Augenheilkunde: Neues zur Seltenen Erkrankung Lebersche hereditäre Optikusneuropathie

Die genetisch bedingte Mitochondriopathie LHON wird zu den Seltenen Erkrankungen gezählt und galt bis vor einiger Zeit als unheilbar. Auf dem Kongress "Ophthalmo Update 2017" in Düsseldorf und Hannover wurde der aktuelle Forschungsstand der Augenheilkunde diskutiert.

Über Prävalenz und Therapieoptionen der LHON

Die genetisch bedingte Mitochondriopathie LHON wird zu den Seltenen Erkrankungen gezählt und galt bis vor einiger Zeit als unheilbar. Auf dem Kongress "Ophthalmo Update 2017" in Düsseldorf und Hannover wurde der aktuelle Forschungsstand der Augenheilkunde diskutiert.

Bei der LHON führt auf Zellebene eine Missense-Mutation im mitochondrialen Genom zu einer Dysfunktion des Komplex I der mitochondrialen Atmungskette. Die Insuffizienz der mitochondrialen ATP-Synthese resultiert in einem Energiemangel der retinalen Ganglienzellen. Intrazellulär nimmt die Konzentration an freien Sauerstoffradikalen zu. Durch den Untergang der retinalen Ganglienzellschicht resultiert die LHON unbehandelt bereits in jungen Jahren (15-35) in einen massiven Verlust der Sehkraft. Im Endstadium kann sie zur Erblindung führen.

Ein Lichtblick ist hier das seit 2015 in Europa erhältliche Idebenon. Der Wirkstoff wird in den Guidelines der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) als eine von der EMA zugelassene medikamentöse Behandlungsoption aufgeführt. Idebenon wirkt dual als Antioxidans und als Elektronen-Shuttle und beeinflusst die Funktionalität der mitochondrialen Atmungskette. Es wirkt durch die Umgehung des defekten Komplex I der Atmungskette und die Wiederherstellung der Energieversorgung der retinalen Ganglienzellen.

Krankheitsphasen und Zeitfenster zur Behandlung

Der Krankheitsverlauf der LHON gliedert sich in 3 Phasen. In der präsymptomatischen Phase ist der Patient klinisch unauffällig. In der anschließenden akuten Phase sind funduskopisch eine Schwellung des Sehnervenkopfes, Teleangiektasien und eine temporal betonte, beginnende Nervenfaseratrophie detektierbar. Idebenon kann in diesem Krankheitsstadium eine fast komplette Wiederherstellung der retinalen Ganglienzellfunktion induzieren. Die Idebenon-Therapie sollte daher in diesem ,"window of opportunity" erfolgen. Unbehandelt geht die akute Phase in die chronische Phase über, die sich durch einen irreversiblen Untergang der retinalen Ganglienzellschicht auszeichnet.

Studienergebnisse und "Real-life"-Daten geben den Patienten und ihren Angehörigen Hoffnung: Die teilweise regenerierte Ganglienzellfunktion spiegelt sich in einer Stabilisierung der bisher progredient abnehmenden Sehschärfe wider. Eine frühe Diagnosestellung spielt daher seit 2015 eine entscheidende Rolle in der Therapie der LHON. Eine Früherkennung verbessert die Chancen des Patienten auf eine Visusrehabilitation. Neben der neuen medikamentösen Therapie ist die Minimierung der Risikofaktoren von besonderer Bedeutung: Bestimmte Medikamente wie Metformin, Statin, Valproinsäure und Paracetamol wirken toxisch auf Mitochondrien. Nikotinabusus und den Kontakt mit Umweltgiften sollten die LHON-Patienten vermeiden.

Verbesserung des Farbsehens und der Kontrasterkennung

LHON-Patienten zeigen als Frühsymptom eine Farbsinnstörung. Die LHON-Patienten, die an der RHODOS-Studie teilnahmen zeigten eine gestörte Farbkontrastempfindlichkeit auf der Protan- und der Tritanachse. Die Farbverwechslungshäufigkeit lag bei über 90%. Eine gestörte Rot-Grün-Wahrnehmung ist ein Hinweis auf ein rasches Voranschreiten dieser Anomalie. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe zeigte die Idebenon-Gruppe eine signifikante Verbesserung der Tritan-Farbkontrasterkennung. Die Sehschärfe der LHON-Patienten der Idebenon-Gruppe zeigte eine signifikante Verbesserung im Vergleich zur Placebo-Gruppe. In der Placebo-Gruppe kam es zu einer Abnahme der Sehkraft. Idebenon gibt jungen LHON-Patienten Hoffnung.

Referenz:
1. Wilhelm, Prof. Dr. med. Helmut, Symposium "Neuroophthalmologie", Ophthalmo Update 2017, Hannover, 24.11.2017.
2. Expertenmeeting am 8. April 2016, Moderator: Univ.-Doz. Dr. Philip Eisenburger.
3. Journal of Medical Drug Reviews: V. Bartsch, A.Müller-York, mit Kommentar von Prof. Dr. med. W. A. Lagrèze.