Ausgebildete Zeitspender hören Patienten in Kliniken zu

Sie spenden kein Geld, sondern ihre Zeit. Rund 30 Freiwillige helfen als sogenannte Zeitspender Krankenhauspatienten in Halle. Ihre Aufgabe klingt einfach, doch erfordert eine mehrmonatige Ausbildung.

Über die wichtige Arbeit ehrenamtlicher Besuchsdienste

Sie spenden kein Geld, sondern ihre Zeit. Rund 30 Freiwillige helfen als sogenannte Zeitspender Krankenhauspatienten in Halle. Ihre Aufgabe klingt einfach, doch erfordert eine mehrmonatige Ausbildung.

"Guten Tag, die Damen, wie geht es Ihnen heute?", begrüßt René Köhler die zwei älteren Frauen. Der Mann spendet seit zwei Jahren regelmäßig anderen Menschen seine Zeit. Einmal pro Woche kommt er auf die Herzstation des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara in Halle, spricht dort mit Patienten oder hört ihnen still zu. An diesem Tag übt er in einem Rollenspiel mit zwei anderen ehrenamtlichen Zeitspenderinnen den Ablauf eines Gesprächs. Wie er verbringen derzeit etwa 30 Freiwillige ihre Stunden an den Krankenbetten des Klinikums. Zuvor durchlaufen sie einen besonderen, mehrmonatigen Ausbildungskurs.

"Ich bin ein sorgenfreier Mensch", erklärt er seine Motivation für die anspruchsvolle Arbeit. "Vielleicht kann ich anderen ein wenig durch das Zuhören helfen." Auch die beiden Damen, die kurz in die Patientenrollen geschlüpft sind, wollen etwas Gutes tun. Den Kranken das Gefühl geben nicht allein zu sein, ihnen Leid abzunehmen.

Rund 15 Interessierte können sich pro Kurs ausbilden lassen. "Wir reflektieren an acht Wochenenden mit ihnen eigene Erfahrungen, machen Rollenspiele oder üben den Umgang mit Trauer, Wut sowie Ängsten", erklärt Anne Beck. Die Krankenhausseelsorgerin leitet seit vielen Jahren diese besondere Ausbildung. Der nächste Kurs beginnt im Oktober. Das Konzept mit intensiver Arbeit am eigenen Ich sei selten. Die Freiwilligen würden viel von sich preisgeben. Spezielle Vorerfahrung bräuchten sie nicht, nur Empathie, Hoffnung - und Zeit.

Organisierte Besuchsdienste mit Tradition

Die Zeitspender unterscheiden sich dabei von anderen Besuchsdiensten, wie etwa den Angeboten der sogenannten "Grüne Damen und Herren", erklärt Beck weiter. Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Berlin gibt es in fast allen deutschen Kliniken Besuchsdienste. Im Unterschied zu den Zeitspendern durchlaufen die "Grünen Damen und Herren" jedoch keine mehrmonatige Ausbildung und kümmern sich neben dem Zuhören auch um Dienste, wie etwa Vorlesestunden oder kleine Botengänge. Seit den 1960er Jahren gibt es sie schon. Beide Besuchsdienste leisteten einen wichtigen Beitrag zur Genesung der Patienten, hieß es.

Ivonne Lockner ist erst seit wenigen Monaten als Zeitspenderin dabei. Die 29-Jährige erlebte hautnah, wie ihr Vater mehrere Mal ins Krankenhaus musste. Die Erfahrungen prägten sie. Sie beschloss, selbst zu helfen und setzte sich nach der Zeitspender-Ausbildung an die Betten der Lungenpatienten des Elisabeth-Krankenhauses. "Manche kriegen kaum Luft", erklärt sie. "Sie wollen mehr reden, als es ihr körperlicher Zustand zulässt." Andere seien einfach nur froh um die Abwechslung. "Du musst manchmal auf dich acht geben und schauen, dass du mit den Problemen und Sorgen nicht überfahren wirst." Belasten die Situationen zu sehr, helfen professionelle Seelsorger weiter.

Auch Arnd Schmidt ist seit vielen Jahren ein Zeitspender. Nach dem Tod seiner Mutter merkte er, wie wichtig es ist, für Kranke da zu sein. Viele von ihnen seien einsam, weil ihre Verwandten zu weit weg wohnten. In dem Kurs lernte er, mit den Gefühlen der Kranken umzugehen, ihre Bedürfnisse aber auch zu respektieren. So sei es etwa nicht üblich, sich auf das Krankenbett zu setzen, da es die einzige Privatsphäre sei, die die Patienten hätten. Die Gespräche dauerten mal nur zehn Minuten, mal eine ganze Stunde.

Auch Kinder profitierten von der Arbeit der Zeitspender. Barbara Hogrefe albert mit ihnen herum, spielt Karten mit den kleinen Patienten oder dreht mit den Kindern - manche von ihnen sitzen im Rollstuhl - draußen im Freien kleine Runden. Auch für die Eltern sei das eine Entlastung, betont die ehemalige Krankenschwester. Die Arbeit sei sehr erfüllend.