnen regelmäßig Blut abgenommen. Dabei überprüfte das Forschungsteam vor allem die Bindungsstärke der T-Zellen an ein Molekül namens ICAM-1 (intercellular adhesion molecule-1), das es ihnen ermöglicht, sich an andere Zellen anzuheften.

T-Zellen reagieren auf Schlafmangel

"T-Zellen zirkulieren ständig im Blutkreislauf und suchen nach Erregern. Die Adhäsion an andere Zellen erlaubt ihnen dabei, im Körper zu wandern und beispielsweise an infizierte Zellen anzudocken, um sie anschließend zu beseitigen", so der Erstautor der Studie, Stoyan Dimitrov. Wie die Studie zeigte, war die Adhäsionsfähigkeit der T-Zellen bei den Probanden ohne Schlaf sichtlich reduziert.

Um weiter zu untersuchen, wie Schlaf die T-Zellfunktion beeinflusst, wurde zudem Plasma von schlafenden sowie von wach geblieben Probanden entnommen. Dieses Plasma wurde für wenige Minuten auf isolierte T-Zellen gegeben. Stammte es von den ProbandInnen ohne Schlaf, senkte es signifikant die Adhäsionsfähigkeit, verglichen mit dem Plasma der ProbandInnen, die geschlafen hatten.

Chronischer Stress und Krebs wirken ähnlich

Diese Unterdrückung der T-Zellfunktion konnte das Team in einem weiteren Experiment rückgängig machen, indem es eine bestimmte Rezeptorklasse blockierte, sogenannte Gαs-gekoppelte Rezeptoren: Über diese wirken unter anderem das Stresshormon Adrenalin und Prostaglandine, Hormone die bei Entzündungen eine Rolle spielen. "Dies zeigt, dass bereits bei kurzem Schlafentzug lösliche Stoffe diese Rezeptoren aktivieren und darüber auch die Adhäsion der T-Zellen beeinträchtigen", so die Studienleiterin Luciana Besedovsky.

In parallel laufenden Experimenten konnten die ForscherInnen zudem zeigen, dass einige der löslichen Moleküle, die an diese Rezeptorklasse binden, wie beispielsweise Adrenalin, Prostaglandine und der Botenstoff Adenosin, die Adhäsion stark beeinträchtigen, wenn sie direkt auf T-Zellen gegeben wurden. Dieselben Substanzen sind auch bei einer Reihe pathologischer Zustände stark erhöht, beispielsweise bei chronischem Stress oder Krebs.

Das heißt, dass die Befunde auch außerhalb der Schlafforschung klinische Relevanz haben. Sie könnten erklären, warum das Immunsystem bei manchen Erkrankungen unterdrückt wird. Bereits drei Stunden ohne Schlaf sind ausreichend, um die Funktion wichtiger Immunzellen zu reduzieren.