In Würde sterben - was Paaren beim Abschiednehmen hilft

Befindet ein Mensch sich am Ende seines Lebens, bedeutet das Veränderung. Nicht nur für ihn selbst, sondern auch für die ihm nahestehenden Personen. Am Uniklinikum Heidelberg arbeitet ein Therapeutinnen-Team mit dem Konzept der Würdezentrierten Therapie nach Chochinov und erweitert diese um den Aspekt der Paarbeziehung.

Was ist Würdezentrierter Therapie?

Bei der Würdezentrierten Therapie handelt es sich um eine Kurzzeitintervention mit dem Ziel, die Würde der Patientin oder des Patienten zu stärken und so die Wertschätzung für das eigene Leben zu erhöhen, es als sinnvoll zu empfinden und als bedeutsam anzuerkennen.

Hierzu wird mit Hilfe eines Fragenkatalogs ganz gezielt erhoben, was der sterbende Mensch mit dem Begriff der Würde verbindet, welche Erlebnisse erinnert werden, die das Empfinden der eigenen Würde gestärkt haben und was an die Nachwelt weitergegeben werden soll. Nach dem Interview wird ein Transkript erstellt und geordnet und schließlich ein Generativitätsdokument erstellt und der Patientin oder dem Patienten vorgelesen und eventuell noch einmal korrigiert.

Warum ist Würdezentrierte Therapie für Paare hilfreich?

Im Paarkontext heißt das, auch das Leid der Partnerin oder des Partners über den bevorstehenden Verlust anzuerkennen und diese in die Durchführung der Therapie mit einzubeziehen. Hierzu werden sie zu den im Leben besetzten Rollen befragt und der Fragenkatalog wird auf den Paarkontext hin umgearbeitet. Es geht um gemeinsame Erlebnisse und Momente und ihre Bedeutung für die Partnerschaft.  Außerdem werden Partnerin oder Partner bei der Erstellung des Generativitätsdokuments mit einbezogen. Wichtige Fragen dabei sind, wie lange das Paar bereits zusammen und wie es zusammen gekommen ist. Beide sind aufgefordert, über gemeinsame Zeiten zu sprechen, die sie am besten in Erinnerung haben, wann sie sich miteinander besonders lebendig gefühlt haben und ob es Dinge gibt, die sie sich noch mitteilen wollen. Das gemeinsame Leben wird auf diese Weise noch einmal rekapituliert; auch wenn es sich um noch jüngere Partnerschaften handelt, kann dies von großer Bedeutung sein.

Klinische Erfahrung bestätigt mögliche Prävention von Trauerstörungen

Im Heidelberger Uniklinikum ist Forschung und Lehre durch die Hochschulambulanz miteinander verknüpft. Es bestehen Kooperationen mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Institutionen, wie Hospizen und psychosoziale Beratungsstellen, von denen Patientinnen und Patienten zugewiesen werden. Patientinnen und Patienten, die für sich selbst Bedarf sehen, können sich jedoch auch direkt an das Team wenden. Dabei hängt die Verfügbarkeit von Plätzen von der jeweiligen akuten Situation ab.

Obwohl die Evidenzlage bislang unzureichend ist, hält Dr. Aguilar-Raab aus ihrer klinischen Erfahrung heraus die Würdezentrierte Therapie am Lebensende für Paare für durchaus geeignet, um die Möglichkeiten des Auftretens einer Trauerstörung nach dem erfahrenen Verlust der Partnerin oder des Partners zu verringern. Der betroffenen Person selbst kann die Therapie helfen, mit dem Wissen um das bevorstehende Lebensende umzugehen und die persönlichen Motive des Lebens und Sterbens im Sinne einer biografischen Arbeit noch einmal zu beleuchten.