Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban im Versorgungsalltag bei neu diagnostizierten VHF<sup>&diams;</sup>-Patient:innen &ndash; gleiche Vertr&auml;glichkeit?

Eine retrospektive Datenbankanalyse aus dem Versorgungsalltag erlaubt eine vergleichende Einsch&auml;tzung der Effektivit&auml;t und Vertr&auml;glichkeit von Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban bei neu diagnostizierten VHF<sup>&diams;</sup>-Patient:innen. Gibt es Unterschiede?

Nicht-Vitamin-K-abhängige Antikoagulanzien (NOACs) werden von der European Society of Cardiology (ESC)-Leitlinie „Management von Vorhofflimmern“ zur Initiation der Antikoagulation bei VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎ als erste Wahl vor Vitamin-K-Antagonisten (VKA) für Patient:innen empfohlen, für die sich ein NOAC eignet (Empfehlungsgrad 1A).1 Apixaban (ELIQUIS®) und Rivaroxaban (Xarelto®) sind die am häufigsten verordneten oralen Antikoagulanzien zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien (SE) bei erwachsenen Patient:innen mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎), gefolgt von Edoxaban (Lixiana®).2, 3

Klinische Evidenz – Assoziation zwischen NOACs und GI-Blutungen?

In den Zulassungsstudien ARISTOTLE4, Rocket-AF5 und ENGAGE AF6 überzeugten sowohl Apixaban als auch Rivaroxaban und Edoxaban in der Schlaganfallprophylaxe bei VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen im Vergleich zu Warfarin (näheres entnehmen Sie bitte untenstehendem Akkordeon). Allerdings wurden Rivaroxaban und Edoxaban mit einem erhöhten Risiko für gastrointestinale (GI-) Blutungen in Verbindung gebracht: Die ROCKET-AF-Studie zeigte, dass Rivaroxaban im Vergleich zu Warfarin mit einem signifikanten Anstieg des Risikos für schwere GI-Blutungen verbunden war (HR = 1,66; 95 %-KI 1,34-2,05; p ˂ 0,0001).7 Die Studie ENGAGE AF-TIMI 48 zeigte ebenfalls ein Übermaß an schweren GI-Blutungen bei Patient:innen, die 60 mg Edoxaban erhielten, gegenüber Warfarin (HR = 1,23; 95 %-KI 1,02-1,50; p = 0,03).6 Im Unterscheid hierzu zeigte Apixaban in der ARISTOTLE-Studie ähnliche Raten von GI-Blutungen versus Warfarin (HR = 0,89; 95 %-KI 0,70-1,15; p = 0,37).4 Somit scheint Apixaban unter diesen drei NOACs in Bezug auf GI-Blutungsereignisse einzigartig zu sein.8 Jedoch existieren zur Gegenüberstellung der NOACs keine randomisierten kontrollierten Vergleichsstudien. Daten aus dem Versorgungsalltag können die klinischen Daten ergänzen. Eine retrospektive Datenbankanalyse aus dem Versorgungsalltag* erlaubt nun eine vergleichende Einschätzung der Effektivität und Verträglichkeit von Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban bei neu diagnostizierten VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen.

Näheres zu den Zulassungsstudien von Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban entnehmen Sie bitte nachfolgendem Akkordeon.

In den Zulassungsstudien ARISTOTLE4, Rocket-AF5, 7 und ENGAGE AF-TIMI 486 überzeugten sowohl Apixaban als auch Rivaroxaban und Edoxaban in der Schlaganfallprophylaxe bei VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen:

Apixaban
In der ARISTOTLE-Studie (18.201 Proband:innen) traten unter Apixaban im Vergleich zu Warfarin

  • weniger Schlaganfälle/SE (primärer Endpunkt; HR = 0,79; 95 %-KI: 0,66-0,95; p für Nichtunterlegenheit < 0,001)4,
  • weniger schwere Blutungen (HR = 0,69; >95 %-KI 0,60-0,80; p = 0,001)
    und
  • vergleichbare Raten für schwere GI-Blutungen (HR = 0,89; 95 %-KI 0,70-1,15; p = 0,37)4 auf.

Rivaroxaban
In der Studie ROCKET-AF (14.264 Proband:innen) traten unter Rivaroxaban im Vergleich zu Warfarin

  • weniger Schlaganfälle/SE (primärer Endpunkt; HR = 0,88; 95 %-KI: 0,75-1,03; p für Nichtunterlegenheit < 0,001)5,
  • vergleichbare Raten für schwere Blutungen (HR = 1,04; 95 %-KI: 0,90-1,20; p = 0,58)5 und
  • mehr schwere GI-Blutungen (HR = 1,66; 95 %-KI 1,34-2,05; p ˂ 0,0001)7 auf.

Edoxaban
In der Studie ENGAGE AF (21.105 Proband:innen) traten unter Edoxaban im Vergleich zu Warfarin

  • weniger Raten für Schlaganfälle/SE (primärer Endpunkt; HR = 0,87; 95 %-KI: 0,73-1,04; p für Nichtunterlegenheit = 0,02)6,
  • weniger schwere Blutungen (HR = 0,80; 95 %-KI: 0,71-0,91; p für Überlegenheit ˂ 0,001)6 und
  • mehr schwere GI-Blutungen (HR = 1,23; 95 %-KI 1,02-1,50; p = 0,03)6 auf.

Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban im Versorgungsalltag* – Gibt es Unterschiede?

Eine multinationale, bevölkerungsbasierte Kohortenstudie* untersuchte die Effektivität und Verträglichkeit der NOAC-Therapie bei 527.226 neu diagnostizierten VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen im Versorgungsalltag.8  

Näheres zum Design der retrospektiven Kohortenstudie CORAZON von Lau et al.8, * entnehmen Sie bitte nachfolgendem Akkordeon.

Retrospektive Kohortenstudie CORAZON8, *

Ergebnis der Hauptanalyse

Apixaban war bei neu diagnostizierten VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen im Vergleich zu Rivaroxaban und Edoxaban mit einem vergleichbaren Risiko für ischämische Schlaganfälle/SE, intrakranielle Blutungen und Tod jeglicher Ursache assoziiert.8, †

In Bezug auf GI-Blutungen ist Apixaban assoziiert mit:8, †


Abb. 1: Hauptanalyse: Risiken für Ischämischen Schlaganfälle/SE, Intrakranielle und GI-Blutungen, sowie Tod jeglicher Ursache von Apixaban vs. Rivaroxaban bzw. von Apixaban vs. Edoxaban. KI: Konfidenzintervall. Abbildung modifiziert nach Lau et al.8, *

Die Autor:innen der CORAZON-Analyse sehen in ihren Ergebnissen eine Ergänzung bisheriger Studienerkenntnisse, wonach Apixaban ein besonders günstiges Verträglichkeitsprofil bei vergleichbarer Effektivität gegenüber Rivaroxaban und Edoxaban aufweist.8, †

Ergebnisse der Subgruppenanalyse

Lau et al. führten zusätzlich eine vordefinierte Subrgruppenanalyse durch, um die NOACs bei älteren VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen ≥ 80 Jahre zu untersuchen – eine Gruppe, die in klinischen Studien oft unterrepräsentiert ist.8

In Bezug auf ältere VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen ≥ 80 Jahre waren die Ergebnisse sowohl für Rivaroxaban als auch für Edoxaban konsistent zur Hauptanalyse. Auch in dieser Subgruppe war die Behandlung mit Apixaban gegenüber Rivaroxaban bzw. Edoxaban mit weniger GI-Blutungen assoziiert (HR = 0,64; 95%-KI: 0,57-0,72 bzw. HR = 0,64; 95%-KI: 0,50-0,82).8, †

Tabelle 1: Subgruppenanalyse: Patient:innen ≥ 80 Jahre (PSS, On-treatment-Approach, n = 101.397)

Fazit

Daten aus dem Versorgungsalltag* weisen darauf hin, dass Apixaban bei neu diagnostizierten VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen im Vergleich zu Rivaroxaban und Edoxaban mit einem geringeren relativen Risiko für GI-Blutungen assoziiert sein könnte.8, † Die Ergebnisse waren konsistent für Patient:innen im Alter von 80 Jahren oder älter.

VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎: nicht-valvuläres Vorhofflimmern
* Limitationen: • Es existieren keine adäquaten und gut kontrollierten klinischen Head-to-Head-Studien, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit von NOACs verglichen wurden. • In dieser Studie wurde nicht untersucht, ob die Patient:innen NOAC-Dosierungen erhielten, die der Zulassung entsprechen. • Es lagen keine Informationen über den Schweregrad von Blutungen oder die Rolle von Arzneimitteln zur Behandlung von Blutungen vor. • Die Follow-up-Zeiträume für die Behandlung waren in den US-Datenbanken relativ kurz. • Die Möglichkeit einer Restverfälschung konnte nicht ausgeschlossen werden.
Es existieren keine direkten Vergleichsstudien zwischen den Faktor-Xa-Inhibitoren. Aufgrund von Unterschieden in Studiendesign und -population können keine Vergleiche zwischen den Faktor-Xa-Inhibitoren gezogen werden. Der Vergleich der Faktor-Xa-Inhibitoren über Daten aus dem Versorgungsalltag ermöglicht nur die Generierung von Hypothesen.
VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Diagnose vor, während oder 90 Tage nach Indexdatum.
§ Hier könnte eine Kontraindikation für Behandlung mit NOACs vorliegen.
** Das Indexdatum wurde definiert als der erste Tag der NOAC-Verschreibung.
†† Mortalitätsdaten waren verfügbar in: DA Germany, UK IMRD und US Hospital Charge Data Master.
‡‡ Unterbrechungen von 90 Tagen zwischen aufeinanderfolgenden Verschreibungen waren erlaubt, wobei das Datum des Behandlungsabbruchs das Enddatum der letzten Verschreibung war.
§§ Für die Datenbanken, für die kein Todesdatum verfügbar war (LPD France und US Ambulatory EMR) wurde stattdessen das Datum der letzten Konsultation verwendet.

Referenzen

  1. Hindricks G und Potpara T et al. 2020 ESC Guidelines for the diagnosis and management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association of Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J 2021; 42(5):373–498.
  2. Arzneimittel-Atlas 2022 [eingesehen am 12.12.23]. Available from: URL: https://www.arzneimittel-atlas.de/arzneimittel/b01-antithrombotische-mittel/verbrauch/.
  3. Zhu J et al. Trends and Variation in Oral Anticoagulant Choice in Patients with Atrial Fibrillation, 2010-2017. Pharmacotherapy 2018; 38(9):907–20.
  4. Granger CB et al. Apixaban versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2011; 365(11):981–92.
  5. Patel MR et al. Rivaroxaban versus warfarin in nonvalvular atrial fibrillation. N Engl J Med 2011; 365(10):883–91.
  6. Giugliano RP et al. Edoxaban versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2013; 369(22):2093–104.
  7. Sherwood MW et al. Gastrointestinal Bleeding in Patients With Atrial Fibrillation Treated With Rivaroxaban or Warfarin: ROCKET AF Trial. J Am Coll Cardiol 2015; 66(21):2271–81.
  8. Lau WCY et al. Comparative Effectiveness and Safety Between Apixaban, Dabigatran, Edoxaban, and Rivaroxaban Among Patients With Atrial Fibrillation : A Multinational Population-Based Cohort Study. Ann Intern Med 2022; 175(11):1515–24.
  9. Suchard MA et al. Comprehensive comparative effectiveness and safety of first-line antihypertensive drug classes: a systematic, multinational, large-scale analysis. Lancet 2019; 394(10211):1816–26.