Diskriminierung von Menschen mit HIV im Arbeitsleben

Medizinisch wurde im vergangenen Jahrzehnt sehr viel erreicht und auch rechtlich ist die Situation eindeutig zugunsten der HIV-Patienten geklärt. Doch in den Köpfen der Mitmenschen herrschen nach wie vor Angst vor Ansteckung.

Auch Gesundheitswesen nicht ohne Schuld

Die Viruslast bei Menschen mit HIV mit gut eingestellter Therapie ist heutzutage unterhalb der Nachweisgrenze. Das bedeutet, diese Menschen sind im Alltag und auch in der medizinischen Routine nicht länger ansteckungsfähig. Medizinisch wurde im vergangenen Jahrzehnt sehr viel erreicht und auch rechtlich ist die Situation eindeutig zugunsten der HIV-Patienten geklärt. Doch in den Köpfen der Mitmenschen herrschen nach wie vor Angst vor Ansteckung und Informationsmangel – Grundlage für die Diskriminierung und Stigmatisierung von uneingeschränkt arbeitsfähigen und arbeitswilligen Menschen.

Für Betroffene ist es sehr schwer einzuschätzen, wann und vor wem sie sich im Berufsleben offenbaren können. Akzeptanz und Unterstützung sind leider noch immer nicht von allen zu erwarten. Daher verheimlichen viele ihre HIV-Infektion, was gerade im beruflichen Umfeld zu einer nachhaltigen Belastung führt.

Leider ist auch das Gesundheitswesen nicht von Diskriminierung frei. Selbst in der Ärzteschaft und beim Pflegepersonal kommen teils "haarsträubende" Fälle vor. HIV-positive Pflegebedürftige werden nicht aufgenommen oder der Status wird weitergetragen, bzw. über Markierungen in der Krankenakte offensichtlich gemacht.

Darüber hinaus kommt es häufiger bereits im Bewerbungsverfahren zu vielfältigen und dennoch völlig grundlosen Diskriminierungen. Fragen nach einer HIV-Infektion oder ein einstellungsrelevanter aktueller HIV-Test bzw. Schweigepflichtbrüche durch Kollegen oder den Betriebsarzt sind nur einige der zu beobachtenden Vorfälle.

Menschen mit HIV unter Therapie sind voll arbeitsfähig und keine Gefahr

Die HIV-Infektion ist heute, dank der modernen Therapieregime, eine chronische Erkrankung geworden. Mit früher Behandlung erreichen Menschen mit HIV eine der nicht-infizierten Bevölkerung vergleichbare Lebenserwartung. Die Therapie ist hochwirksam und oft genügt eine einzige Tablette pro Tag. In der Folge der Behandlung sinkt bei circa 93 % der Patienten die Viruslast unter die Nachweisgrenze, wodurch eine weitere Übertragung der Infektion ausgeschlossen werden kann. Ein Übertragungsrisiko für Dritte besteht demnach im Arbeitsleben nicht.

Die meisten Menschen mit HIV sind uneingeschränkt berufstätig und belastbar. Im Durchschnitt sind sie auch nicht öfter oder länger krankgeschrieben als ihre nicht-infizierten KollegInnen. Daher existieren auch keine Berufsverbote oder Tätigkeitsbeschränkungen für Menschen mit HIV. Ebenso können diese im Gesundheitswesen eingesetzt werden, ob als Pfleger oder Arzt. Einzige Ausnahme sind HIV-positive Chirurgen mit einer Viruslast von > 50 Kopien pro Milliliter.

Fazit

Die chronische HIV-Infektion wird als Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) betrachtet, welches im Grunde Schutz vor Diskriminierung unter anderem im Arbeitsleben bieten soll. Wenn es damit auch eine Rechtsgrundlage im Kampf gegen nachteiliges Verhalten im Bewerberverfahren oder im Anstellungsverhältnis darstellt, so hilft es jedoch nicht gegen die Angst und den Informationsmangel in den Köpfen der KollegInnen. Hier ist zukünftig mittels Informationskampagnen und Schulungen der Boden für mehr Akzeptanz und ein diskriminierungsfreies, kollegiales Miteinander zu bereiten.

Quelle:
Pressekonferenz vom 23.03.2018 anlässlich der 17. Münchner AIDS- und Hepatitis-Tage in Berlin.