Behandlung venöser Thromboembolien bei Krebspatienten

Auf dem diesj&auml;hrigen digitalen Kongress der <em>European Society of Cardiology</em> (ESC) pr&auml;sentierten Prof. Jean Connors vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston, USA, und Prof. Giancarlo Agnelli von der Universit&auml;t Perugia, Italien, den aktuellen Stand gegenwärtiger Behandlungsstrategien bei krebsassoziierter ven&ouml;ser Thromboembolien (VTE).<sup>1,2</sup>

VTE bei Krebspatienten – Notwendigkeit einer aufmerksamen und sorgfältigen Behandlung

Krebspatienten tragen ein vier- bis siebenfach erhöhtes Risiko für VTE und etwa 20 % aller Patienten mit VTE haben eine Krebserkrankung, so Prof. Connors.3,4 Das Risiko für ein Wiederauftreten von VTE oder für schwere Blutungen sowie das Mortalitätsrisiko sind bei Krebspatienten mit VTE stark erhöht.4,5 Bei der leitliniengerechten Behandlung mit Niedermolekularen Heparinen (NMH) zeigt sich in der Praxis jedoch oft eine nicht ausreichende Therapieadhärenz, auch aufgrund der Notwendigkeit einer täglichen parenteralen Verabreichung als subkutane Injektion.1

Prof. Connors betonte, dass Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien (NOACs) wie Apixaban eine Alternative zu NMH in der Behandlung krebsassoziierter VTE darstellen können und durch aktuelle Leitlinien auch zur Behandlung von VTE bei den meisten Krebspatienten empfohlen werden.1,6-9,§

Neue Evidenz zum Einsatz von Apixaban bei krebsassoziierter VTE

Prof. Agnelli präsentierte die Ergebnisse der Investigator-initiierten, prospektiven, randomisierten Phase-III-Studie CARAVAGGIO, in welcher die Wirksamkeit und Sicherheit von Apixaban bei Krebspatienten untersucht wurde.2,10 In die Studie eingeschlossen waren 1170 Krebspatienten, die zur Behandlung krebsassoziierter VTE entweder mit Apixaban (10 mg 2 x tgl. für 7 Tage, gefolgt von 5 mg 2 x tgl.) oder mit dem subkutan verabreichten NMH Dalteparin (200 I.E./kg 1 x tgl. für 30 Tage, gefolgt von 150 I.E./kg 1 x tgl.) behandelt wurden. Die Behandlungsdauer betrug insgesamt 6 Monate gefolgt von einer Nachbeobachtungszeit von 30 Tagen.2,10

Apixaban bietet nichtunterlegene Wirksamkeit im Vergleich zu Dalteparin

Der primäre Wirksamkeitsendpunkt, das Wiederauftreten von VTE während der Behandlungsdauer, trat bei Behandlung mit Apixaban und Dalteparin vergleichbar häufig auf (5,6 % vs. 7,9 %; HR: 0,63; 95 %-KI: 0,37–1,07; p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit; p = 0,09 für Überlegenheit; Abb. 1). Ebenso trat der primäre Sicherheitsendpunkt, schwere Blutungen, bei Behandlung mit Apixaban und Dalteparin vergleichbar häufig auf (3,8 % vs. 4,0 %; HR: 0,82; 95 %-KI: 0,40–1,69; p = 0,60; Abb. 1).2,10 Schwere gastrointestinale Blutungen traten unter Apixaban und unter Dalteparin vergleichbar häufig auf.2,10,§

Abb. 1: Kumulative Ereignisraten der primären Endpunkte für Wirksamkeit (Wiederauftreten von VTE) und Sicherheit (schwere Blutungen) unter Apixaban vs. Dalteparin in CARAVAGGIO.10,§

NOACs sind für langfristige Antikoagulation gut geeignet

Prof. Agnelli verwies auf die Empfehlungen aktueller Leitlinien, wonach bei Patienten mit krebsassoziierter VTE eine langfristige Antikoagulation über einen Zeitraum von 6 Monaten möglich ist.6-9 Die aktuellen Leitlinien des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) empfehlen darüber hinaus, dass bei Patienten mit einer anderen Krebsart als Magen- oder Speiseröhrenkrebs NOACs wie Apixaban anstelle von NMH zur Antikoagulation eingesetzt werden können.6,§ NOACs können zudem durch die einfache orale Verabreichung zu einer höheren Therapieadhärenz und damit zum Erfolg der langfristigen Antikoagulation beitragen.2


§ Bei Patienten mit Tumorerkrankung werden die Wirksamkeit und Sicherheit von Apixaban in der TVT/LE-Behandlung, Primär- und Rezidivprophylaxe aktuell in klinischen Studien untersucht. Die Ergebnisse der CARAVAGGIO-Studie sind noch nicht in die aktuelle Fachinformation aufgenommen. Apixaban ist bei malignen Neoplasien mit hohem Blutungsrisiko kontraindiziert.

Referenzen

  1. Connors J. Presented at ESC Congress 2020, Amsterdam.
  2. Agnelli G. Presented at ESC Congress 2020, Amsterdam.
  3. Blom JW et al. 2005. Jama 293(6):715-722. doi:10.1001/jama.293.6.715
  4. Timp JF et al. 2013. Blood 122(10):1712-1723. doi:10.1182/blood-2013-04-460121
  5. Monreal M et al. 2006. J Thromb Haemost 4(9):1950-1956. doi:10.1111/j.1538-7836.2006.02082.x
  6. NCCN. April 2020.
  7. Key NS et al. 2020. J Clin Oncol 38(5):496-520. doi:10.1200/jco.19.01461
  8. Konstantinides SV et al. 2020. Eur Heart J 41(4):543-603. doi:10.1093/eurheartj/ehz405
  9. Farge D et al. 2019. Lancet Oncol 20(10):e566-e581. doi:10.1016/s1470-2045(19)30336-5
  10. Agnelli G et al. 2020. N Engl J Med 382(17):1599-1607. doi:10.1056/NEJMoa1915103