Hohe Kosten bei Rheuma? So können Sie gegensteuern

Die Volkskrankheit «Rheuma» belastet Betroffene und das Gesundheitssystem gleichermaßen. Lesen Sie hier, warum ein früher Therapiestart nicht nur mit Blick auf die Finanzen entscheidend ist.

Die Bezeichnung Rheuma (griechisch für „ziehender, reißender Schmerz“) ist Sammelbegriff für mehr als 400 verschiedene spezifische Erkrankungen – von Arthrose über Gicht und Lupus bis hin zur Fibromyalgie. Allen gemeinsam sind starke und lang andauernde Schmerzen im Bewegungsapparat. Die Folgen reichen von Einbußen der Lebensqualität bis hin zur Erwerbsuntätigkeit.

Rheuma belastet das Gesundheitssystem

Meist bezeichnet der Begriff Rheuma das entzündliche Gelenkrheuma. Dazu gehören die Rheumatoide Arthritis und die Psoriasis-Arthritis.1 Rund 2 Millionen Menschen in Deutschland, das entspricht knapp 3 % der erwachsenen Bevölkerung, sind von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen betroffen2 – Tendenz steigend3. Laut Statistischem Bundesamt waren Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems die zweithäufigste Ursache für Arbeitsausfälle im Jahr 2022.4 Daraus resultierende wirtschaftliche Faktoren und die Versorgung von Betroffenen führen jährlich zu enormen Kosten, die das Gesundheitssystem erheblich belasten.4 Gibt es Möglichkeiten gegenzusteuern?

Fortschritte in der Therapie – Rückgang der Krankheitsaktivität

Die Einführung der ersten Biologika vor gut 20 Jahren hat die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen auf ein bis dahin unerreichtes Level katapultiert. Die Krankheitslast konnte deutlich gesenkt werden (siehe auch Tabelle 1) und auch der beobachtete Rückgang der Arbeitsausfalltage um ein Drittel spricht für sich.5 Inzwischen hat sich außerdem die Lebenserwartung der Betroffenen an den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung angeglichen.5

Die Entwicklung der noch jungen JAK-Inhibitoren gilt als weiterer Meilenstein in der Rheumatherapie: Sie hemmen die Ausschüttung von Zytokinen sehr spezifisch und sind teilweise in Tablettenform erhältlich.

Diagnosekriterium Jahr Jahr
Hoher Schweregrad 1994 23% 2016 13%
Mittlere Krankheitsaktivität (DAS28-Punktewert) 1997 4,6 2016 3,1
Remission (DAS28 < 2,6) 1997 13% 2016 39%
Niedrige Krankheitsaktivität (0–3 auf NRS-Skala von 0–10) 1996 49% 2016 84%
axSpA: ASDAS < 2,1 2011 39% 2016 47%

Warum steigen die Kosten trotzdem?

Die neuen Wirkstoffe haben jedoch ihren Preis: Eine Behandlung mit Biologika (bDMARD) kostet pro Jahr 12.000 bis 25.000 Euro pro Patient:in, bei den JAK-Hemmern liegen die Kosten bei 15.000 bis 18.000 Euro.6

Anders ausgedrückt: Pro Einwohner:in beliefen sich die Kosten einer Muskel-Skelett-Erkrankung im Jahr 2020 hierzulande auf 500 Euro, während es fünf Jahre zuvor noch 400 Euro waren.7

Der (frühe) Einsatz dieser Medikamente lohnt sich jedoch in den allermeisten Fällen: Denn Folgekosten und Komorbiditäten durch eine fortgeschrittene Erkrankung reißen noch größere Löcher in die Kassen.

Weitere Gründe für die höheren Kosten sind die gestiegenen Patientenzahlen, da heute durch bessere Diagnosemöglichkeiten, zum Beispiel fortschrittlichere Bildgebung, mehr Erkrankungen erkannt werden. Auch lange stationäre Aufenthalte, die vor allem bei spätem Therapiebeginn und fortgeschrittener Erkrankung notwendig werden können, schlagen mit hohen Kosten zu Buche.

Unmeet needs bei Rheuma

Obwohl die medikamentöse Versorgung sich entscheidend verbessert hat, bleiben Defizite, vor allem mit Blick auf die Versorgungssituation: Im Praxisalltag werden die Leitlinien der Fachgesellschaften oft nicht konsequent beachtet. Das Resultat: Betroffene erhalten nicht die optimale Therapie, zum Beispiel wenn5

Oft vergessen: Kosten durch Folge- oder Begleiterkrankungen

Neben den Kosten für die neuen Medikamente entfallen auch auf die Therapie von Folge- und Begleiterkrankungen von Rheuma große Summen. Häufig werden entzündlich-rheumatische Erkrankungen von Fatigue, Depressionen, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen begleitet – ebenfalls verbunden mit Arbeitsausfällen und weiteren Belastungen für das Gesundheitssystem.3 Ganz zu schweigen von deren Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf der Betroffenen.

Leitsatz zum Therapiestart: Je früher, desto besser!

Expert:innen sind sich einig: Ein früher Therapiestart ist entscheidend. Leider vergeht oft immer noch zu viel Zeit zwischen den ersten Symptomen und dem erstem Arztbesuch – ein Problem, das sich durch den zunehmenden Fachärzt:innenmangel noch verstärken wird: Viele Regionen in Deutschland sind bereits jetzt unterversorgt, teils gibt es gar keine niedergelassenen Rheumatolog:innen (mehr).3

So kommt es, dass durchschnittlich knapp ein Jahr bis zum Beginn der Behandlung vergeht.3 Bei weniger häufigen Indikationen haben Patient:innen oft sogar eine mehrjährige Arzt-Odyssee hinter sich bis die richtige Diagnose gestellt ist: Fibromyalgie wird im Mittel erst nach fünf bis sieben Jahren diagnostiziert.6 Idealerweise sollte die Therapie aber innerhalb von drei Monaten nach dem Auftreten erster Symptome eingeleitet werden, um den bestmöglichen Verlauf zu garantieren.3

Früher Einsatz lohnt sich doppelt

Verläuft die Krankheit durch frühes Eingreifen günstig, werden weitaus weniger Folgetherapien benötigt. Dies kann die Therapiekosten erheblich senken, wie eine Studie zu Rheumatoider Arthritis zeigt:8 Auf Patient:innen, die innerhalb von 2, 3 oder 6 Monaten eine DAS28-Remission erreicht hatten, entfielen in den nächsten 2 bis 3 Jahren signifikant geringere Behandlungskosten als auf diejenigen Patient:innen, die eine frühe Remission nicht erreichten.8 Grund dafür ist insbesondere der geringere Bedarf an Biologika, aber auch die niedrigere Zahl der Hospitalisierungen und geringe Kosten in Verbindung mit Folge- und/oder Begleiterkrankungen. Diese Rechnung lässt sich ebenso auf weitere entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie axiale Spondyloarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) übertragen.

Fazit

Eine frühzeitige Diagnose sowie die leitliniengerechte (Erst-)Therapie sind die besten Voraussetzungen für einen positiven Krankheitsverlauf und das Erreichen einer Remission bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Der damit einhergehende Rückgang an Folge- und Begleiterkrankungen kann nicht nur die Kosten einer Rheumabehandlung entscheidend senken, sondern auch das Leid der Betroffenen mindern.

Abkürzungen

JAK: Januskinase(n)
DAS28: Disease Activity Score 28
NRS: Numeric Rating Scale
axSpA: axiale Spondyloarthritis
ASDAS: Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score
bDMARD: biological Disease Modifying Anti-Rheumatic Drug

Quellen

  1. https://www.qualitaetskliniken.de/erkrankungen/rheuma/#Wer%20%C3%BCbernimmt%20Die%20Kosten%20f%C3%BCr%20Die%20Reha? (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023).
  2. https://dgrh.de/Start/DGRh/Presse/Daten-und-Fakten/Rheuma-in-Zahlen.html (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023).
  3. https://versorgungsauftrag-rheuma.de/ (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023).
  4. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/77239/umfrage/krankheit-hauptursachen-fuer-arbeitsunfaehigkeit/ (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023).
  5. Albrecht K, et al. Z Rheumatol 2019;78(Suppl 2):S65-S72.
  6. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/rheuma-therapie-kostet-viel-bringt-aber-auch-viel/ (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023).
  7. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankheitskosten/Tabellen/krankheitsklassen-geschlecht.html (zuletzt aufgerufen am 21.09.2023)
  8. ten Klooster PM, et al. Clin Rheumatol 2019;38:2727–2736.

PP-AU-DE-1921