Eltern jugendlicher Komasäufer zur Kasse bitten

Die Zahl junger Komasäufer ist zuletzt wieder gestiegen. Vor allem am Vatertag landen viele wegen Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus. Der Landkreis Wittmund will nun den Eltern die Rechnung präsentieren. Macht der Vorstoß Schule?

Landkreis will Signal an Eltern senden

Die Zahl junger Komasäufer ist zuletzt wieder gestiegen. Vor allem am Vatertag landen viele wegen Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus. Der Landkreis Wittmund will nun den Eltern die Rechnung präsentieren. Macht der Vorstoß Schule?

Am Vatertag werden in Niedersachsen und Bremen wieder Heerscharen durstiger Jugendlicher unterwegs sein, manch einer wird wegen Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus landen. "Wir stellen dann regelmäßig einen Spitzenwert bei den Rettungsfahrten fest", sagte Dennis Waldeck von der Krankenkasse AOK Niedersachsen. Der Landkreis Wittmund in Ostfriesland will Eltern von jungen Komasäufern nun für solche Einsätze "in besonders eklatanten Fällen" die Rechnung zuschicken, wie Sprecher Ralf Klöker sagte. Die Aktion solle ein "Signal vor allem an die Eltern" sein.

Zur Zahlung verpflichtet sind sie tatsächlich nicht. "Die Eltern können die Rechnungen dann an die Krankenkasse weiterleiten", sagte Waldeck. Denn die gesetzlichen Krankenkassen seien zur Zahlung verpflichtet.

Konsequenz aus dem Vorjahr

Mit seiner Ankündigung zieht der Landkreis Wittmund die Konsequenz aus den letzten 1.-Mai-Feiern. Die Zahl der Rettungseinsätze wegen übermäßigen Alkoholkonsums von Minderjährigen sei im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, sagte Klöker. Rechnungen von bis zu 1100 Euro könnten den Erziehungsberichtigen nun ins Haus flattern. Ein gleiches Vorgehen kündigte er für Vatertag an, an dem wieder viele Einsätze erwartet werden. Der Landkreis hofft so, Eltern für das Thema zu sensibilisieren und Alkoholexzesse von Minderjährigen verhindern zu können.

Dem Landkreis Rotenburg geht es ebenfalls um den erzieherischen Effekt. Bei einer Mai-Tour am Bullensee bei Rotenburg seien in der Vergangenheit schon die Rechnungen für die Versorgungsleistungen direkt an die Betroffenen oder bei Minderjährigen an die Eltern gegangen. "Diese Aktion war vorher angekündigt worden", sagte eine Sprecherin des Landkreises. Nach AOK-Angaben wurden im Landkreis Rotenburg auch schon Kosten für Rettungseinsätze nicht bei den Krankenkassen abgerechnet, sondern privat zugestellt.

Andere Landkreise planen nicht, dem Vorstoß aus Wittmund zu folgen. "Das ist bei uns kein Thema", sagte der Abteilungsleiter für den Bereich Rettungsdienst beim Landkreis Verden, Ronald Möller. Auch in den Landkreisen Goslar, Cuxhaven und Emsland sind solche Aktionen nicht geplant. "Diesen Weg werden wir nicht gehen", betonte ein Sprecher des Landkreises Goslar.

Die Zahl der jugendlichen Komasäufer in Niedersachsen war zuletzt wieder gestiegen. Im Jahr 2016 landeten 2114 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 20 Jahren mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Das waren laut Statistischem Bundesamt zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Daniel Schulte, Fachbereichsleiter Rettungsdienst beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) bezweifelt allerdings, dass Jugendliche heute so viel mehr trinken als früher. Es werde nur schneller der Rettungsdienst gerufen. "Und mit dem Anruf wird der Fall aktenkundig", sagte Schulte.