Grippe erhöht Herzinfarktrisiko um das 6-fache

Eine neue Studie aus Kanada zeigt, dass das Risiko für einen Myokardinfarkt während einer Grippeerkrankung 6-fach erhöht ist. Sie unterstreicht den Zusammenhang zwischen akuten Infektionen und kardiovaskulären Ereignissen und sollte Anlass dazu geben, insbesondere ältere Menschen und Risikopatienten zur Grippeschutzimpfung zu ermutigen.

Ein weiteres Argument für die Impfung

Eine neue Studie aus Kanada zeigt, dass das Risiko für einen Myokardinfarkt während einer Grippeerkrankung 6-fach erhöht ist. Sie unterstreicht den Zusammenhang zwischen akuten Infektionen und kardiovaskulären Ereignissen und sollte Anlass dazu geben, insbesondere ältere Menschen und Risikopatienten zur Grippeschutzimpfung zu ermutigen.

Ein Zusammenhang zwischen Herzinfarkt und Influenza wird schon länger vermutet, bisherige Studien wiesen jedoch qualitative Mängel auf, sodass eine Arbeitsgruppe aus Kanada sich der Fragestellung annahm. In einem Zeitraum von 2008 bis 2015 wurden Patienten ermittelt, die nachweislich an einem respiratorischen Atemwegsinfekt viraler Genese und einem Myokardinfarkt erkrankt waren. Ein weiteres Einschlusskriterium war ein Alter über 35 Jahre.

Einwöchiges Risikointervall nach Influenza-Diagnose

Zur Auswertung der Fälle nutzten die Autoren die sogenannte "self-controlled case series method" (selbst kontrollierende Fallserien). Der Vorteil dieser ursprünglich zur Erfassung von Impfstoff-Nebenwirkungen entwickelten Methode ist, dass keine Kontrollgruppe benötigt wird, da die Fälle ihre eigene Kontrolle sind. Bei jedem Fall diente das Datum des positiven Virustests als Indexdatum. Der Zeitraum bis sieben Tage danach galt als Risikointervall, während die Zeitspanne von einem Jahr vor und nach Indexdatum als Kontrollintervall festgelegt wurde.

Analyse von 364 Fällen

In die Analyse wurden ca. 140.000 Virustests miteinbezogen, von denen bei rund 19.000 Patienten eine Influenza diagnostiziert wurde (größtenteils Influenza Typ A). 364 hatten zudem einen Myokardinfarkt erlitten und kamen für die Auswertung infrage. Die Patienten hatten ein durchschnittliches Alter von 77 Jahren, Männer und Frauen waren gleich verteilt. 24% der Patienten litten bereits an einer koronaren Herzkrankheit und 31% hatten sich gegen die saisonale Influenza impfen lassen.

Herzinfarktrisiko 6-fach erhöht während einer Grippe

Die Autoren registrierten 20 Herzinfarkte im Risikointervall nach Influenzadiagnose und 344 Herzinfarkte außerhalb des Risikointervalls. Das entspricht einer durchschnittlichen Herzinfarktrate von 20 pro Woche nach einer Influenzadiagnose im Vergleich zu 3,3 pro Woche ohne Influenzadiagnose. Das Risiko für einen akuten Myokardinfarkt war während einer Grippe demnach 6-mal so hoch.

Um die Robustheit der Daten zu prüfen, variierten die Forscher die Analysemethoden. So wurden Risiko- und Kontrollintervall verändert und die Ergebnisse hinsichtlich der Kalendermonate stratifiziert, was keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie zeigte.

Risiko auch durch andere Viren erhöht

Neben der Influenza erhöhten weitere Viruserkrankungen die Wahrscheinlichkeit für einen Herzinfarkt. Das Respiratorische Syncytial-Virus (kurz RSV) zeigte ein rund 3,5-fache erhöhtes Risiko, andere respiratorische Viruserkrankungen ein 2,7-fach erhöhtes Risiko. Interessanterweise erhöhte auch eine akute respiratorische Erkrankung ohne Virusnachweis das Risiko um mehr als das Dreifache. Die Subgruppenanalyse zeigte einen Trend für ein höheres Herzinfarktrisiko bei älteren Patienten und bei einer Diagnose mit Influenza Typ B, fand jedoch keinen Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Personen.

Die Tatsache, dass geimpfte Personen ein ähnlich hohes Herzinfarktrisiko wie ungeimpfte Personen aufweisen, soll nach Ansicht der Autoren nicht als ein Nachweis für die Ineffektivität der Grippeschutzimpfung dienen, da die Studie nicht darauf ausgelegt wurde diesen Umstand zu prüfen. Vielmehr können die Daten so interpretiert werden, dass das Risiko geimpfter Personen mit dem von ungeimpften vergleichbar ist, wenn sie nachweislich an einer Influenza erkrankt sind.

Infektionen sind Stress für die Blutgefäße

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass Infektionskrankheiten eine wichtige Rolle in der Entstehung von Herzkreislauferkrankungen spielen. Am Beispiel der Grippe konnte gezeigt werden, dass das Risiko für einen Herzinfarkt sechsmal so hoch ist. Die Autoren erklären diesen Zusammenhang mit der Neigung der Blutgefäße zur Vasokonstriktion und dem erhöhten biomechanischen Stress während einer Infektion. Weiterhin begünstigt eine akute Entzündung die Thrombogenität durch Thrombozytenaktivierung und endotheliale Dysfunktion. Nicht zuletzt erhöhen Infektionen auch den metabolischen Stress und können so zu einer lokalen Hypoxämie führen.

Grippeschutzimpfung bleibt der beste Schutz

Eine Grippeschutzimpfung wird seitens der Studienautoren insbesondere für ältere Menschen und Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko empfohlen. Dies steht auch im Einklang mit internationalen Leitlinien und Studien, die eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse nach einer Grippeschutzimpfung beobachten konnten. Zur weiteren Risikominderung empfehlen die Autoren eine Verbesserung des Impfschutzes gegen Influenza, andererseits aber auch die Entwicklung von Impfstoffen gegen andere respiratorische Viren.

Quelle:
Kwong JC et al. Acute Myocardial Infarction after Laboratory-Confirmed Influenza Infection. January 25, 2018, N Engl J Med 2018; 378:345-353. DOI: 10.1056/NEJMoa1702090.