Ermöglicht die Liquid Biopsy eine frühzeitige Therapiekontrolle beim Lungenkarzinom?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Ihnen die Liquid Biopsy schon geläufig? Das Verfahren ist noch relativ neu, sorgt aber unter Onkologen und klinischen Pathologen gerade etwas für Furore (Liquid biopsy: One of the next big things in dealing with cancer?).

Ermöglicht die Liquid Biopsy eine frühzeitige Therapiekontrolle beim Lungenkarzinom?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ist Ihnen die Liquid Biopsy schon geläufig? Das Verfahren ist noch relativ neu, sorgt aber unter Onkologen und klinischen Pathologen gerade etwas für Furore (Liquid biopsy: One of the next big things in dealing with cancer?). Es wird im Rahmen der Tumordiagnostik, der Therapieentscheidung und der Therapiekontrolle bei Krebspatienten als nützliches Instrument gehandelt.

Blut- statt Gewebeentnahme

Für die Flüssigbiopsie werden nur ein paar Milliliter Blut benötigt. Aus der Blutprobe wird anschließend die DNA isoliert und molekulargenetisch analysiert. Das ist im Unterschied zur Entnahme einer Gewebeprobe immer möglich, für die Behandler unaufwändiger und für den Patienten angenehmer und ungefährlicher. Wiederholte Testungen in kürzeren Zeitabständen sind auch kein Problem.

ctDNA und CTC: Krebsspuren im Blut

Dabei wird nach zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) gefahndet, die aus absterbenden Krebszellen stammt. Oder auch nach intakten, zirkulierenden Tumorzellen (CTC).

Beide Marker haben, wie sollte es anders sein, ihre Vor- und Nachteile. Beide Methoden sind auch noch nicht Teil des Routinebetriebs. Je nach Ausmaß der Erkrankung macht die messbare ctDNA weniger als 1% bis über 10% der gesamten zellfreien DNA (cfDNA) im Blut aus. Die DNA-Fragmente gelangen in Folge von Apoptose- und Nekroseprozessen in die Blutbahn und stammen überwiegend aus gesunden Körperzellen.

Einsatz in Therapieplanung und Therapiekontrolle 

Nun zu einem zweiten Einsatzgebiet der neuartigen Biopsie:

Mit dem nachhaltigen Erfolg der Lungenkrebs-Therapie mit Tyrosinasekinase-Inhibitoren (TKI) gibt es bekanntermaßen Probleme. Denn die Tumoren können über kurz oder lang resistent gegen die pharmakologische Behandlung werden, indem sie mutierte Subklone herausbilden. Zu den bisher vier bekannten Genen, die im Zusammenhang mit dem Lungenkarzinom eine Rolle spielen, zählen EGFR (epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor, eine Tyrosinkinase) und KRAS (Kirsten Rat Sarcoma).

Lässt sich die Entwicklung eines Lungenkarzinoms über die quantitative Erfassung von DNA-Mutationen im Blut verfolgen? Lassen sich damit frühzeitige Hinweise auf die Therapieantwort einerseits und die Tumorprogression andererseits gewinnen?

Arbeit von Heidelberger Wissenschaftlern bestätigt die Brauchbarkeit der Flüssigbiopsie

Ja – das ist das Ergebnis einer kürzlich publizierten Arbeit1 von Forschern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Zusammenarbeit mit der Thoraxklinik Heidelberg. Dafür wurden über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren regelmäßig Blutproben von 16 Patienten mit fortgeschrittenem Adenokarzinom der Lunge (Grad 3 oder 4) eingesammelt.

Alle Patienten wiesen in ihren Krebsgenomen bestimmte Mutationen auf und wurden mit einem Tyrosinkinase-Hemmer behandelt. Mittels PCR-Technologie quantifizierten  die Wissenschaftler jeweils die EGFR- und KRAS-Mutationen in der cfDNA aus den Blutproben.

Nun ist die untersuchte Studienpopulation ja recht überschaubar. Die Autoren können sich bei ihren Befunden aber auf Übereinstimmungen mit den Ergebnissen anderer Studien berufen. Und diese Befunde sind in der Tat vielversprechend. Sie zeigen, dass die molekularen Informationen aus der Liquid Biopsy mit dem klinischen Verlauf korrelieren.

Die Heidelberger Forscher machten drei spannende Beobachtungen:

Alles in allem lassen sich durch wiederholte Mutationsanalysen schnellere Rückschlüsse auf Krankheitskontrolle und Tumorprogression ziehen als mit jeder anderen derzeit verfügbaren Methode. Damit besteht die Chance, noch vor dem Auftreten klinischer Symptome ein erneutes Krebswachstum festzustellen und das Therapieregime entsprechend zu ändern.

Hoffentlich bald im Routinebetrieb  

Im Routinebetrieb befindet sich die Liquid Biopsy aber, wie erwähnt, noch nicht. Dazu sind – abgesehen von den Anschaffungskosten für die entsprechenden Gerätschaften – noch zu viele Fragen offen. Die betreffen u.a. die erforderlichen präanalytischen Standards, etwa die Probenaufbereitung. Desweiteren sind die genauen Mechanismen und die räumlichen und zeitlichen Muster unklar, auf denen die Freisetzung der Tumor-DNA in den Blutstrom basiert.

Es ist zu hoffen, dass kontrollierte Studien mit größeren Patientenzahlen demnächst die Etablierung der Liquid Biopsy im praktischen Alltag vorantreiben. Die onkologische Versorgung wird dadurch mit einiger Sicherheit stark profitieren, nicht nur im pneumologischen Bereich.

Referenz:

  1. Riediger AL et al. Mutation analysis of circulating plasma DNA to determine response to EGFR tyrosine kinase inhibitor therapy of lung adenocarcinoma patients. Sci Rep 2016;6:33505. doi:10.1038/srep33505.