Gestörter Kinderschlaf – Welche Therapieoptionen gibt es?

Schlafprobleme sind bei Kindern heutzutage vergleichsweise häufig. Zur Behandlung gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, bei denen die medikamentöse Therapie mithilfe von Melatonin je nach Indikation stets das letzte Mittel sein sollte.

Nicht die sogenannte normale Schlafdauer ist das Therapieziel, sondern die individuell nötige Schlafdauer.

Schlafprobleme sind bei Kindern heutzutage vergleichsweise häufig. Eine Ursache dafür ist der steigende Medienkonsum, beginnend bereits im Kleinkindalter, aber auch schulischer Stress, Probleme im Elternhaus und Ängste fördern Schlafstörungen. Zur Behandlung dieser Kinder gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, bei denen die medikamentöse Therapie mithilfe von Melatonin je nach Indikation stets das letzte Mittel sein sollte.

Der Pädiater ist für Schlafstörungen beim Kind häufig die erste Anlaufstelle. Bei fast jedem vierten betroffenen Kind lässt sich anamnestisch zudem eine familiäre Häufung von Schlafstörungen finden – je schlechter das Kind schläft, desto schlechter schlafen auch die Eltern. 

Familienanamnese und Schlafprotokoll

Doch wie lange sollte ein Kind eigentlich schlafen? Für Erwachsene gilt je nach Literatur eine Schlafdauer zwischen 7 und 8 Stunden als optimal. Kinder schlafen naturgemäß aber oft sehr viel länger – jedoch eben nicht alle. Kleinkinder leiden öfter unter Durchschlafproblemen. Mit steigendem Alter und zunehmender Gehirnreife steigt die Tendenz zum Grübeln an. In der Folge treten vermehrt Einschlafprobleme auf.

Schlaf und Schlafdauer sind dennoch individuelle Parameter, die für jedes Kind ganz neu bestimmt werden müssen. Beim Erstkontakt empfiehlt sich stets eine Familienanamnese, denn: Benötigen die Eltern z. B. regelmäßig weniger als 7 Stunden Schlaf, um ausgeruht und wach zu sein, liegt es nahe, dass auch das Kind mit weniger Schlaf auskommen wird. Ein frühes Aufwachen des betreffenden Kindes muss daher nicht zwangsläufig auf eine Schlafstörung hindeuten.

Um mehr Einblicke in den individuellen Schlaf zu erhalten, haben sich im Praxisalltag Schlafprotokolle bewährt. Mit deren Hilfe erhält der Kinderarzt sehr schnell und mit einfachsten Mitteln einen Überblick über das Schlafverhalten des Kindes und mögliche Schlafstörungen. Wer dabei aber die individuelle Schlafdauer eines Kindes ermitteln möchte, sollte immer über 10 bis 14 Tage lang während der Ferienzeit protokollieren lassen. Ohne Wecker und andere Zwänge erwacht das Kind dann von selbst, nachdem es seinen individuell ausreichend langen Schlaf hatte.

Verhaltenstherapie geht vor Medikation

Kinder mit Schlafstörungen lernen zuerst im Rahmen einer Verhaltenstherapie, Stress abzubauen und durch regelmäßige Schlafzeiten und Schlafroutinen das Einschlafen zu verbessern. Werden solche Lerninhalte für das Kind mit einer positiven Bekräftigung unterstützt, wie beispielsweise einem Gute-Nacht-Kuss der Eltern, so erleichtert dies die Herausbildung einer eigenen Schlafroutine sogar.

Therapieprogramme, wie z. B. Mini-KISS, KISS oder JuST, die eigens für die Verhaltenstherapie von Kindern im Vorschulalter, Schulkindalter bzw. für Jugendliche entwickelt wurden, verlängern in nur sechs Sitzungen die Schlafdauer, reduzieren Einschlafstörungen und mindern darüber hinaus auch mögliche schlafbedingte emotionale Störungen, wie Angst, Depressionen oder Aggressivität. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, die über Verhaltensänderungen allein nicht zu therapieren sind. Welche Behandlungsoptionen bieten sich dann noch in solch schwierigen Fällen?

Melatonin, das Schlafhormon

Die aktuelle Leitlinie zur Behandlung von Schlafstörungen aus dem Vereinigten Königreich führt aus, "dass Melatonin geeignet sein könnte, um Schlafprobleme zu therapieren". So zeigte sich in Studien, dass Melatonin sowohl bei Autismus und ADHS als auch bei neurologischen Entwicklungsstörungen hilfreich sein kann, um Schlafstörungen zu reduzieren. Ein Allheilmittel für kindliche Schlafprobleme ist es aber dennoch nicht.

Melatonin ist in erster Linie ein Hormon und als solches hoch wirksam. Deshalb ist es in seiner retardierten Form in Deutschland auch als Medikament eingestuft und nicht als Nahrungsergänzungsmittel. Wie jedes Medikament hat Melatonin ebenso Nebenwirkungen, wobei am häufigsten Kopfschmerzen und Schläfrigkeit am Tage auftreten. Auch aus diesem Grund ist den nicht-medikamentösen Therapieansätzen –  vor allem bei Kindern – der Vorzug vor Melatonin zu geben.

Sollte es dennoch notwendig werden, den betroffenen Patienten das Hormon Melatonin  zu verabreichen, so erfolgt die Einnahme routinemäßig bis etwa 30 Minuten vor dem Zubettgehen. Eine Schlafinduktion ist bei circa 1–3 mg Melatonin zu beobachten. Die Maximaldosis für Kinder < 40 kg beträgt 3 mg, bei Kindern > 40 kg sind es 5 mg.

Quelle:
"Der gesunde Kinderschlaf", DGKJ, 14.09.2018, Leipzig