Bei Kopfverletzungen: Bluttest statt Hirnscan

Schädel-Hirn-Traumata nach Kopfverletzungen können schwerwiegende Folgen haben. Die Diagnose erfolgt meist über eine Computertomografie-Untersuchung. Mit einem neuen Bluttest lässt sich jetzt schon vorher ausschließen, dass eine schwere Verletzung vorliegt.

Neuer Test könnte zukünftig unnötige Untersuchungen vermeiden

Schädel-Hirn-Traumata nach Kopfverletzungen können schwerwiegende Folgen haben. Die Diagnose erfolgt meist über eine Computertomografie-Untersuchung. Mit einem neuen Bluttest lässt sich jetzt schon vorher ausschließen, dass eine schwere Verletzung vorliegt. In „Lancet Neurology“ schildert ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung der Technischen Universität München (TUM) ihre Ergebnisse.

Unfälle, bei denen der Kopf in Mitleidenschaft gezogen wird, haben oft ein Schädel-Hirn-Trauma zur Folge. Diese Verletzungen können relativ harmlos sein – etwa im Fall von Gehirnerschütterungen. In anderen Fällen, beispielsweise wenn größere Mengen Blut auf das Gehirn drücken, können sie aber auch lebensbedrohlich sein und eine schnelle Operation erfordern. Ärztinnen und Ärzte müssen nach einem Unfall oft entscheiden, ob eine genauere Untersuchung mit einem Computer-Tomografen (CT) angebracht ist.

Ein neuer Bluttest könnte sie in Zukunft bei dieser Entscheidung unterstützen. Entwickelt und getestet wurde die Methode von einem internationalen Team, an dem auch Prof. Peter Biberthaler, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum rechts der Isar der TUM, als Erstautor der Studie maßgeblich beteiligt war. "Bei dem Verfahren wird das Blut auf zwei Biomarker untersucht, die Proteine UCH-L1 und GFAP", erläutert Peter Biberthaler. "Je nachdem, in welcher Menge sie im Blut auftraten, konnten wir vorhersagen, ob eine Blutung im Gehirn vorlag." Die Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München war durch Dr. Viktoria Bogner-Flatz ebenfalls an der Studie und Publikation beteiligt. 

Erfolgreich in 99,6 Prozent der untersuchten Fälle

Die Standardmethode, um festzustellen, ob eine CT-Untersuchung nötig ist, ist eine Reihe von Tests, die einen Wert auf der sogenannten Glasgow-Skala liefern. Getestet wird beispielsweise, ob Unfallopfer die Augen selbständig öffnen oder sich problemlos artikulieren können. Der bestmögliche Wert für Erwachsene ist 15. Die klinischen Leitlinien in mehreren Ländern schreiben vor, alle Patientinnen und Patienten mittels CT zu untersuchen, bei denen ein Wert unter 15 ermittelt wird. 

Für die aktuelle Studie wurde das Blutserum von mehr als 1.900 Patientinnen und Patienten in Notaufnahmen in den USA und Europa untersucht. Der überwiegende Teil der Patienten hatte laut der Glasgow-Skala keine oder nur leichte Beeinträchtigungen. Bei allen Personen wurde der Bluttest durchgeführt und routinemäßig eine CT-Untersuchung gemacht.

Bei allen 671 Teilnehmern der Studie, bei denen das Testergebnis negativ war, bestätigte sich das Ergebnis auch in der CT-Untersuchung: Es waren keine Verletzungen nachweisbar. Die Ergebnisse zeigten, dass der Test bei 99,6 Prozent dieser Patienten eine verlässliche Vorhersage treffen konnte. Zudem hatten alle Patienten, die im CT eine schwerere Verletzung zeigten, auch im Test positive Werte. Die beteiligten Ärzte vermuten außerdem, dass der Test auch für den Nachweis von kleinen Verletzungen sehr sensitiv ist und schon geringste Blutungen nachweisen kann, die im CT noch gar nicht sichtbar sind. Das würde aus Sicht der Autoren erklären, warum etwa zwei Drittel der Personen im Bluttest positiv war ohne sichtbare Ergebnisse aus dem CT.

Blick in die Zukunft

CT-Untersuchungen sind nicht nur mit hohen Kosten verbunden, sie bedeuten auch immer eine Belastung mit Röntgenstrahlung. "Beides ist selbstverständlich besser, als Risiken einzugehen", sagt Peter Biberthaler. "Wenn sich eine unnötige Untersuchung vermeiden lässt, profitieren jedoch alle. Bei vielen Menschen mit leichten Schädel-Hirn-Traumata und Glasgow-Werten knapp unter 15 sind im CT keine Blutungen festzustellen." Dr. Jeffrey Bazarian von der Universität Rochester ist gemeinsam mit Prof. Biberthaler Erstautor des Artikels in "Lancet Neurology". Er sieht deutliches Einsparpotenzial, falls die Methode Einzug in den Klinikalltag finden sollte: "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich die Zahl der CT-Scans bei Verdacht auf Schädel-Hirn-Traumata um etwa ein Drittel reduzieren ließe."

Quelle: Technische Universität München