Polyarthrose: Rechtzeitig Behandlung einleiten

Mehr als die Hälfte aller Frauen über 50 Jahren leiden nach längerer (Nacht-) Ruhe unter steifen, gelegentlich schmerzenden Fingern. Diese ersten Anzeichen einer Fingerpolyarthrose führen unbehandelt zu geschwollenen, unbeweglichen und deformierten Gelenken, die jeden Handgriff zur Qual werden lassen.

Erkrankung nicht einfach als Alterserscheinung hinnehmen

Mehr als die Hälfte aller Frauen über 50 Jahren leiden nach längerer (Nacht-) Ruhe unter steifen, gelegentlich schmerzenden Fingern. Diese ersten Anzeichen einer Fingerpolyarthrose führen unbehandelt zu geschwollenen, unbeweglichen und deformierten Gelenken, die jeden Handgriff zur Qual werden lassen. Auch wenn es sich bei der Erkrankung in erster Linie um eine Abnutzungserscheinung handelt, müssen Betroffene nicht tatenlos zusehen. Zur Verfügung stehen je nach Schweregrad unterschiedliche Therapien – von Bewegungsübungen bis hin zur Operation.

Die Fingerpolyarthrose ist stark verbreitet: Frauen trifft sie neunmal häufiger als Männer, oft sind Betroffene familiär vorbelastet. Ursache für die Erkrankung ist die Abnutzung der Gelenke. Auch wenn die Fingerpolyarthrose zusammen mit einer entzündlichen Gelenkerkrankung auftreten kann, sollten diese beiden Erkrankungen wegen des unterschiedlichen Erscheinungsbildes und der andersartigen Therapie voneinander getrennt werden. Schmerzende Fingergelenke werden dennoch allzu oft als bloße Alterserscheinung hingenommen. Dabei gibt es gerade bei rechtzeitiger Diagnose wirksame und schonende Anwendungen und Therapien, die den Krankheitsverlauf hinauszögern. Erst im fortgeschrittenen Stadium kommen Medikamente oder gar operative Eingriffe zum Einsatz. "Gerade zu Beginn der Erkrankung haben die Patienten zwar schon knöcherne Deformierungen an den Händen, aber unter Umständen noch gar keine Schmerzen", sagt Professor Dr. med. Ralph Gaulke, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und Leiter der Sektion obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Bereits in diesem frühen Stadium könnten Betroffene beginnen, mittels täglicher Bewegung der Finger die Beweglichkeit der Gelenke zu trainieren und so zu erhalten.

Zwischen Entzündung und Verschleiß unterscheiden

Kommen erste Schmerzen auf, ist es entscheidend für die Behandlung, ob es sich um aktuell entzündungsbedingte Schmerzen – im "warmen" Gelenk – handelt, oder ob sie rein verschleißbedingt sind; dann ist das Gelenk in der Regel "kalt". Ist letzteres der Fall, wirken Wärmeanwendungen schmerzlösend auf ein geschädigtes Gelenk. Bei "warmen" Gelenken können Eisbäder helfen. Auch individuell angefertigte Schienen können das Gelenk entlasten und dadurch Linderung verschaffen. Wird die Fingerpolyarthrose jedoch von einer Entzündung begleitet, ist sie schwerer zu behandeln. Viele Betroffene greifen zu schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten. "Das ist leider keine Dauerlösung, zumeist sind schwere Nebenwirkungen für Herz-Kreislauf-System und Magen-Darm-Trakt die Folge regelmäßiger Medikamenteneinnahme, warnt Experte Gaulke. Im ersten Schritt empfiehlt er auch hier, die Schmerzen über die Temperatur zu lindern.

Helfen Anwendungen nicht mehr weiter, ist die dauerhafte Verträglichkeit schmerzstillender Medikamente nicht gegeben oder schränkt die Fingerpolyarthrose Betroffene allzu sehr beim Bewegen der Hände ein, kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Durch das Greifen sind häufig die Gelenke von Daumen und Zeigefinger betroffen: Im Daumensattelgelenk reibt der Mittelhandknochen bei jeder Bewegung auf dem Vieleckbein, einem Handwurzelknochen. Dieser wird daher bei einer Operation entfernt. Die verbleibende Lücke führte in der Vergangenheit dazu, dass nach einiger Zeit erneut eine Instabilität beim Greifen im Daumen entstand. Daher sind einige OperateurInnen dazu übergegangen, anstelle des Knochens einen Kunststoffplatzhalter einzusetzen. Dieser löst sich langsam auf und wird durch festes Narbengewebe ersetzt – mit sehr guten klinischen Ergebnissen. Bei Mittel- und Endgelenken der Finger bringt eine Gelenkversteifung das beste Ergebnis. "Zu diesem Mittel sollten wir erst greifen, wenn die Schmerzen nicht mehr anderweitig behandelbar sind – die Folge einer Versteifung ist nämlich ein vollständiger Funktionsverlust im jeweiligen Gelenk", ergänzt Dr. med. Roger Scholz, Tagungspräsident seitens der DGORh und Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie an der COLLM KLINIK OSCHATZ. Dabei sei die Funktion der Gelenke nicht zu unterschätzen: Daumen und Zeigefinger ermöglichen das Greifen als grundlegende Bewegung für ein selbstständiges Leben. Aber auch die restlichen Finger und Gelenke leisten ihren Teil, stabilisieren den Griff und tragen zur Entlastung des Daumengelenks bei. "Deswegen gilt: Bei ersten Schmerzen in den Fingergelenken sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen, damit die Erkrankung frühzeitig optimal behandelt werden kann", so Scholz.