Colitis ulcerosa: Patienten mit ins Boot holen

Die physische und psychische Belastung von Patienten mit Colitis ulcerosa ist hoch. Dabei muss auf die Lücke in der Wahrnehmung zwischen Patient und Arzt geachtet werden.

Die physische und psychische Belastung von Patienten mit Colitis ulcerosa ist hoch

Dabei muss auf die Lücke in der Wahrnehmung zwischen Patient und Arzt geachtet werden. Möglicherweise ist es mit einer Treat-to-Target-Strategie möglich, den natürlichen Verlauf der Erkrankungen zu ändern. Die Einbeziehung des Patienten, z. B. mit Hilfe von Apps, kann die Therapieergebnisse deutlich verbessern und Ressourcen sparen, wie bei einem von MSD Sharp & Dohme veranstalteten Symposium am 31. Oktober bei der UEG-Week 2017 eindrucksvoll demonstriert wurde.

Die Belastung der Patienten durch eine Colitis ulcerosa wird nach Edouard Louis, Lüttich, Belgien, durch drei Faktoren bestimmt, nämlich den Einfluss der Erkrankung auf das tägliche Leben, durch den Verlauf der Erkrankung und Komplikationen sowie durch Kolektomie-Häufigkeit und deren Outcome.

Der IMPACT-Survey der European Federation of Crohn's & Ulcerative Colitis Association (EFCCA) zeigte, dass sich rund 50 % der Patienten in der Zeit zwischen den Flares beeinträchtigt fühlen, 25 % geben sogar an, dass ihr Leben stark beeinträchtigt ist. Im Vergleich mit anderen chronischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Migräne oder rheumatoider Arthritis berichteten Patienten mit Colitis ulcerosa am häufigsten, dass ihr Leben durch ihre Erkrankung bestimmt wurde. 84 % der Patienten mit Colitis ulcerosa waren wegen der Langzeiteffekte besorgt und 82 % empfanden ihr Leben erkrankungsbedingt stressiger.

Louis wies mehrfach auf die große Lücke in der Wahrnehmung hin, wie Patienten und Ärzte einzelne Faktoren empfinden. So gaben 21 % von 775 befragten Patienten an, dass die Symptome ihre Lebensqualität ständig beeinträchtigen, während dies nur 15 % der befragten 475 Ärzte so beurteilten. 26 % der Patienten fanden, dass ihre Symptome weitgehend kontrolliert waren, während 43 % der Ärzte dies so einstuften.

Risiko-Matrix-Modell zur OP-Vorhersage

Mit einem Risiko-Matrix-Modell kann anhand von vier unabhängigen Prognosemarkern – Alter bei Diagnose – Ausmaß der Erkrankung bei Diagnose, Erythrozyten-Sedimentationsrate oder CRP-Wert bei Diagnose und Einsatz systemischer Steroide bei Diagnose eine Vorhersage zur Kolektomie-Wahrscheinlichkeit in den ersten 10 Jahren nach Diagnose getroffen werden. So müssen rund 40 % der Patienten mit einem Alter unter 40 Jahren, mit extensiver Kolitis, mit einem CRP-Wert über 30 mg/l und Steroidgebrauch bei Diagnosestellung innerhalb von 10 Jahren operiert werden. Und die Operation mache den Patienten Angst, was teilweise gerechtfertigt sei, weil vielen Patienten lange an Komplikationen leiden würden, erläuterte Louis: "Die Situation normalisiert sich durch die Operation nicht." Sie ermöglicht keine Heilung der Colitis ulcerosa. Daten aus populationsbasierten Studien und Metaanalysen kontrollierter klinischer Studien deuten darauf hin, dass die Operationsrate mit der Einführung von Biologika in die Therapie gesunken ist. Eine engmaschige Kontrolle von Symptomen und Entzündung dürfte der beste Weg sein, um den Verlauf der Colitis ulcerosa zu bessern.

Kann der natürliche Krankheitsverlauf geändert werden?

Laurent Peyrin-Biroulet, Nancy, Frankreich, versuchte eine Antwort auf die Frage zu geben, ob der natürliche Verlauf der Colitis ulcerosa geändert werden kann. Metaanalysen und Placebo-kontrollierte Studien haben ergeben, dass die Behandlung mit Infliximab die Rate an Kolektomien reduzieren kann und dass bei Therapie mit Infliximab oder Adalimumab weniger Krankenhausaufnahmen erforderlich sind.

Im STRIDE-Programm (Selecting Therapeutic Targets in Inflammatory Bowel Disease), das von der International Organization for the Study of Inflammatory Bowel Diseases (IOIBD) initiiert wurde, formulierten Experten Empfehlungen für eine Treat-to-Target-Strategie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Als Ziel wurde bei Patienten mit Colitis ulcerosa eine Remission klinischer und von Patienten berichteter Symptome (PRO) definiert mit Beseitigung rektaler Blutungen und Normalisierung der Darmfunktion. Eine Endoskopie sollten innerhalb von 3 bis 6 Monaten nach Therapiebeginn durchgeführt, als optimales Target gilt ein endoskopischer Mayo-Subscore von 0, zumindest sollte ein Subscore von 1 erreicht werden. Histopathologische Messungen sind hilfreiche Marker für die Entzündung, aber keine Targets. Biomarker wie CRP-Wert und fäkales Calprotectin (FC) sind ebenfalls keine direkten Targets, aber ergänzend zur Messung der Entzündung und zum Monitoring der Erkrankung geeignet. Der Therapieeffekt sollte alle 3 Monate bis zur Symptombeseitigung und alle 6 bis 12 Monate danach erhoben werden.

In der PURSUIT-M-Studie war das kontinuierliche Ansprechen (CCR) bei Patienten mit Colitis ulcerosa mit dem Erreichen konventioneller Endpunkte einschließlich Mukosaheilung assoziiert. Eine weitere Analyse zeigte, dass PRO wie Stuhlfrequenz oder rektale Blutungen zur Überwachung der CU-Symptome herangezogen werden können und zur Beurteilung der CCR im klinischen Alltag nützlich sind.

Um das Therapieziel zu erreichen, ist ein rascher Step-up-Ansatz wichtig mit engem Monitoring objektiver Entzündungsparameter. Prospektive Studien zur Treat-to-Target-Strategie müssen klären, ob damit der Krankheitsverlauf geändert und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden kann.

Verändert E-Health die Versorgung der Patienten?

Für die optimale Versorgung und Betreuung der Patienten müssen, so Pierre Michetti, Lausanne, neue Lösungen entwickelt werden, die eine stärkere Einbeziehung des Patienten erlauben. Eine Untersuchung in Dänemark zeigte, dass mit Informationsvermittlung und Selbstbehandlung via www.constant-care.dk die Zeit vom Auftreten eines Relapse bis zur Remission signifikant verkürzt wurde im Vergleich zur Standardbetreuung. In der Webgruppe bevorzugten 88 % den neuen Ansatz. Ein Test des Telemedizinsystems myIBDcoach in den Niederlanden ergab, dass das neue Verfahren sicher ist, die Zahl der Arztbesuche und der Krankenhausaufenthalte verringerte und die Adhärenz verbesserte.

Michetti stellte das in der Schweiz verfügbare neue System iBDialog monthly vor, eine mobile App, die in einer Kooperation von Schweizer Gastroenterologen (IBDnet), Patientenorganisationen (SMCCV) und MSD Sharp & Dohme entwickelt wurde. Der Arzt registriert den Patienten und sendet ihm an seine E-Mail-Adresse einen Link, mit dessen Hilfe er die IBDialog-App herunterladen und seine Daten eintragen kann. Der Arzt und sein Team haben Zugang zu den vom Patienten berichteten PRO und zu seiner Medikation. Der Arzt kann dann den Status mit dem Patienten diskutieren. Seit dem Launch der App im März 2017 haben sich 26 Institutionen mit 184 Patienten eingeschrieben (Stand: September 2017).

Aus Sicht von Michetti sind E-Health-Systeme eine einzigartige Gelegenheit, um die Langzeitbetreuung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu verbessern, in dem der Zugang zur Betreuung erleichtert wird und die Interventionen besser an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden können.