AOK und Altpeter streiten um Korrekturen der Krankenhausreform

Bei der Finanzierung der Krankenhäuser schieben sich Land und Krankenkasse gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Anlass ist der umstrittene Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums. In der Deb

Bei der Finanzierung der Krankenhäuser schieben sich Land und Krankenkasse gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Anlass ist der umstrittene Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums.

In der Debatte über die Krankenhausreform des Bundes stehen sich Landesregierung und AOK Baden-Württemberg konträr gegenüber. Während Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) auf eine bessere Betriebskostenfinanzierung pocht, erteilte die AOK Versuchen eine Absage, den Griff in die Kassen der Krankenkassen auszuweiten. Die wirtschaftlich angespannte Lage vieler Kliniken sei auf eine nicht ausreichende Investitionskostenfinanzierung durch die Länder zurückzuführen, meinte der Chef der größten gesetzlichen Krankenkasse im Land, Christopher Hermann, am Donnerstag in Stuttgart. “Korrekturen am vorliegenden Gesetzentwurf sind, was die Betriebskostenfinanzierung betrifft, nicht nötig.” Wenn das von den Kassen bereitgestellte Volumen für die Betriebskosten nicht ausreiche, liege das daran, dass Kliniken es zweckentfremdeten.

Die Länder tragen die Investitionskosten, die Krankenkassen finanzieren über die Honorierung der Behandlung ihrer Versicherten die Betriebskosten.

Altpeter kritisierte, der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) führe zu weiterem Personalabbau. Den Kliniken wurde durch den geplanten Wegfall des Versorgungszuschlags rund 60 Millionen Euro jährlich entzogen. Altpeter: “Dies entspricht etwa 1000 Pflegekräften.” Das vorgesehene Pflegestellenförderprogramm des Bundes mit bisher 250 Stellen sei im Vergleich dazu ein “Tropfen auf den heißen Stein”.

Der Bundesverband der Deutschen Privatkliniken teilt die Kritik. Die Reform müsse sich an dem zunehmenden Personalbedarf der Krankenhäuser ausrichten. Es werde immer schwieriger, Pflegestellen zu besetzen. Der Beruf habe bei jungen Menschen wegen der enormen Arbeitsverdichtung ein schlechtes Image. Die geplante Krankenhausreform werden den wirtschaftlichen Druck auf die Krankenhäuser weiter erhöhen.

Im Bundesrat wird an diesem Freitag über die Anträge der Länder zu dem nach Ansicht der Bundesregierung nicht zustimmungspflichtigen Gesetz abgestimmt. Altpeter hatte mehrere Anträge gestellt. Einige davon seien im Gesundheitsausschuss bereits mehrheitlich auf Zustimmung gestoßen.

Einen zusätzlichen Personalabbau befürchtet die Ministerin, weil beim Krankenhausentgelt künftig die “Produktivitätsentwicklung” berücksichtigt werden müsse. Altpeter: “Wo sonst sollen die unterfinanzierten Kliniken Produktivitätsreserven erwirtschaften, wenn nicht bei den Personalkosten, dem größten Posten bei den laufenden Betriebskosten?”

Kritik übte Altpeter auch an den geplanten Selektivverträgen. Diese sollen Krankenkassen mit Krankenhausträgern über die Behandlung in bestimmten Erkrankungsbereichen schließen können. Damit wäre auch die freie Wahl des Krankenhauses für den Patienten betroffen. Laut Altpeter würden damit die Kassen erstmals ein direktes Vetorecht über die Planungs- und Investitionsentscheidung des Landes erhalten. Es müsse zumindest sichergestellt werden, dass damit die staatliche Krankenhausplanung nicht unterlaufen werden könne.

Altpeter: “Unsere Investitionsförderung für die Krankenhäuser würde ins Leere laufen, wenn die Kassen den von uns geförderten Krankenhäusern anschließend einen Teil ihres bisherigen Versorgungsauftrags entziehen könnten.” Die Länder müssten deshalb bei Selektivverträgen mitbestimmen können. AOK-Chef Hermann will vor allem bei den Krankenhausstrukturen ansetzen. Sie müssten zukunftsfähig gestaltet werden, damit mehr Qualität in das System komme.

Dieses Jahr erhalten laut Hermann die Krankenhäuser im Land mehr als 8 Milliarden Euro von den Krankenkassen – mit über 3,6 Milliarden Euro übernimmt die AOK Baden-Württemberg den größten Anteil. Im Jahr 2013 stellten 272 Krankenhäuser über 56 700 Betten bereit. Fast jedes zweite Haus schreibt rote Zahlen.

Text und Foto: dpa /fw