Nelarabin erreicht bei T-Zell-ALL ein 4-Jahres-Überleben von 90 %

Mit der zusätzlichen Gabe von Nelarabin zu einer COG-verstärkten BFM-Chemotherapie (aBMF) können in der Erstlinientherapie bei Kindern und Jugendlichen mit T-Zell-ALL bislang nicht gesehene 4-Jahres-Überlebensraten erreicht werden.

Bessere 4-Jahres-Überlebensraten durch zusätzliche Gabe von Nelarabin

Mit der zusätzlichen Gabe von Nelarabin zu einer COG-verstärkten BFM-Chemotherapie (aBMF) können in der Erstlinientherapie bei Kindern und Jugendlichen mit T-Zell-ALL bislang nicht gesehene 4-Jahres-Überlebensraten erreicht werden: 90 % der Patienten waren 4 Jahre nach Therapiebeginn noch am Leben und 84 % hatten kein Rezidiv erlitten. Dies ergab die vierarmige COG-AALL0434-Studie, die Kimberly Dunsmore, Virginia Tech Carilion School of Medicine, Roanoke, beim 2018 ASCO Annual Meeting am 2. Juni  2018 in Chicago vorstellte.

Die T-Zell-ALL und das T-Zell-Lymphom sind für 15 % aller akuten lymphatischen Leukämien verantwortlich. Es ist nicht bekannt, ob zytogenetische oder andere genetische Läsionen eine prognostische Bedeutung haben. „Die T-Zell-ALL ist eine Erkrankung, die ein intensives und komplexes Therapieregime benötigt. Etwa 80 % der Betroffenen leben noch 4 Jahre nach der Behandlung, aber wir wollten noch besser werden“, sagte Dunsmore.

Purinanalogon Nelarabin

Das Purinanalogon Nelarabin ist eine wasserlösliche Vorstufe des Desoxyguanosinanalogons Ara-G. In vivo wird es rasch durch die Adenosindeaminase zu Ara-G demethyliert und danach intrazellulär durch die Desoxyguanosinkinase und Desoxycytidinkinase phosphoryliert. Der Monophosphat-Metabolit wird anschließend zum aktiven 5-Triphosphat Arabinosid-GTP umgewandelt, das in leukämischen Blasten akkumuliert und dort bevorzugt in die DNA eingebaut wird. Als Folge wird die DNA-Synthese gehemmt, die Zelle stirbt. Wahrscheinlich tragen auch weitere Mechanismen zur zytotoxischen Wirkung von Nelarabin bei. Nelarabin ist seit 2008 zur Behandlung von Patienten mit T-Zell-ALL und T-Zell-Lymphom zugelassen, die nicht auf eine Behandlung mit mindestens 2 Chemotherapieschemata angesprochen haben

Größte randomisierte Studie bei T-Zell-Leukämien

Die Children’s Oncology Group (COG) untersuchte nun in der AALL0434-Studie Wirksamkeit und Verträglichkeit einer zusätzlichen Gabe von Nelarabin zur COG-modifizierten BFM-Therapie. Außerdem sollten Wirksamkeit und Verträglichkeit von hochdosiertem Methotrexat mit Leucovorin mit steigenden Methotrexat-Dosierungen ohne Leucovorin verglichen werden.

Die Studie begann im Jahr 2007 und schloss bis Juli 2014 1.895 Patienten im Alter von 1 bis 30 Jahren mit T-ALL (n = 1.545, 94 % der Studienteilnehmer) oder T-LL (n = 277, 6 %) ein. Damit ist sie die größte randomisierte Studie, die bei diesen Erkrankungen jemals durchgeführt wurde.

Alle Patienten erhielten eine komplexe Induktionstherapie (COG-verstärkte Berlin-Münster-Frankfurt-Chemotherapie – aBFM) mit kranialer Bestrahlung. Zusätzlich wurden sie randomisiert mit steigenden Dosen Methotrexat, mit hochdosiertem Methotrexat, mit steigenden Dosen Methotrexat plus Nelarabin oder mit hochdosiertem Methotrexat plus Nelarabin behandelt.

90,2 % der Patienten lebten noch nach 4 Jahren und bei 84,1 % war kein Rezidiv aufgetreten. Von den T-ALL-Patienten mit erhöhtem Rezidivrisiko lebten bei zusätzlicher Gabe von Nelarabin nach 4 Jahren 88,9 % ohne erneute Leukämie, ohne Nelarabin waren es 83,3 %. Patienten unter Nelarabin wiesen weniger ZNS-Rezidive auf. Bei den Patienten mit T-LL hatte die zusätzliche Gabe von Nelarabin keinen messbaren Effekt. Über 85 % lebten jedoch nach 4 Jahren noch ohne Rezidiv.

Im Gegensatz zu früher durchgeführten kleineren Studien erwiesen sich steigende Dosen von Methotrexat als günstiger im Vergleich zu hoch dosierter Methotrexat-Behandlung (4-Jahres-Überleben 89,8 % vs. 78 %). Von den T-ALL-Patienten, die Nelarabin und steigende Dosen von Methotrexat erhielten, waren nach 4 Jahren 92,2 % leukämiefrei.

In vielen Zentren wird versucht, die kraniale Bestrahlung zu reduzieren, weil sie mit Späteffekten wie kognitiven Störungen, Lernstörungen, neuroendokrinen Veränderungen und sekundären Malignomen einhergehen kann. Daher wird nun in weiteren Studien untersucht werden, welche Effekte der Einsatz von Nelarabin bei Patienten hat, die nicht kranial bestrahlt werden.

Bruce E. Johnson, derzeitiger ASCO-Präsident, Dana Farber Cancer Institute, Boston, wies in einer Pressekonferenz darauf hin, dass die Studie von der öffentlichen Hand finanziert worden war und ergänzte: "Wir wissen nun, dass wir das Überleben von Kindern und Jugendlichen mit seltenen Formen der Leukämie und des Lymphoms signifikant steigern können, und zwar ohne zusätzliche schwer wiegende Nebenwirkungen, die die Lebensqualität beeinträchtigen können."

Quelle:
Dunsmore KP, et al. COG AALL0434: A randomized trial testing nelarabine in newly diagnosed t-cell malignancy. 2018 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni  2018, Abstract 10500. http://abstracts.asco.org/214/AbstView_214_218959.html