Neue Leitlinie für Niedergelassene und DGIM fordert: Internisten in der hausärztlichen Versorgung stärken

Die Berichte über neue Therapien der SARS-CoV-2-Infektionen nehmen wöchentlich zu. Im Praxis-Alltag ist es für hausärztlich oder fachärztlich niedergelassene Kolleginnen und Kollegen kaum möglich den Überblick zu behalten.

Die Berichte über neue Therapien der SARS-CoV-2-Infektionen nehmen wöchentlich zu. Im Praxis-Alltag ist es für hausärztlich oder fachärztlich niedergelassene Kolleginnen und Kollegen kaum möglich den Überblick zu behalten.

Moderiert durch die AWMF wurden aktuelle Empfehlungen zur Behandlung von SARS-CoV-19-Infektionen kon sentiert. Beteiligt waren die Fachgesellschaften DEGAM (Deutsche Gesellschaft für All- gemeinmedizin, DGI (Deut sche Gesellschaft für Infektiologie), DGIIN (Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin), DGRH (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie), DGKJ (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin), DGPI (Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie), DAIG (Deutsche AIDS-Gesellschaft), Patientenvertreterinnen, DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin) und die DGIM. Die Ergebnisse dieses Prozesses gehen sowohl in die DEGAM-Leitlinie als auch in die internistische Leitlinie zur stationären Therapie mit ein, welche um die ambulante Behandlung erweitert wurde.

Für die ambulante Behandlung lässt sich sagen: Es gibt derzeit keine leicht verfügbare und leicht anwendbare wirklich überzeugende Therapie der SARS-CoV-2-Infektion im ambulanten Setting. Die Behandlung mit inhalativen Steroiden wird internistisch und allgemeinmedizinisch different eingeschätzt, wobei die internistischen Gesellschaften keine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von inhalativen Steroiden abgeben. Eine klare Empfehlung gibt es jedoch gegen den Einsatz systemischer Steroide zur COVID-19 Therapie im ambulanten Bereich.

Molnupiravir kann, wenn keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten verfügbar und klinisch angemessen sind, bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit COVID-19, bei denen kein Impfschutz und mindestens ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf vorliegt, innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn eingesetzt werden. Eine Schwangerschaft muss ausgeschlossen werden. Eine Aufklärung über die Teratogenität und potenzielle Mutagenität von Molnupiravir ist obligat.

Sotrovimab kann bei Patientinnen und Patienten mit COVID-19, bei denen kein Impfschutz und mindestens ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf vorliegt, ebenfalls innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn eingesetzt werden. Da es sich um eine Infusionstherapie handelt und eine entsprechende Nachbeobachtung erfolgen muss, wird diese Form der Therapie ggf. nur in kliniknahen Ambulanzen möglich sein.

Viele weitere therapeutische Behandlungsmöglichkeiten werden in dieser Leitlinie besprochen. Ein Blick hinein lohnt sich. Diese Leitlinienempfehlungen sind aber auch eine Momentaufnahme. Neue Virusvarianten und die Entwicklung weiterer medikamentöser Therapien werden in absehbarer Zeit zu einer Neu-Beurteilung der COVID-19-Therapie führen.

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Dr. Marcel Schorrlepp aus Mainz
Vorsitzender AG Hausärztliche Internisten in der DGIM, hat zusammen mit Professor Dr. Michael Pfeifer aus Donaustauf für die DGIM an dieser Leitlinie mitgearbeitet

DGIM fordert: Internisten in der hausärztlichen Versorgung stärken

Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte oder Adipositas: Viele Patientinnen und Patienten, die ihren Hausarzt aufsuchen, tun dies aufgrund von internistischen Erkrankungen. Entsprechend ihrer Weiterbildung sind hausärztliche Internistinnen und Internisten besonders qualifiziert, diese Patienten zu behandeln. Dennoch sind sie gegenüber Allgemeinmedizinern in vielen Punkten nach wie vor benachteiligt. Darauf weist die DGIM hin. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Leistungen auch in der Inneren Medizin ambulant in den niedergelassenen Praxen statt stationär in Kliniken erfolgen sollen, müsse auch die Position der hausärztlichen Internisten gestärkt werden, fordern Experten der Fachgesellschaft.

Obwohl Internisten seit jeher hausärztlich tätig sind, sind sie gesundheitspolitisch Hausärzten mit Weiterbildung in Allgemeinmedizin nicht immer gleichgestellt. „Benachteiligungen bestehen etwa bei der Förderung von Weiterbildungsassistenten“, erklärt Dr. med. Marcel Schorrlepp, hausärztlicher Internist aus Mainz. Auch manche Programme zur Förderung der landärztlichen Versorgung schließen hausärztliche Internistinnen und Internisten explizit aus. „Diese Regelung ist vor dem Hintergrund des zunehmenden Mangels an Landärzten nicht nachvollziehbar“, so Schorrlepp. Der DGIM-Experte wertet es daher als ermutigendes Signal, dass der hessische Landtag kürzlich ein Gesetz beschlossen hat, welches vorsieht, die Landarztquote für Medizinstudienplätze nicht mehr zwingend an eine Weiterbildung in Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendmedizin zu koppeln, sondern sie auch für eine Weiterbildung im Bereich der Inneren Medizin zu öffnen.

Internistische Leistungen quasi gratis

In Deutschland übernehmen Internisten bereits rund ein Drittel der hausärztlichen Versorgung, mit steigender Tendenz. „In der Primärversorgung war die internistische Expertise schon immer sehr wertvoll“, betont Schorrlepp. „Und sie wird in Zukunft noch häufiger gefragt sein.“ Denn Hausärzte betreuen immer komplexere Krankheitsbilder, Multimorbidität wird in der alternden Bevölkerung zur Regel. Gleichzeitig werden die Wartezeiten für einen Facharzttermin immer länger. Hier komme es den Patienten direkt zugute, wenn der internistisch weitergebildete Hausarzt hochqualifizierte weitere Diagnostik und Therapie durchführen könne, etwa eine Ultraschalluntersuchung, die endokrinologische Einordnung von Labordaten oder die komplette Betreuung einer Schilddrüsenerkrankung. „Bereits heute erbringen hausärztliche Internistinnen und Internisten neben der alltäglichen Primärversorgung viele internistische Leistungen quasi gratis“, so der Mainzer Hausarzt.

Auch mit Blick auf das gesundheitspolitische Ziel, dass mehr Leistungen ambulant statt stationär erbracht werden sollen, hält es Schorrlepp daher für dringend geboten, dass Förderprogramme und Gesetze, die den hausärztlichen Bereich betreffen, künftig auch Förderungen für hausärztlich tätige Internistinnen und Internisten vorsehen.„Die Gleichstellung hausärztlicher Internis- tinnen und Internisten mit allgemeinmedizinischen Kolleginnen und Kollegen wäre ein wichtiger Schritt, der in Zukunft die hausärztliche Versorgung der Bevölkerung zugutekommt“, so Schorrlepp.