Ernährungsberatung bei Endometriose ist wichtig!

Eine Ernährungsberatung und -umstellung kann Endometriose-Patientinnen helfen – aber nur, wenn sie in der gynäkologischen Praxis auch stattfindet.

Die Endometriose ist häufig, kann sich in zahlreichen Fällen sehr negativ auf die Lebensqualität auswirken und stellt mit einer hohen Hospitalisationsrate auch gesundheitsökonomisch ein ernstzunehmendes Problem dar.1 Dennoch werden die betroffenen Frauen mit ihrem Leiden in der gynäkologischen Praxis nicht immer ernst genommen. Das gilt zudem für die ärztliche Ernährungsberatung – eine Maßnahme, deren Bedeutung im Management der Endometriose – wie auch bei anderen chronischen Krankheiten – nicht unterschätzt werden sollte.

Ernährungsberatung und -umstellung wirken

Eine Ernährungsberatung und das Wissen um Möglichkeiten der Nahrungsumstellung können sich positiv auf das Schmerzerleben und eine beeinträchtigte Lebensqualität auswirken. Diese Erkenntnis ist schon seit längerem prospektiv gesichert. Auch neuere Forschungen zeigen, dass sich die Entwicklung und der Verlauf einer Endometriose nutritiv beeinflussen lassen.

Allerdings ist die diesbezügliche Evidenz noch nicht so umfangreich und eindeutig, wie es wünschenswert wäre.2-4 Die seit fast zwei Jahren abgelaufene S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Endometriose enthält keinerlei Hinweise zu präventiven oder therapeutischen Aspekten einer Ernährungsintervention.1 Auch auf der vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) betreuten Website Patienten-Information.de findet sich unter „Endometriose – was für Sie wichtig ist“ kein Hinweis auf die Ernährung.

Das ist umso erstaunlicher, als gerade angesichts der limitierten Erfolgsaussichten einer konventionellen Endometriose-Therapie Ernährungsumstellungen im Spektrum der komplementären Verfahren und als möglicher Baustein eines ganzheitlichen Behandlungskonzepts eine wichtige Rolle spielen. Darauf weist etwa die Endometriose-Vereinigung Deutschland auf ihrer Website hin. Auch in gesundheitsorientieren Publikumsmedien, Büchern und Patientenbroschüren wird die Rolle der Ernährung als wichtiges Instrument des Selbstmanagements bei Endometriose gewürdigt.

Wichtig: die Unterstützung durch Familie und Freunde – und das Fachpersonal!

In der Fachliteratur berichtet eine aktuelle Publikation aus Schweden über die Erfahrungen von Endometriose-Patientinnen, die ihre Ernährung mit dem Ziel einer Symptomreduktion individuell umstellten.3 Es wurden zwölf Frauen im Alter zwischen 28 und 44 Jahren über zwei Hilfe-Foren im Internet rekrutiert und in einem semistrukturierten Interview befragt.

In Folge ihrer Ernährungs- und Lebensstilinterventionen erfuhren die Teilnehmerinnen eine Zunahme des Wohlbefindens und eine Abnahme der Symptomatik. Sie fühlten auch, dass die Ernährungsumstellung für höhere Energieniveaus und ein tieferes Verständnis sorgte, wie sie ihre Gesundheit beeinflussen konnten, indem sie auf die Reaktionen ihres Körpers hörten. Die interviewten Frauen verstanden, dass sie ihre Symptome durch Lebensstilmodifikationen beeinflussen konnten. Wichtig für die Implementierung und Aufrechterhaltung ihrer Ernährungsumstellung war die Unterstützung durch Familie und Freunde. Allerdings hoben die Befragten den Mangel an Unterstützung durch das medizinische Fachpersonal hervor.3

Aktives Ernährungsmanagement fördert die Selbstwirksamkeit

Den Wissenschaftlern zufolge handelt es sich um die erste qualitative Studie zu den Auswirkungen einer Ernährungsumstellung bei Endometriose-Patientinnen. Die geringe Zahl an Probandinnen und ihre Rekrutierung über krankheitsspezifische Internetforen sind zwar limitierende Faktoren. Die in Bezug auf Symptomreduktion und Lebensqualität positiven Ergebnisse lassen dennoch das Potenzial von Ernährungsstrategien und Lebensstiländerungen als therapeutische Maßnahmen bei Endometriose erkennen. Weitere Forschung zugunsten spezifischer evidenzbasierter Empfehlungen ist sicher nötig. Die Studienautoren raten abschließend dazu, das Wissen und die Erfahrung der Patientinnen zu berücksichtigen und ihnen eine aktive Beteiligung an ihrer eigenen Versorgung zu ermöglichen.3

Auf potenzielle Nickelsensibilität achten

Mit einem sehr spezifischen Ernährungsaspekt beschäftigt sich eine kleine Studie der Sapienza Universität Rom, die im Januar 2020 erschienen ist.3 Dabei geht es um den Zusammenhang zwischen Endometriose und Nickel, einem führenden Kontaktallergen. Die Nickelallergie betrifft mit einer Prävalenz von bis zu über 30 % vor allem junge Frauen. Neben einer allergischen Kontaktdermatitis und -mukositis kann es zu Reizdarm-Symptomen und extraintestinalen Beschwerden kommen. Solche Probleme sind auch bei Endometriose-Patientinnen häufig zu beobachten.3

Die offene Studie beendeten 31 Frauen mit Endometriose und gastrointestinalen Symptomen. Bei 28 von ihnen (90 %) wurde anhand eines positiven oralen Mukosa-Patch-Tests eine Nickelallergie bzw. -sensibilität diagnostiziert. Die Patientinnen erhielten über 3 Monate eine ausgewogene nickelarme Kost. Danach zeigte sich in der Fragebogen-gestützten Erhebung eine signifikante Reduktion der gastrointestinalen, extraintestinalen und gynäkologischen Symptome im Vergleich zum Ausgangsniveau.3 Zwar ist die Evidenzstärke der Arbeit gering, ihr Fingerzeig auf die Bedeutung einer gründlichen Allergie- und Ernährungsanamnese bei Endometriose-Patientinnen aber beachtenswert.

Patienten-Tipps für die Ernährung bei Endometriose

Grundsätzliches:

Entzündungshemmend und stärkend für das Immunsystem:

Östrogensenkend:

Für eine ausgeglichene Verdauung:

Zur Linderung von Blähungen und Übelkeit:

Bei Endometriose lieber meiden:

Diese Auflistung und weitere Informationen zur Ernährung, die sich an der aktuellen Evidenzlage orientieren, sind in der Aristo-Patientenbroschüre „Das Leben regeln – auch mit Endometriose“ enthalten.

Dr. Hubertus Glaser

Referenzen:

  1. DGGG Leitlinienprogramm. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Endometriose. AWMF-Register Nr. 015/045. Gültig bis 30.08.2018 (abrufbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-045.html)
  2. Kaiser B, Korell M. Ergebnisse der Ernährungsberatung bei Frauen mit Endometriose. J Gynäkol Endokrinol 2008;2(2):58-61
  3. Endokrinologische Probleme und Co. Was hat Frauenheilkunde mit Ernährungsmedizin zu tun? Gynäkologie + Geburtshilfe 2018. https://doi.org/10.1007/s15013-018-1552-5
  4. Gasparini E. Can diet improve the symptoms of endometriosis? Sadly, there’s no clear answer. theconversation.com; 18.02.2018 (Zugriff am 28.05.2020)
  5. Simmen RCM, Kelly AS. Seeing red: diet and endometriosis risk. Ann Transl Med 2018;6(Suppl 2):S119
  6. Vennberg Karlsson J et al. Experiences of health after dietary changes in endometriosis: a qualitative interview study. BMJ Open 2020; 10(2):e032321
  7. Borghini R et al. Irritable Bowel Syndrome-Like Disorders in Endometriosis: Prevalence of Nickel Sensitivity and Effects of a Low-Nickel Diet. An Open-Label Pilot Study. Nutrients 2020;12(2):341