Neuer Behandlungsansatz für Hepatitis-E-Virus-Infektionen bei Schwangeren

Wissenschaftler haben die Unterschiede regionaler Hepatitis-E-Typen untersucht, um Behandlungsansätze gegen diese für Schwangere hochgefährliche Variante zu erforschen. Dazu haben sie zunächst ein Zellmodell entwickelt, mit dem sie Wirkstoffe auf ihre Eignung als Hepatitis-E-Medikament testen können.

Unterschiede zwischen Genotyp-1-Viren und Genotyp-3-Viren

Wissenschaftler haben die Unterschiede regionaler Hepatitis-E-Typen untersucht, um Behandlungsansätze gegen diese für Schwangere hochgefährliche Variante zu erforschen. Dazu haben sie zunächst ein Zellmodell entwickelt, mit dem sie Wirkstoffe auf ihre Eignung als Hepatitis-E-Medikament testen können.

Hepatitis-E-Virus-Infektionen gelten unter Medizinern als unterschätzte Krankheit. In unseren Breiten werden vorrangig Menschen mit geschwächter Immunabwehr krank, in Asien und Afrika ist jedoch ein Genotyp verbreitet, der besonders für Schwangere eine ernste Bedrohung ist: Eine von vier Schwangeren stirbt dort in Folge einer HEV-Infektion.

Das Hepatitis-E-Virus vom Genotyp 3 in unserer Region wird vor allem durch rohes Schweinefleisch, der in Asien und Afrika verbreitete Genotyp 1 hingegen vor allem durch Fäkalien übertragen. Das ist besonders in Krisengebieten ein großes Problem: nach dem Erdbeben in Nepal im Jahr 2015, in syrischen Flüchtlingslagern, in Militärcamps – überall dort, wo viele Menschen unter schlechten hygienischen Bedingungen auf engem Raum leben, breitet sich das Hepatitis-E-Virus aus.

"Streng medizinisch gesehen, ist es eigentlich gar kein Hepatitis-Virus", sagt Leonard Knegendorf, "denn es befällt nicht nur die Leber, wie der Name 'Hepatitis' vermuten lässt, sondern auch andere Gewebe." Knegendorf studiert Medizin, forscht als Nachwuchswissenschaftler in der Arbeitsgruppe Virus Transmission am Institut für Experimentelle Virologie des TWINCORE und hat für seine Forschung besonders die Plazenta als Ziel des Hepatitis-E-Virus in den Fokus genommen. "Da wir untersuchen wollten, weshalb ausgerechnet Schwangere so hoch gefährdet sind, haben wir uns auf den entscheidenden Unterschied zwischen den betroffenen Gruppen konzentriert und das ist die Plazenta."

Hepatits-E-Viren in der Plazenta

Die Wissenschaftler haben dazu Leber- und Plazentazellen mit den beiden Hepatitis-E-Genotypen infiziert und beobachtet, dass sich die Viren beider Typen sowohl in Leber- als auch in Plazentazellen vermehren, die Genotyp-3-Viren sogar in beiden Zelltypen gleich gut. "Damit haben wir erstmals virologisch zeigen können, dass Hepatitis-E-Viren in der Plazenta replizieren", sagt Arbeitsgruppenleiter Prof. Eike Steinmann.

Im nächsten Schritt hat Knegendorf antivirale Medikamente an infizierten Plazentazellen getestet: Ribavirin, Sofosbuvir und Interferon. "Diese Wirkstoffe sind jedoch nicht für die Behandlung Schwangerer zugelassen", sagt er. "Wir wollten wissen, ob es einen Unterschied in der Wirkung in Leber- und Plazentazellen gibt." Und den gibt es: Während Ribavirin und Sofosbuvir die Viren in beiden Zelltypen gleich gut zurückdrängen, kann Interferon die europäische Variante, den Genotyp 3, noch bedingt hemmen. Bei der für Schwangere so gefährlichen Genotyp Variante 1 hingegen ist Interferon wirkungslos. "Da Interferon nicht nur ein Medikament, sondern vor allem auch unsere körpereigene, erste Antwort auf Virenangriffe ist, könnte hier der Schlüssel zum Unterschied zwischen den vergleichsweise harmlosen Infektionen mit dem Genotyp 3 und den gefährlichen mit dem Genotyp 1 liegen", sagt Leonard Knegendorf.

"Diese neuen Erkenntnisse helfen uns bei der Suche nach neuen Wirkstoffen gegen Hepatitis-E-Infektionen bei Schwangeren", schließt Eike Steinmann. "Wir werden nun zunächst alle Medikamente, die für Schwangere bereits zugelassen sind, an Hepatitis E infizierten Plazentazellen testen. Finden wir unter den Tausenden Wirkstoffen einen Treffer, der die Vermehrung des Virus unterbindet, ist der Weg zu einem Medikament, das den Schwangeren hilft, nicht mehr weit." Das Projekt wurde vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gefördert.