Impfungen bei Immundefizienz: Aktuelle Expertenempfehlungen

Immundefizienz erh&ouml;ht die Anf&auml;lligkeit f&uuml;r Infektionen.<sup>1</sup> Umso wichtiger also ein guter Impfschutz &ndash; auch gegen COVID-19<sup>2</sup>. Was gilt es bei Betroffenen zu beachten? Die STIKO hilft mit &uuml;bersichtlichen Anwendungshinweisen.*

Patient:innen mit Autoimmunerkrankungen wie bspw. der rheumatoiden Arthritis (RA) sind einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Ein Umstand, der vermutlich durch immunsuppressive Therapien oder auf die immunmodulierenden Effekte der Erkrankung selbst zurückzuführen ist.3 Die Folge: Impfpräventable Infektionen wie z.B. Influenza, können bei manifesten Autoimmunerkrankungen oder unter immunsuppressiver Therapie schwerer verlaufen bzw. mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen verbunden sein. Impfungen zum Schutz vor Infektionen sind bei Menschen mit Autoimmunerkrankungen deshalb besonders wichtig.1

Klare Anwendungshinweise schaffen Sicherheit

Tatsächlich aber ist hier ein Widerspruch zu beobachten: Die Impfquoten bei Personen mit Autoimmunkrankheiten bzw. unter immunmodulatorischer Therapie sind oft geringer als bei Gesunden.4 Ursache scheint die Sorge vor mangelnder Sicherheit und unzureichender Wirksamkeit der Impfung zu sein.5, 6 Eine Sorge, die unberechtigt ist, solange gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden.

Genau aus diesem Grund stellte eine Arbeitsgruppe aus Expert:innen auf Initiative der Ständigen Impfkommission (STIKO) hin einige Anwendungshinweise zusammen.1 Wir haben das Wichtigste für Sie zusammengefasst.

Impfung mit Totimpfstoffen prinzipiell möglich

Totimpfstoffe können prinzipiell auch unter einer immunsuppressiven Therapie angewendet werden.1 Es besteht kein erhöhtes Risikofür unerwünschte Nebenwirkungen.7 Nichtsdestotrotz kann das Ausmaß der therapieinduzierten Immunsuppression die Wirkung der Impfung beeinflussen.1 Um einen optimalen Impferfolg zu erzielen, sollten Impfungen deshalb zwei, besser vier Wochen vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie abgeschlossen sein.1

Im Praxisalltag ist dies aber nicht immer möglich. In diesem Fall lautet die Expertenmeinung: Auch wenn der Abstand kürzer ist – lieber vor als während der immunsuppressiven Therapie impfen. Für den Fall, dass parallel zu solch einer Therapie geimpft werden muss, sollte darauf geachtet werden, dass die Erkrankung stabil und die Therapie zu diesem Zeitpunkt sowenig immunsuppressivwie möglich ist.1

Mehr Vorsicht beim Gebrauch von Lebendimpfstoffen

Bei Lebendimpfstoffen sieht die Situation laut Expertenmeinung etwas anders aus. Aufgrund der attenuierten, aber lebenden Viren, steigt das Risiko einer Erkrankung sowie schwerer Komplikationen während der immunsuppressiven Therapie.8-10 Die STIKO empfiehlt deshalb, Lebendimpfstoffe bis spätestens vier Wochen (in einigen Fällen sogar sechs Wochen) vor Beginn der immunsuppressiven Therapie einzusetzen.1

Ausnahmen sollten nur in begründeten Einzelfällen und nach sorgfältiger individueller Risiko-Nutzenabschätzung in Betracht gezogen werden. Bei Therapien mit schwerer immunsuppressiver Wirkung empfehlen die Expert:innen generell auf Lebendimpfstoffe zu verzichten.1

Besonders wichtig – Coronaimpfung auch bei rheumatischen Erkrankungen

Im gesellschaftlichen Fokus und damit besonders stark diskutiert: Die SARS-CoV2-Impfung. Die Ad-Hoc-Kommission COVID-19 der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. veröffentlichte diesbezüglich im Oktober 2022 eine aktualisierte Stellungnahme unter Berücksichtigung der neuesten COVID-19 Impfempfehlung der STIKO.11

Darin bestätigt die Kommission, dass es für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen keine medizinischen Gründegegen eine SARS-CoV2-Impfung gibt.11

SARS-CoV-2: Grundimmunisierung – und dann?

Neben der Grundimmunisierung (meist zwei Impfungen) wird allen Patient:innen mit einer rheumatischen Erkrankung eine Auffrischimpfung empfohlen.11 In Anbetracht der vorherrschenden Omikron-Variante empfiehlt die STIKO in ihrer aktuellen COVID-19 Impfempfehlung, letztere mit einer der verfügbaren Omikron-adaptierten, bivalenten mRNA-Impfstoffe durchzuführen.2

Darüber hinaus sollten Patient:innen ab einem Alter von 60 Jahren sowie einem Alter ab fünf Jahren mit Grunderkrankungen wie Immundefizienz eine weitere Auffrischungsimpfung (meist vierte Impfung) erhalten. Diese sollte im Abstand von mindestens sechs Monaten zur vorherigen Impfung oder frühestens drei Monate nach einer Coronainfektion erfolgen.11

Im Einzelfall kann nach sechs Monaten sogar eine weitere Auffrischungsimpfung sinnvoll sein.11 Dies gilt für Patient:innen mit besonderer Gefährdung, z. B. bei Immundefizienz. Eine Entscheidung, die von den behandelnden Ärzt:innen gemeinsam mit den Patient:innen unter Berücksichtigung deren Gesundheitszustandes und der individuellen Gefährdung getroffen werden sollte.11

Fazit:

* Die Anwendungshinweise sind keine STIKO-Empfehlungen nach §20 Abs. 2 IfSG. Sie geben nur Hilfestellung für Ärzt:innen und haben keine leistungsrechtliche Implikation.1

Quellen

  1. Wagner N, et al. Bundesgesundheitsbl. 2019; 62: 494-515.
  2. Beschluss der STIKO zur 22. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung. RKI 2022; verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/40_22.pdf?__blob=publicationFile (abgerufen am 08.11.2022).
  3. Doran MF, et al. Arthritis Rheum 2002; 46: 2294-2300.
  4. Loubet P, et al. Vaccine 2015; 33: 3703-3708.
  5. Wasan SK, et al. Inflamm Bowel Dis 2014; 20: 246-250.
  6. Hmamouchi I, et al. Vaccine 2015; 33: 1446-1452.
  7. Bemben NM, Berg ML. Pharmacotherapy 2022; 42: 334-342.
  8. Morillo-Gutierrez B, et al. Pediatr Infect Dis J 2015; 34: 1040-1041.
  9. Perelygina L, et al. J Allergy Clin Immunol 2016; 138: 1436-1439 e1411.
  10. Neven B, et al. Clin Infect Dis 2017; 64: 83-86.
  11. Stellungnahme der DGRh zur COVID-19-Impfung. DGRh 2022; verfügbar unter: https://dgrh.de/Start/Wissenschaft/Forschung/COVID-19/Stellungnahme-der-DGRh-zur-COVID-19-Impfung.html (abgerufen am 08.11.2022).

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