Prävention von Nahrungsmittelallergien: eine unendliche Geschichte

Ernährungspraktiken während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter haben vermutlich einen Effekt auf die Inzidenz von Nahrungsmittelallergien.

Um Nahrungsmittelallergien bei Säuglingen und Kleinkindern vorzubeugen, haben sich vor allem folgende Empfehlungen in aktuellen Studien bewahrheiten können:

Ernährungspraktiken während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter haben vermutlich einen Effekt auf die Inzidenz von Nahrungsmittelallergien.

Nahrungsmittelallergien und Ekzeme gelten in vielen Ländern weltweit zu den häufigsten chronischen nichtübertragbaren Erkrankungen. Garcia-Larsen gab in ihrem Vortrag1 eine internationale Perspektive auf aktuell globale Trends von Nahrungsmittelallergien und Ernährungspraktiken. Ernährungspraktiken, die dabei helfen könnten, die Belastung durch Nahrungsmittelallergien bei Kindern zu reduzieren standen im Fokus. Insgesamt lägen jedoch nur sehr wenige qualitative Daten zu Nahrungsmittelallergien vor.

Prescot SL et al (2013)2 führte einer der größten Umfragen durch, um Informationen zu bestehende Daten über die globalen Muster und die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien zu sammeln. Alle nationalen Mitgliedsgesellschaften der Weltallergieorganisation und einiger ihrer Nachbarländer wurden befragt. Mehr als die Hälfte der befragten 89 Länder (52/89) hatten gar keine Daten zur Prävalenz von Nahrungsmittelallergien. Nur 10 Prozent (9/89) der Länder hatten genaue Prävalenzdaten für Nahrungsmittelallergien, basierend auf oral eingenommen Nahrungsmitteln (OFC). Die übrigen Länder (23/89) hatten Daten, die weitestgehend auf Elternberichten beruhten, bei denen generell das Problem besteht, dass sie die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien überschätzen. Aufgrund der weltweit sehr unterschiedlichen Ernährungsmuster sind internationale Großstudien aufgrund der Schwierigkeit Cluster zu bilden oft wenig aufschlussreich.

Nahrungsmittelallergien verursachen über die Hälfte aller Anaphylaxien in jedem Alter und bis zu 85 Prozent aller Anaphylaxien in der Kindheit. Die Zahlen haben trotz steigender Nahrungsmittelvorräte zugenommen, aber das Phänomen bleibt weitgehend ungeklärt. Fest steht jedoch, dass die ersten drei Jahre entscheidend für die Entstehung von Nahrungsmittelallergien sind.

Für den weltweitern Anstieg von Nahrungsmittelallergien gibt zwei Haupthypothesen: 

  1. Der Anstieg der Nahrungsmittelallergie bezieht sich auf den allgemeinen Anstieg der allergischen Erkrankungen in den letzten 50 bis 60 Jahren, und Nahrungsmittelallergien sind nur das "böse Ende" des Spektrums atopischer Erkrankungen.

  2. Die Nahrungsmittel-Allergie "Epidemie" ist auf bestimmte Ursachen zurückzuführen, wie Veränderungen der Ernährung der Mutter (Schwangerschaften/Laktation), Zeitpunkt der Einführung aller allergenen Lebensmittel in die Säuglingsnahrung, Lebensmittelvielfalt, andere umweltspezifische Einflüsse.

Die Fragen können in zwei Gruppen eingeteilt werden:  

Was passiert also während der Schwangerschaft? Verschiedene Studien haben versucht diese Frage zu beantworten. Eine Studie von Roduit C et al (2014)3  betrachtet hauptsächlich die Erhöhung der Nahrungsvielfalt und stellten fest, dass die Prävalenz der Nahrungsmittelallergie dadurch reduziert werden konnte. Es gibt demzufolge Anzeichen dafür, dass eine höhere Diversität in der Ernährung  gleich weniger Allergien bedeutet.

Die Metaanalyse von Garcia-Larsen V (2018)4 untersuchte eine Kohorte von 16.289 Patienten. Die Daten systematisch zu analysieren ist eine hoch komplexe Angelegenheit, da die Nahrungsaufnahme so vielfältig ist. Nichtsdestotrotz deuten Ergebnisse darauf hin, dass Omega3-PUFA Supplementierung während der Schwangerschaft das Risiko von allergischen Reaktionen auf Eier bei Kindern senken kann. Alle Studien waren auf Hochrisiko-Säuglinge beschränkt. Weitere Befunde der Studie sprechen dafür, dass ein Zusammenhang zwischen mütterlicher Ernährung und dem Risiko von immunvermittelten Erkrankungen beim Kind besteht. Eine mütterliche Probiotika- und Fischöl-Supplementierung könnte demnach das Ekzem-Risiko bzw. die allergische Sensibilisierung auf Nahrungsmittel reduzieren.

Ob jedoch das Stillen allein das Risiko allergischer Erkrankungen reduziert, konnte auch in 250 Kohorten- und Respektivstudien nicht belegt werden. Annahmen, dass das Stillen das Risiko für Atemwegsinfektionen reduzieren und den Ausbau des Immunsystems unterstützen würde, sind wissenschaftlich nicht eindeutig belegbar. Aktuelle Evidenz hierzu ist inkonsistent. Obwohl internationale Richtlinien hydrolisierte Ersatznahrung bei Säuglingen empfiehlt, gibt es überhaupt keine Evidenz, dass diese mehr oder weniger Allergien oder autoimmun Erkrankungen auslöst als herkömmliche milchbasierte Säuglingsnahrung (Boyle, 20165).

Fazit:

Zusammenfassend zeigen die Resultate zu Mutter- und Kleinkinderernährungs-Studien im Zusammenhang mit Nahrungsmittelallergien, dass Omega-3-PUFA das Risiko einer Ei-Sensibilisierung und Probiotika das Risiko für Ekzeme bei Hochrisiko-Säuglingen verringern können. Des Weiteren gibt es keine Hinweise darauf, dass hydrolysierte Milchprodukte allergische Reaktionen senken. Weitere Informationen für klinische Praktiken und Leitlinienempfehlungen werden benötigt, auch um Müttern bei Ernährung fachgerecht zu beraten. Es scheint jedoch "schwierig zu sein, genaue Ernährungsberatung mit den Informationen zu geben, mit denen wir bombardiert werden", auch weil die Ernährung eines der politischsten Probleme sei, auf die man stoßen kann. "Hoffen wir, dass sich die Wissenschaft durchsetzen wird“, so Garcia Larsen abschließend. Generell können Nahrungsmittelallergien nicht isoliert betrachtet werden, global gesehen spielen viele weitere Faktoren wie Umwelteinflüsse und Mangelernährung eine Rolle.

Quellen:
1. EAACI München 2018. SYM 11 Prevention of food allergy: A never-ending story, 27.05.2018. 15:30-17:00.
2. Prescot SL et al (2013). A global survey of changing patterns of food allergy burden in children. World Allergy Organ J. 2013 Dec 4;6(1):21.
3. Roduit C et al.  (2014). Increased food diversity in the first year of life is inversely associated with allergic diseases. J Allerrgy Clin Immunol. 2014 Apr;133(4):1056-64.
4. Garcia-Larsen, V et al. (2018). Diet during pregnancy and infancy and risk of allergic or autoimmune disease: A systematic review and meta-analysis. PLoS Med. 2018 Feb 28;15(2):e1002507
5. Boyle, RJ et al. (2016). Hydrolysed formula and risk of allergic or autoimmune disease: systemic review and metaanalysis. 2016 March 8. 352:i974.