Psoriasis-Arthritis: sportlich aktiv – gut fürs Gelenk
Sportliche Betätigung ist gesund und wichtig – auch oder sogar besonders bei rheumatischen Erkrankungen. Jedoch kann diesen Betroffenen der Einstieg zum Sport aufgrund von Schmerzen schwerfallen. PD Dr. Christian Sturm hat wertvolle Tipps zur Motivation Ihrer Patient:innen zur Hand.
Patienten mit Psoriasis Arthritis (PsA) vermeiden häufig sportliche Aktivitäten wegen ihrer geschwollenen und schmerzenden Gelenke. Dabei ist Sport besonders wichtig, denn regelmäßige Übungen helfen den Patienten, ihre Beweglichkeit zu erhalten. PD Dr. Christian Sturm, Orthopäde aus Hannover, weiß im Interview, wie Sie Ihre Patienten motivieren können, sich mehr zu bewegen – inklusive Tipps zum Download.
PD Dr. Christian Sturm ist Orthopäde, Unfallchirurg und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Er ist als Oberarzt in der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover tätig. Seit Langem ist er Verfechter eines ganzheitlichen Ansatzes. Für den NDR arbeitet Dr. Sturm als "Bewegungs-Doc". Er ist außerdem Mitautor des Buchs "Die Bewegungs-Docs: Bewegung als Medizin. Schritt für Schritt gesund und fit werden".
PD Dr. Christian Sturm
Orthopäde aus Hannover
© privat
LILLY: Herr Dr. Sturm, warum ist sportliche Aktivität so wichtig bei der PsA?
Dr. Sturm: Bewegung bis hin zum Sport ist für praktisch jeden Menschen von Bedeutung. Allerdings fühlen sich viele Menschen mit PsA durch die zum Teil geschwollenen und schmerzenden Gelenke in der Ausübung eingeschränkt. Sie meiden häufig sportliche Aktivitäten und bahnen damit sogar einen Teufelskreis. Denn die fehlende Bewegung ist schlecht für die Gelenksituation, Muskeln und Kraft bilden sich zurück, was sportliche Aktivität noch schwieriger macht. Wer aber regelmäßig Sport treibt, tut seinen Gelenken etwas Gutes, mindert deren Entzündungsbereitschaft und verbessert seine Kondition.
LILLY: Ist Sport bei akuten Schüben anders zu bewerten als in ruhigen Krankheitsphasen?
Dr. Sturm: Früher hat man Menschen mit rheumatischer Erkrankung – also auch Patienten mit PsA – geraten, während eines akuten Schubs nicht sportlich aktiv zu sein. Das gilt heutzutage nicht mehr. Wir wissen im Gegenteil, dass Bewegung dem Körper und den Gelenken in allen Phasen der Erkrankung guttut. Jedoch kann die Möglichkeit, zu trainieren bei starken Schmerzen im akuten Schub limitiert sein. Dennoch ist Bewegung wichtig, weil sie dazu beiträgt, Entzündungsmediatoren in den Gelenken abzubauen.
LILLY: Warum sind viele Patienten schwer zu sportlicher Aktivität zu motivieren? Welche Rolle spielt in dieser Hinsicht eine mögliche Stigmatisierung durch die Psoriasis der Haut?
Dr. Sturm: Die Stigmatisierung durch die Hauterscheinungen bei der Psoriasis kann eine gewisse Rolle spielen. Bedeutsamer noch scheint es mir zu sein, dass viele Menschen nicht gewohnt sind, sich regelmäßig zu bewegen. Dann ist es schwierig, die ersten Schritte zu einer aktiveren Lebensweise umzusetzen. Es ist sehr wichtig, die Patienten auf diesem Weg zu unterstützen. Bei der PsA kommen die häufig schmerzenden Gelenke erschwerend hinzu.
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LILLY: Zu welchen sportlichen Aktivitäten sollte man die Patienten konkret motivieren?
Dr. Sturm: Von großer Bedeutung ist, dass die Patienten sich überhaupt bewegen. Sie dürfen prinzipiell alle sportlichen Aktivitäten ausüben, die ihnen Spaß machen und die sie dann regelmäßig betreiben. Es geht vor allem um eine Verbesserung der Kraft, weil das hilft, die Gelenke zu stabilisieren. Wenn beispielsweise die Muskeln um das Kniegelenk herum stark sind, können sie helfen, das Knie stabil zu halten. Scherkräfte, die das Knie seitlich belasten, werden dann minimiert und das Risiko für Kniereizungen reduziert sich. Ähnliche Effekte hat das Training der Koordination, wir sprechen auch von der Propriozeption (auch Tiefensensibilität genannt; Es ist die Sinneswahrnehmung, mit welcher der Körper das Gehirn über die Position der eigenen Gliedmaße informiert.), dass die Steuerung der Knie verbessern kann. Wichtig ist zudem ein Ausdauertraining. Es stärkt die Kondition und es kann dazu beitragen, Entzündungsaktivität zu minimieren. Wenn Patienten Schmerzen bei Bewegung haben, dürfen sie selbstverständlich Schmerzmittel einnehmen, um weiter aktiv sein zu können. Schmerzmittel sollten nicht vorsorglich eingenommen werden, um beim Sport keine Schmerzen zu bekommen und damit insgesamt leistungsfähiger zu sein.
LILLY: Wie lange sollte trainiert werden?
Dr. Sturm: Die ideale Dauer der sportlichen Betätigung ist individuell unterschiedlich. Generell empfehlen wir, 5 Mal pro Woche eine rumpfaktivierende, also den ganzen Körper bewegende Aktivität auszuüben. Deren Dauer richtet sich nach dem individuellen Leistungsvermögen und ist langsam zu steigern. Bei Menschen, die bislang inaktiv waren, reicht es anfangs aus, zweimal pro Woche entsprechend dem eigenen Leistungsvermögen aktiv zu werden – beispielsweise bei einem Spaziergang, Schwimmen oder Radfahren – und die Dauer und Intensität der Bewegung langsam zu steigern.
LILLY: Welche positiven Effekte des Sports kann man insgesamt bei der PsA erwarten?
Dr. Sturm: Neben den allgemeinen für die Gesundheit beachtlichen Effekten wie einer Verbesserung der Kondition, Kraft und Koordination kann ein vernünftiges Training bei Menschen mit PsA wie beschrieben dazu beitragen, Gelenkreizungen vorzubeugen, Entzündungsmediatoren abzubauen und damit Schmerzen und Schwellungen der Gelenke zu verhindern oder zu bessern. Das kann durchaus eine Reduktion der Krankheitsaktivität zur Folge haben. Es darf nicht vergessen werden, dass neben der PsA häufig Begleiterkrankungen wie etwa Herz-Kreislauferkrankungen, ein Diabetes, eine chronische Atemwegserkrankung oder eine Depression vorliegen. Im Allgemeinen wirkt sich regelmäßige körperliche Aktivität positiv auf solche Begleiterkrankungen aus. Und last but not least kann Sport einen erheblichen Beitrag zur Krankheitsbewältigung leisten. Wer sportlich aktiv ist, fühlt sich – mit und auch ohne PsA – in aller Regel in seinem Körper wohler als ein „Bewegungsmuffel“ und ist besser in der Lage, mit krankheitsbedingten Restriktionen umzugehen. Wir sprechen bei solchen Effekten von der Selbstwirksamkeit: Der Betreffende erlebt direkt, dass er seiner Erkrankung und der Einnahme von Medikamenten nicht ausgeliefert ist, sondern dass er selbst etwas für sich und seine Gesundheit tun kann.
LILLY: Was kann man Patienten raten, wenn sie anfangs hinsichtlich eines adäquaten Trainings bei der PsA unsicher sind?
Dr. Sturm: Patienten, die mit einem körperlichen Training beginnen möchten, sollten die geplanten Aktivitäten gern ärztlich überprüfen lassen und sich über Art und Umfang beraten lassen. Es ist sinnvoll, die sportliche Aktivität zunächst mit einer krankengymnastischen Behandlung zu begleiten. In Zusammenarbeit mit dem Physiotherapeuten können dann die richtigen Übungsabläufe erlernt werden und die Patienten erfahren, worauf sie in puncto Haltung und Ausführung von Bewegungen zu achten haben. Es gibt ferner spezielle Anlaufstellen, bei denen man Beratungen erhalten kann wie beispielsweise Sportvereine oder Rehaeinrichtungen.
LILLY: Herr Dr. Sturm, haben Sie vielen Dank für das interessante Gespräch.
8 Tipps, wie Sie Ihre Patienten zu mehr Bewegung motivieren, finden Sie hier .
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