Migräne und Schlaganfall: Die Verbindung verstehen und Risiken minimieren

Besonders Frauen unter 45 Jahren, die an Migräne mit Aura leiden, haben ein höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Wenn sie hormonelle Verhütungsmittel einnehmen oder Nikotin konsumieren, steigt das Risiko noch weiter. Langzeitstudien zeigen zudem, dass Personen mit Migräne generell ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben.

Besonders Frauen unter 45 Jahren, die an Migräne mit Aura leiden, haben ein höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Wenn sie hormonelle Verhütungsmittel einnehmen oder Nikotin konsumieren, steigt das Risiko noch weiter. Langzeitstudien zeigen zudem, dass Personen mit Migräne generell ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben. Es ist daher wichtig, dass diese Risikofaktoren bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Migräne berücksichtigt werden.

Eine umfassende Metaanalyse aus dem Jahr 2018 untersuchte die kardiovaskulären Risiken von Migränepatientinnen und Migränepatienten. Hierfür wurden 16 Kohortenstudien mit über einer Million Teilnehmenden, von denen fast 400.000 Personen an Migräne litten, herangezogen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Migränepatientinnen und Migränepatienten tragen ein erhöhtes Risiko für ischämische oder hämorrhagische Schlaganfälle (1,42-fach). Bei Personen mit einer Migräne mit Aura, war das Risiko um 1,56-fach erhöht. Die Ergebnisse dieser Studie sollten ernst genommen werden, um das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Migränepatientinnen und -patienten zu minimieren.

Ein bedeutsamer Indikator für das Risiko vaskulärer Erkrankungen

Studien über längere Zeiträume haben gezeigt, dass Migräne nicht nur das Risiko für Schlaganfälle erhöht, sondern auch in Verbindung gebracht werden kann mit anderen kardiovaskulären Ereignissen wie dem Myokardinfarkt (um 1,39-fach erhöht) und der kardiovaskulären Mortalität (um 1,37-fach erhöht). Eine aktuelle Auswertung der Women's Health Study untersuchte das absolute Risiko bei 27.858 Frauen (1.435 mit Aura, 2.177 ohne Aura und 24.246 ohne Migräne) über einen Zeitraum von durchschnittlich 22,6 Jahren. Die angepasste Inzidenzrate für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod) betrug bei Migränepatientinnen mit Aura 3,36 pro 1.000 Personenjahre und war somit deutlich höher als bei Frauen ohne Migräne (2,11). Bei Migränepatientinnen ohne Aura bestand kein Unterschied im Vergleich zu Frauen ohne Migräne. Frauen mit Migräne und Aura hatten auch eine signifikant höhere Inzidenz für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse als Frauen mit anderen Risikofaktoren wie Adipositas (2,29) und niedrigen HDL-Werten (2,63). Migräne mit Aura stellt somit einen der bedeutendsten vaskulären Risikofaktoren nach Diabetes und Rauchen dar.

Läsionen der weißen Hirnsubstanz und ihre Verbindung zur Migräne

Obwohl Migräne oft als vorübergehende Erkrankung ohne langfristige Auswirkungen betrachtet wird, deuten bildgebende Studien darauf hin, dass sie mit strukturellen Läsionen im Gehirn einhergehen kann. Eine niederländische Studie namens CAMERA untersuchte die Gehirne von 435 Personen mittels Magnetresonanztomografie (MRT) und fand heraus, dass Personen mit Migräne häufiger Läsionen der weißen Substanz (White Matter Lesions, WML) aufwiesen als gesunde Kontrollpersonen. Migränepatientinnen und -patienten wiesen besonders häufig WML auf. Patientinnen und Patienten mit Migräne im posterioren Stromgebiet hatten auch eine höhere Prävalenz von subklinischen Infarkten im Vergleich zu den Kontrollpersonen.

Eine französische Studie mit 780 Teilnehmenden ergab ähnliche Ergebnisse. Anhand von MRT-Aufnahmen des Gehirns wurde festgestellt, dass Migräne mit Aura eng mit dem Auftreten von WML und subklinischen Hirninfarkten assoziiert ist, auch außerhalb der posterioren Zirkulation.

Eine Langzeitstudie mit 4.689 Teilnehmenden über einen Zeitraum von 39 Jahren ergab, dass Menschen, die in jungen Jahren unter Migräne mit Aura litten, ein erhöhtes Risiko hatten, im späteren Leben im MRT infarktähnliche Läsionen zu entwickeln. Diese Studien zeigen, dass Migräne nicht nur ein vorübergehendes Problem ist, sondern auch langfristige Auswirkungen auf das Gehirn haben kann. Dabei zeigte sich insbesondere bei Frauen ein erhöhtes Risiko für zerebelläre Läsionen.

Eine gesteigerte Gefährdung für ischämische Hirnverletzungen und Schlaganfälle kann bei dem Vorhandensein von WML beobachtet werden. Besonders bei älteren Menschen ist dies ein signifikanter Prädiktor für Schlaganfälle, wie eine populationsbasierte Studie mit über 1.600 Teilnehmenden ab 65 Jahren ergab. Hierbei nahm das Risiko für einen Schlaganfall mit zunehmendem Ausgangsvolumen der WML deutlich zu. Jedoch scheinen WML nicht mit einem erhöhten Risiko für andere vaskuläre Ereignisse assoziiert zu sein. Experimente mit Mausmodellen zur familiären hemiplegischen Migräne zeigten eine erhöhte Sensibilität gegenüber Perfusionsdefiziten und größere ischämische Hirninfarkte. Zwei Kohortenstudien konnten diese Beobachtungen bei Menschen bestätigen und belegen eine gesteigerte Vulnerabilität des Gehirns gegenüber Ischämien bei Migräne.

Ist Migräne eine systemische vaskuläre Erkrankung?

Die genauen Mechanismen, die hinter dem erhöhten kardiovaskulären Risiko und der Entwicklung von WML bei Migränepatientinnen und -patienten stehen, sind bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass fokale Hypoperfusionen mit mikrovaskulären ischämischen Störungen zusammenhängen könnten. Zudem wurde festgestellt, dass Migräne mit Aura mit einer endothelialen Dysfunktion verbunden ist, die wiederum mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einhergeht. Eine weitere Untersuchung konnte zeigen, dass es eine Migräne-spezifische Assoziation zwischen einer herabgesetzten zerebrovaskulären Reaktivität auf Apnoe und einer erhöhten Anzahl von WML gibt.

Therapeutische Implikationen bei Migräne mit Aura

Die neuesten Forschungsergebnisse legen nahe, dass Migräne mit Aura als ein kardiovaskulärer Risikofaktor betrachtet werden sollte. Da vaskuläre Ereignisse in der Regel bei jüngeren Patientinnen und Patienten selten vorkommen, bleibt das absolute Risiko dennoch gering. Die therapeutischen Konsequenzen sind derzeit jedoch unklar. Es ist noch nicht bekannt, ob eine wirksame medikamentöse Prophylaxe das kardiovaskuläre Risiko senken kann. Migränepatientinnen und -patienten, die an Migräne mit Aura leiden, sollten auf das erhöhte Risiko von Schlaganfällen aufmerksam gemacht werden, ohne dass sie unnötig verunsichert werden. Es wird insbesondere empfohlen, weitere kontrollierbare Risikofaktoren wie die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva oder das Rauchen zu vermeiden.