Essstörungen: Zu wenige Therapien für Betroffene angeboten

Essstörungen werden oft gar nicht oder nicht genügend behandelt. Über neue Möglichkeiten beraten Experten beim diesjährigen "XXIIIrd Annual Meeting of the Eating Disorders Research Society" Kongress in Leipzig.

Weiterbildungen für Therapeuten erforderlich

Essstörungen werden oft gar nicht oder nicht genügend behandelt. Über neue Möglichkeiten beraten Experten beim diesjährigen "XXIIIrd Annual Meeting of the Eating Disorders Research Society" Kongress in Leipzig.

Patienten mit Essstörungen erhalten nach Expertenmeinung zu wenig therapeutische Hilfe. Bei der Binge-Eating-Störung etwa, den sogenannten Essanfällen, bestehe noch ein erhebliches Defizit in Deutschland, sagte Prof. Anja Hilbert vom Adipositas-Forschungszentrum der Universität Leipzig anlässlich des internationalen Kongresses, der am Donnerstag beginnt. Nur etwa 40 Prozent der betroffenen Erwachsenen bekämen eine ausreichenden Therapie. "Patienten mit der Binge-Eating-Störung essen meist heimlich immense Mengen und nehmen dadurch stark zu", sagte die Expertin.

"Dabei ist die Kapazität zur Behandlung durchaus vorhanden", sagte Hilbert. Es gebe eine Vielzahl gut ausgebildeter Therapeuten. Sie hätten jedoch zum Teil zu wenig Informationen über diese Krankheit. Aufgabe der Wissenschaft sei es daher, neue Erkenntnisse schnell an die Praxis weiterzugeben, etwa mit Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen. Auch das Internet biete nunmehr therapeutische Maßnahmen an. So gebe es Programme, die wissenschaftlich fundiert den Patienten online individuell Hilfe leisten könnten.

Äußere Einflüsse oder genetische Faktoren als Ursache?

Die Ursachen für Binge Eating sind ihren Angaben zufolge vielfältig. So gebe es psychische Gründe, bei Kindern etwa Probleme im Elterhaus. Aber auch zu hohe Leistungsansprüche könnten Auslöser sein. Neuere Studien hätten ergeben, das auch genetische Faktoren eine Rolle spielten.

Die Binge-Eating-Störung findet erst seit wenigen Jahren eine stärkere Beachtung, wie die Expertin sagt. Etwa drei bis fünf Prozent der Menschen in Deutschland seien betroffen. "Sie leiden erheblich unter der Störung, fühlen sich oft schuldig, hässlich und ziehen sich mehr und mehr aus dem Sozialleben zurück", so Hilbert. Die Erkennung und Behandlung sei auch deshalb enorm wichtig, weil die Störung häufig der Grund für Adipositas sei.

Der Kongress der Eating Disorders Research Society ist den Angaben zufolge das weltweit größte Forum für Wissenschaftler, die sich mit Essstörungen befassen. Dazu zählen Magersucht, Ess-Brech-Sucht und Fettleibigkeit. Vom 14. bis 16. September tauschen 200 Experten aus der ganzen Welt aktuelle Forschungsergebnisse aus. Der Kongress findet seit 17 Jahren erstmals wieder in Deutschland statt.